Kautschuk
Generaldirektor reichte ihm den Brief. »Was meinen Sie dazu?«
Dr. Wolff räusperte sich ein paarmal. »Selbst auf die Gefahr einer Irreführung hin würde ich kein Bedenken tragen, die Beschuldigten sofort festzunehmen. Hier ist Eile geboten.«
»Ganz meine Meinung. Veranlassen Sie das Erforderliche, und berichten Sie mir dann sofort!«
Als Wolff den Raum verlassen hatte, meldete die Sekretärin: »Herr Doktor Fortuyn ist jetzt gebeten.«
»Gut – lassen Sie ihn eintreten!«
Der Generaldirektor ging Fortuyn entgegen, reichte ihm die Hand, lud ihn zum Sitzen ein und begann dann, nach kurzem Zögern: »Übermorgen wird nun Herr Doktor Moran seine Arbeit hier aufnehmen. Sorgen Sie also dafür, lieber Herr Doktor, daß der Umzug Ihres Laboratoriums in die neuen Räume bis morgen zu Ende kommt! Die sind ja, weil es sich nicht anders machen ließ, ein gutes Stück kleiner. Auch der Stab Ihrer Mitarbeiter ist von nun an verringert – aber trotzdem hoffe ich, daß Sie mit den bewährten Kräften, die Sie sich ja selbst aussuchen können, auch in Zukunft noch weiter recht Ersprießliches leisten.«
»Gewiß, Herr Generaldirektor: von morgen ab werden meine bisherigen Räume frei sein ...für den neuen Herrn.«
»Hm – hm!« Kampendonk hüstelte leicht und fuhr fort: »Ich möchte die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen nochmals zu versichern, daß ich persönlich nach wie vor von den guten Aussichten Ihres Verfahrens überzeugt bin, und« – hier lachte er prononciert – »da ich Generaldirektor bin und mich zudem auch körperlich noch recht frisch fühle, dürfen Sie gewiß sein, daß Ihnen in absehbarer Zeit niemand in den Weg tritt, um Ihnen Schwierigkeiten zu machen.«
»Ich danke Ihnen, Herr Generaldirektor, und hoffe bestimmt, Ihr Vertrauen nicht zu enttäuschen.« Die letzten Worte waren mit einer Betonung gesprochen, die Kampendonk aufmerken ließ. Er schaute Fortuyn prüfend an, doch dessen Gesicht blieb unbewegt.
»Dafür, daß Sie mit Ihrem Konkurrenten – wenn ich Moran so nennen darf – durchaus kollegial verkehren, bietet mir Ihr Charakter genügend Bürgschaft, lieber Herr Doktor. Ich werde Sie selbst mit ihm bekannt machen.«
Mit einem festen Händedruck schieden die beiden. Und kaum war Fortuyn gegangen, als Dr. Wolff wieder erschien.
»Also, Herr Generaldirektor: Jedes Wort des Briefes trifft leider zu. Die Überraschung war so vollkommen, daß dieser Embacher sofort gestand. Er ist nicht Badenser, sondern französischer Elsässer, von Beruf Ingenieur und spioniert für die Societé Mediterranee. Er treibt sein unsauberes Handwerk schon über ein Jahr ...«
»Donnerwetter!« entfuhr es Kampendonk. »Wenn er immer so erfolgreich gearbeitet hat, dann ist ja manches erklärlich!«
»Bei einer Leibesvisitation kamen sechs eng beschriebene Seiten zum Vorschein, die genaue Kopie der Patententwürfe Doktor Hesselbachs aus der Gx-Abteilung. Embacher hat sich zunächst den Plan der Nachtwächterrunden zu beschaffen gewußt. Über das Wie gibt er vorläufig keine Auskunft; wahrscheinlich um einen Komplicen zu schonen. Danach war es ihm ein leichtes, den Wächter von Hesselbachs Ressort zu vermeiden ...«
»Aber wie kam er nachts ins Werk?«
»Er hat einfach bei Arbeitsschluß sich in der Packerei einschließen lassen. Seine Kontrollmarke besorgte ein andrer Pakker namens Fischer für ihn. Wie weit der in die ganze Sache verwickelt ist, weiß ich noch nicht. Vorläufig leugnet er alles, will Embacher den Dienst nur aus Gefälligkeit erwiesen haben.«
»Und die Instrumente? Manometer und Thermometer?«
»Haben wir wieder! Sie wurden in Embachers Wohnung gefunden. Bleibt nur noch übrig, den Mittelsmann, der in diesen Tagen das Diebesgut abholen soll, festnehmen zu lassen.«
»Hm – hm – und wer mag unser geheimnisvoller Freund sein, der uns diese Hinweise gab?«
Dr. Wolff zuckte die Achseln. »Möglicherweise ein früherer Komplice, den man vergrämt hat und der sich nun auf solche Art rächt.«
»Hm«, meinte Kampendonk, »es wäre doch interessant, zu wissen, wer dieser Anonymus ist. Als Unterschrift zeichnet er ein Eichenblatt ...«
»Vielleicht, Herr Generaldirektor, ergibt sich bei der weiteren Vernehmung Embachers ein Fingerzeig.«
Es dauerte geraume Zeit, ehe in dem neuen, verkleinerten Laboratoraum Fortuyn alles ins Lot kam. Abgesehen von Tilly, die emsig an ihrem neuen Platz arbeitete, standen die anderen in Gruppen herum und besprachen die Neuordnung der
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