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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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passieren. O Gott, Heinrich hatte recht. Ihre Wortmeldungen hatten sich auf »Nö«, »Dat warn Ding« und »Mensch, ich bin erschossen!« beschränkt.
    Den Charme hatte man ihr bloß ins Gesicht geschnitten.
    »Und du«, fragte Christian nach einer Weile des Grübelns, »hast du schon mit jemandem gesprochen?«
    »Du meinst, ob ich schon im Speisesaal war? Ja, zweimal. Gott, ich hoffe, keiner von den beiden ist interessiert. Der eine sucht eine Art Professor Higgins für seine Eliza, die er sich beim Versandhaus bestellt hat und die ihn jetzt laufend vor seinen Freunden blamiert. Der andere ist alt und fett und groß im Altfett-Geschäft, kein Wortspiel beabsichtigt, er besitzt eine Speisefettverwertungsanlage zur Biodieselerzeugung. Keine Ahnung, was er eigentlich von mir will. Ich weiß, ich werde keinen wie Günter mehr finden, aber ein bisschen Niveau werde ich mir doch wünschen dürfen, oder? Für das eine oder andere Gespräch auf Augenhöhe … Vielleicht hin und wieder eine gemeinsame Reise oder kulturelle Unternehmungen. Ich sehe mich als einen Partner, keinen Domestiken, verstehst du?«
    Ihr Gespräch wurde vom Signalton einer der Uhren unterbrochen. Beide Männer hoben ihre Handgelenke – diesmal war es Christian. Die Zahl 31 leuchtete auf seinem Display.
    »Shit!«, entfuhr es ihm.
    »Viel Glück, Kamerad!«, sagte Heinrich.
    Christian machte sich mit knirschenden Zähnen auf den Weg in den Speisesaal. An etwa fünfzig Tischen hatten es sich die Gäste dieses Events gemütlich gemacht und surften mit der einen Hand in den Tablets, während sie mit der anderen in der Nachspeise stocherten. Nach dem Zeppelinzwischenfall hatten die Veranstalter umdisponiert und sofort das Dinner und Wein servieren lassen, anstatt den sorgsam choreografierten Aufmarsch der Helden fortzusetzen. Auf diese Weise wurden die Gäste abgelenkt und kulinarisch besänftigt, während die Opfer des Luftschiff-Malheurs beruhigt und neu gestylt werden konnten. Nun, mit gefülltem Magen und nach zwei, drei Gläsern Riesling, war die schwelende Empörung im Publikum erloschen. Sie war satter Zufriedenheit und Neugier auf die neuen Helden gewichen, unter denen sich außergewöhnlich attraktive Exemplare befanden. Und wenn man glaubte, eines sei einem weggeschnappt worden, entdeckte man ein anderes, das einem noch besser gefiel. Auch diejenigen, die mit konkreten Wünschen gekommen waren, also zum Beispiel eine tüchtige Haushaltsmanagerin oder einen Sekretär zu finden, ließen sich von der Schönheit der neuen jungen Helden ablenken. Manch einem ging es so wie dem Familienvater, der einen Kombi kaufen wollte und mit einem Cabrio nachhause kam.
    Christian sah sich nach Tisch 31 um. Am Rande des Saals wurde er fündig. Allerdings musste seine Bestellung ein Irrtum sein, denn an dem Tisch saß nur ein junges Mädchen, höchstens siebzehn Jahre alt, und schlürfte eine Cola Light. Christian blieb vor ihr stehen.
    »Entschuldige, ich hab die 31 auf meiner Uhr stehen, haben mich vielleicht deine Eltern hergepiept?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. Sie war hübsch, auf eine normale, nicht digital optimierte Weise. Strohblonde Haare, an den Seiten geflochten und nach hinten gesteckt, ein weißes Kleid und darüber eine petrolfarbene Strickweste. Als Zugeständnisse an ihre Altersgruppe: ein Nasenstecker, eine Kette mit einem silbernen Anker und weiße Converse.
    »Ich wollte dich kennenlernen!«, sagte das Mädchen und schenkte ihm einen langen Blick unter dichten blonden Wimpern hervor.
    Christian blockte sofort ab: »Du bist keine achtzehn, das läuft so nicht.« Er wollte umdrehen und gehen.
    »Ach komm«, rief sie, »du sitzt doch nur rum und gaffst diese Mutantinnen an!«
    »Wovon sprichst du eigentlich?«
    »Na, diese Klongesichter. Wie kann man da so drauf abfahren? An mir ist alles echt.« Wieder starrte sie ihn an. Das war kein Flirten, das war eine Kraftprobe.
    Christian kam bis auf eine Armlänge an sie heran und sagte mit gedrosselter Lautstärke: »Die haben sich das nicht ausgesucht, kapierst du? Wenn du nicht in einer Münchner Villa daheim wärst, sondern im Sozialbau mit null Perspektiven, würdest du vielleicht auch unterm Messer landen.«
    »Erstens: Ich bin nicht aus München. Und an mir muss man nichts ändern. Die Typen stehen mit dem Sportwagen vor meiner Schule und wollen mich zum Essen einladen …«
    »Dann brauchst du mich ja nicht …«, erwiderte Christian.
    »Du hast ja gar keine Ahnung, wofür ich dich

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