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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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mußte ich ja heute zurück.«
    Während Düsterloh das Zimmer verließ, schob Wittebold seine Mappe auf der Tischplatte weiter, bis er neben dem Schriftstück stand, das der Direktor hingelegt hatte. »Wenn Herr Doktor jetzt keine Zeit haben, komm’ ich später wieder!«
    »Nein, nein! Ich bin gleich fertig.«
    Während Wittebold sprach, hielt er die Augen angestrengt auf das Schriftstück geheftet, und las die Titelzeile: »Exposé, betreffend die Synthese von Kautschuken.« Da blieb sein Blick auf der rechten oberen Ecke des ersten Blattes haften. Er schaute sich schnell nach Hempel um; der turnte immer noch oben auf seiner Leiter. Wie unbewußt brachte Wittebold seine Hand auf das Schriftstück und verschob dabei ein wenig die übereinander-liegenden Blätter. Beim dritten, vierten – unwillkürlich beugte er den Kopf tiefer über das Dokument – die gleich Beobachtung wie beim ersten. Beim letzten – man hatte da vielleicht etwas hastig gearbeitet – unverkennbar die Spur ...
    »So – jetzt bin ich so weit!« Dr. Hempel stieg von seiner Leiter herunter. »Nehmen Sie die Sachen hier mit ‘rüber zu Doktor Stange und bitten Sie ihn um die Vorschrift Ap 602, die er sich vor drei Tagen holen ließ. Aber halten Sie sich unterwegs nicht auf! Bringen Sie’s mir sofort hierher!«
    Wittebold hastete davon. Jetzt kam’s darauf an, ob Dr. Stange ihm das Gewünschte in einem verschlossenen Kuvert übergab oder ... Gott sei Dank, er legte es, wie erhofft, offen in die Aktenmappe!
    Kaum war Wittebold in dem langen, überdeckten Gang, der die beiden Gebäude verband, so trat er in eine Fensternische und öffnete die Mappe. Blatt für Blatt des Schriftstücks ließ er prüfend durch seine Finger gleiten und murmelte dabei den sonderbaren Spruch: »Heiliges Isolierband, hilf!« Doch nirgends eine Spur. Er drehte die Vorschrift um, hatte die Rückseite des letzten Blattes vor sich. »Hurra – es hat geholfen!« Er holte einen Zigarettenkarton hervor, steckte die Zigaretten in die Tasche – bis auf eine, die er mit dem Messer aufschlitzte. Den Tabak warf er weg; das Zigarettenpapier brachte er sorgfältig auf eine gewisse Stelle der Dokumentenrückseite und fuhr mit dem Daumennagel mehrmals mit kräftigem Druck darüber. Dann legte er das Zigarettenpapier behutsam in die leere Schachtel und schritt eilig weiter.
    »Hier ist die Vorschrift, Herr Doktor Hempel!«
    Der blätterte das Schriftstück prüfend durch und legte es beiseite.
    Am nächsten Abend ging Wittebold unter dem Vorwand, einen Spaziergang machen zu wollen, frühzeitig fort. Sonderbarerweise jedoch schlug er nicht den Weg in die Anlagen ein, von denen aus man bequem den Wald erreichte, sondern begab sich nach der Vorstadt. Dort ließ er sich in einer kleinen Kneipe nieder und behielt von seinem Platz aus bis zum Anbruch der Dunkelheit das gegenüberliegende Haus scharf im Auge. Gerade flammte die Straßenbeleuchtung auf, als dort ein Mann heraustrat, bei dessen Erscheinen der Bürodiener hastig das Lokal verließ.

Er beschleunigte seine Schritte, bis er unter einer Bogenlampe nah an den anderen herangekommen war, machte nun einen Augenblick halt und nickte befriedigt. Der Packer Embacher! Er folgte ihm bis zum Bahnhof. Und beobachtete durch die Scheiben der Eingangstür, wie Embacher sich am Automaten eine Bahnsteigkarte löste.
    Wittebold blieb wartend im Schatten einer Anschlagsäule stehen. Gleich darauf donnerte ein Zug in die Halle. Aufmerksam musterte Wittebold die aus dem Bahnhof Strömenden. Unter den Letzten war Embacher, jedoch allein. Der erwartete Besuch schien nicht gekommen zu sein. Oder hatte Embacher vielleicht nur einen eiligen Brief der Bahnpost anvertraut? Auch das war möglich.
    Nachdenklich folgte Wittebold dem Packer bis zu dessen Haus; machte dann auf dem Heimmarsch einen kleinen Umweg zu Nestler, wo Meister Schappmann einen Abendschoppen genehmigen wollte. Er traf ihn noch an – und an seinem Tisch ein paar andere, deren einer einen schwarzen Spitzbart trug. Teufel! dachte er im stillen; sollte das Schappmanns Kampfbruder sein?
    Schappmann machte bekannt: »Hier ist Meister Lehmann von der Ap-Abteilung. Und das da ist mein Patient! Wie war doch Ihr Name? Ich hab’ ihn schon wieder vergessen ... Bernhard? Also, Herr Bernhard –«
    Wittebold wählte seinen Platz so, daß zu seiner Rechten Schappmann, zur Linken Meister Lehmann saß.
    »Na, es geht ihm wieder ganz passabel!« Schappmann deutete auf eine Reihe Bierstriche unter

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