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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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Schlaf sprach, also wollte sie die Gelegenheit ausnutzen. Sie lief über den Parkplatz, vorbei am Haus, in dem ihr Büro war, und weiter zum Eingang des Gebäudes dahinter, auf das Dennis untertags aufpasste. Sie öffnete die Tür mit ihrer Access-Card, und als sie das Haus betrat, streifte sie sofort die Schuhe ab. Auf Socken lief sie die Stiegen in den zweiten Stock hinauf, gab den Zugangscode ein, und die Tür ließ sich fast geräuschlos aufdrücken. Es war dunkel im Stockwerk der Frauen, nur aus den Badezimmern links und rechts vom Korridor drang Licht durch die Türschlitze und das Geräusch von Zahnputzaktivität. Caro schlich über den Gang und suchte Monas Zimmer. Sie kannte ihre Zimmernummer, weil sie sie heute erst besuchen wollte … Da, auf der linken Seite, war ihr Raum. Caro öffnete die Tür mit allergrößter Achtsamkeit, sie wollte Mona keinesfalls wecken – was hätte sie ihr auch sagen können, falls sie es doch tat? Die Tür schwang auf, und Caro sah, dass sie im richtigen Zimmer war. Im rechten Bett lag Mona in seitlicher Schlafposition, das Gesicht zur Wand gerichtet, im linken eine ältere Frau. Caro ließ sich unendlich langsam auf Monas Seite nieder, nicht direkt bei ihrem Kopf, aber nah genug, um verstehen zu können, was sie aus ihren Träumen heraus zu sagen hatte. Doch sie schien zu spät gekommen zu sein. Mona schlief fest und atmete regelmäßig, ihre Lippen waren verschlossen. Caro verharrte einige Minuten lang so, bis ihre Knie zu schmerzen anfingen und sie befürchtete, nicht mehr hochzukommen ohne dabei laut zu stöhnen. Als sie sich aufrichtete und nach der Tür griff, war es jedoch diese, die ächzte. Caros Herz schlug schneller, sie glaubte, damit nicht nur Mona, sondern das ganze Stockwerk zu wecken. Aber nichts passierte, die Frauen schliefen weiter. Das Geräusch schien jedoch in Monas Unterbewusstsein geplumpst zu sein, wo es ihr Inneres nun in Bewegung brachte. Ihr Mund öffnete sich und Mona flüsterte ein einziges Wort in die Dunkelheit: »Boris«.
    Als Caro die Sicherheitstür der Frauenabteilung wieder hinter sich schloss, ließ sie sich für einen Moment auf einer Bank nieder. Tagsüber saßen hier Verwandte und Freunde der Heldinnen, während sie darauf warteten, dass der Besucherraum frei wurde und sie jene Menschen wieder in den Arm nehmen konnten, die sich freiwillig oder beinahe freiwillig für die Inbesitznahme durch das Unternehmen HÜMANIA entschieden hatten.
    Caros Knie zitterten. Was bedeutete das nun, was sie eben erfahren hatte? Mona, das Mädchen ohne Namen, kannte, wenn schon nicht ihren eigenen, so doch den Namen jenes Mannes, der es als Einziger zuwege gebracht hatte, aus dem Markt zu fliehen. Und auch wenn Caro nicht zu viel in die Art hineindeuten wollte, wie Mona den Namen im Schlaf geflüstert hatte, klang es für sie doch nach Vermissen. Nur wie sollte all das Caro dabei helfen, Mona aus ihrer Bumerang-Endlosschleife in HAUS 6 herauszuholen? Sie musste mehr über sie und Boris erfahren. Das bedeutete wiederum, sie würde mit Moffat sprechen müssen.
    Caro erhob sich von der Bank und wollte die Treppen wieder hinuntersteigen. Da bemerkte sie eine Bewegung hinter der anderen Sicherheitstür, jener, die direkt gegenüber vom Eingang des Frauenbereiches war. Diese Tür, von der Caro nicht wusste, wohin sie führte, bestand wie die anderen, die den Zugang zu den Schlafräumen der Männer und Frauen boten, aus Sicherheitsglas, durch das man in die Gänge dahinter blicken konnte. Jetzt, da keine Lichter in den Aufenthaltsräumen der Helden brannten, war es allerdings schwer, etwas zu erkennen. Caro ging näher an die Tür heran, sah jedoch nur ihre eigene Spiegelung im Glas. Als sie ganz an die Tür herangetreten war, legte sie die Stirn ans Glas, schirmte die Augen gegen das Licht ab, das seitlich vom Parkplatz in den Flur fiel, und sah in den dunklen Gang hinter der Tür. Schwärze, sie erkannte nichts. Plötzlich ein knirschendes, kratzendes Geräusch, direkt unter ihr. Caro machte einen Schritt zurück und sah in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Dort schwebte ein Teddybär, dessen Knopfaugen über die Glasscheibe der Tür gezogen wurden. Als Caro genauer hinsah, entdeckte sie auch das kleine Mädchen im Pyjama, das den Bären im Arm hielt und zu ihr hochsah.
    »Oh Gott«, stöhnte Caro und ging mit laut pochendem Herzen in die Knie. »Was machst du denn hier?«, stammelte sie und realisierte nicht, dass das Mädchen hinter der Tür

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