Kauft Leute
Egal wie viele es sind, der Gegenwert wird immer überwiegen.«
Danesita gab nun mit ungewohnter Weinerlichkeit in der Stimme zurück: »Versteh doch, Stefan, sie tauchen mit ihrer Karte auf und nehmen anderen Kunden etwas weg. Auktionen müssen abgebrochen werden, Reservierungen werden storniert. Sind sie das wirklich wert? Es bringt mich in so unangenehme Situationen!«
Caro erinnerte sich an die schwarze Scheckkarte, die sie bei dem Journalisten gesehen hatte, mit dem sich Stefan Helby in ihrem Büro getroffen hatte. Helby war es auch, der hinter dieser Tür mit Caros Boss sprach.
Er antwortete Danesita leise, doch sie verstand jedes Wort. »Die einzige wirklich unangenehme Situation, in die wir geraten sind, hast du zu verschulden. Und solange du den kranken Mistsack und Boris nicht aufgespürt hast und wir die
Abteiltür
endgültig schließen können, lassen mich deine kleingeistigen Beschwerden dermaßen kalt …«
»Von welcher Abteiltür sprichst du?«, gab Danesita zurück, dann schien er aber zu verstehen und schickte ein gemurmeltes »Ach so, natürlich …« nach.
»Was ist mit dem Alten?«, fragte Helby.
»Nichts«, erwiderte Danesita, »er sauert vor sich hin. Das ist in Ordnung.«
Caro hörte das Empfangsmädchen von der Toilette zurückkehren und ließ sich wieder in den Stuhl fallen. Zehn Minuten später saß sie bei Danesita im Büro. Caro stöhnte: »Ich kann mich nicht um so etwas kümmern, dieser Mann ist offensichtlich des Wahnsinns.«
Danesita nahm den Ausdruck der E-Mail und begann zu lesen. Als nach einer Minute immer noch kein Zeichen des Wiedererkennens in seinem Gesicht auftauchte, begriff Caro, dass er den Brief überhaupt nicht gelesen hatte.
»Wie auch immer, Caro«, sagte Danesita, nachdem er genug gesehen hatte, »dieses Schreiben geht uns überhaupt nichts an. Rufen Sie doch in München an und machen den Leuten Beine, die dort haben den Vertrag abgeschlossen!«
»Aha, gut«, sagte Caro, »an wen wende ich mich da?«
Danesita sprang auf und begann, seiner Kreativität durch einen Bürospaziergang Ausdruck zu verleihen. »Wen rufen wir da an … Gunarsson vielleicht in der Rechtsabteilung? Nein, der hat keine menschliche Kompetenz. Klüger wär es, wir spielen das über die Marketingabteilung, Kundenzufriedenheit ist Marketing, also einfach die Frau Steindl. Obwohl ich glaube, dass ein Mann unbefangener an den Fall herangeht. Wie hieß der noch, Höllinger? Göllinger? Wenn wir jedoch direkt die Beschwerdeabteilung anfunken …«
Caro klinkte sich aus Danesitas Überlegungen aus und betrachtete eine Fototapete an der Wand neben Danesitas Schreibtisch – gegenüber jener Wand, auf der er diverse Dankschreiben von zufriedenen Kunden drapiert hatte.
In Angewohnheiten wie diesen erinnerte Danesita Caro an einen freundlichen Landdoktor, der die Fotos der Babys ausstellt, die er zur Welt gebracht hat. Bloß verkaufte der Arzt die Kinder nicht anschließend an den Meistbietenden.
Einige von den Fotos auf der Pinnwand zeigten Danesita, wie er die Baustelle der Wiener HÜMANIA-Filiale besuchte. Er trug Anzug, Arbeitsstiefel und Helm und begutachtete den Baufortschritt. Auf einer anderen Fotografie stand er selbst in einem Schaufenster und posierte. Ein paar der Bilder schienen privater Natur zu sein. Eines zeigte ihn bei einer Wanderung in den Bergen, ein anderes bei einer Radtour (da waren sie wieder, die Hosenklemmen). Auf einem Bild endlich entdeckte Caro ihren Chef mit einer Frau. Es war ein Weib mit breiten Hüften und ausladendem Busen, Danesitas Arm über ihren Schultern. Caro war überrascht, sie hätte ihren Chef eher mit einem Mädchen als mit seiner Vorzimmerdame zusammen gesehen.
Inzwischen war Danesita bei seinen Überlegungen auf die richtige Person gestoßen und verließ sein Zimmer, um die Kontaktdaten des Ansprechpartners bei seiner Assistentin zu holen. Caro nutzte seine Abwesenheit und sah sich die Fotowand aus der Nähe an. Aus der Entfernung ihres Sitzplatzes war ihr einiges entgangen. So gab es nicht nur ein Foto hier, das Danesita mit einer Frau zeigte. Sie entdeckte ganze vier Bilder, die ihn mit der üppigen Frau zusammen zeigten. Als Caro die Fotos genauer unter die Lupe nahm, schien ihr, als sehe die Frau jedes Mal anders aus. Nicht nur die Haare variierten in Farbe und Frisur, auch das Gesicht wirkte jedes Mal verändert. Die weibliche Figur und der Kleidungsstil Typ
Heimchen am Herd
glichen sich jedoch. Caro fragte sich, ob das sonst jemandem
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