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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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schreckte auf, als der Beamte sie an den Apparat rief. Alles, was sie sich vorher an Worten zurechtgelegt hatte, war vergessen. Sie ergriff den Hörer. Die Stimme von Fortuyns Wirtschafterin klang ihr aus dem Apparat entgegen.
    »Ist Herr Doktor Fortuyn nicht da?« fragte Johanna.
    »Nein – er ist vor kurzem ausgegangen. Wann er wieder zurückkommt, weiß ich nicht. Es kann spät werden.«
    Enttäuscht legte Johanna den Hörer aus der Hand. Sie hatte es vermieden, ihren Namen zu nennen. Dachte jetzt im stillen: ›Vielleicht ist es gut so; war ja am Ende doch alles Hirngespinst!‹
    ›Was wird hier ausgeheckt?‹ überlegte sie gedankenvoll immer wieder. —
    Kaum ein Auge hatte Johanna in dieser Nacht zugetan.
    Schon früh war sie am nächsten Morgen auf und saß lange vor dem Toilettespiegel, um ihre Frisur zu verändern.

Erst um dreiviertelzehn frühstückte sie. Eine halbe Stunde später verließ sie das Hotel, mit dem neuen Mantel angetan, die Kappe tief in das Gesicht gezogen. Ein paarmal blieb sie vor den Spiegelscheiben der Geschäfte stehen. Sie war zufrieden mit dem gänzlich veränderten Bild, das sie jetzt bot. Für jemand, der sie nicht sehr genau ansah, war sie schwer wiederzuerkennen.
    Nach einigem Suchen fand sie das erwähnte Restaurant. Als sie eintrat, sah sie die beiden Fremden vom Bahnhof an einem Tisch in der Nähe des Büfetts sitzen. Johanna nahm an einem Nebentisch Platz, so daß sie den beiden den Rücken zukehrte. Sie bestellte sich eine Kleinigkeit und beschäftigte sich einstweilen mit einer Zeitung.
    Was die beiden sprachen, konnte sie bei scharfem Hinhören ganz gut verstehen; aber es waren gleichgültige, harmlose Dinge, um die sich ihr Gespräch drehte. Nach einer knappen Weile kam ein Mann in das Restaurant, der sich zu den beiden setzte. Jetzt wurde die Unterhaltung leiser, beinahe im Flüsterton geführt. Trotz größter Anstrengung vermochte Johannas Ohr nur wenige Worte aufzufangen. Doch diese wenigen und zusammenhanglosen Worte genügten, um sie von neuem in größte Angst zu setzen.
    Der zuletzt Gekommene sagte einmal betont: »Passieren darf ihm nichts – sonst mache ich nicht mit!« Derselbe sprach eine Weile später: »... eine Alarmvorrichtung an der Tür? ... Muß dann anders ...«
    Während der Kellner die Teller vor Johanna hinstellte, drehte sie sich unauffällig zur Seite. Da sah sie, wie der Letztgekommene ein Bündel Geldscheine in seine Brieftasche steckte, das er augenscheinlich von einem der beiden anderen bekommen hatte, und lachend sagte: »Soweit war’s ja richtig!«
    Je näher die Uhr auf elf ging, desto nervöser wurde Johanna. Sie hatte gleich bezahlt, um später nicht aufgehalten zu werden. Als der Zeiger auf voll stand, hörte sie von draußen die Hupe eines Autos. Auch die am Nebentisch hatten das Signal vernommen. Einer stand auf, sah durch die Tür und winkte dem anderen.
    Johanna erhob sich, ging zur Tür und trat fast gleichzeitig mit den dreien auf die Straße. Am Steuer des Wagens erkannte sie ihren Reisegefährten wieder. Der zuletzt in das Lokal Gekommene stieg allein in den Wagen. Einer der beiden anderen reichte ihm eine anscheinend sehr schwere Ledermappe, sagte: »Erich soll nicht vergessen, das Zeug nachzuschicken!« Die Tür fiel ins Schloß. Die beiden Zurückbleibenden winkten dem Chauffeur grüßend zu: »Gute Fahrt, Waldemar!« Dann verschwand das Auto.
    Johanna stand eine Weile und schaute dem Wagen nach. Ein beklemmendes Angstgefühl stieg in ihr auf. Planlos ging sie eine Strecke hinter den beiden Fremden her. Blieb dann wieder stehen und überlegte, ob sie ihnen noch länger folgen sollte.
    Nein, besser wäre es gewesen, sie hätte ein Auto genommen und wäre hinter dem Wagen her gefahren. Jetzt war’s zu spät. Unschlüssig ging sie hin und her. Immer höher stieg ihre Angst. Sie mußte zu einem Entschluß kommen; die qualvolle Unruhe drohte sie zu überwältigen.
    Es war inzwischen fast zwölf Uhr geworden. Johanna kehrte unschlüssig in ihr Hotel zurück. Da hörte sie, gerade als sie vom Portier ihren Zimmerschlüssel forderte, wie ein Herr sich nach dem nächsten Flugzeug in Richtung Hannover erkundigte. »Die Maschinen vor 19 Uhr sind alle besetzt«, erklärte der Portier dienstbeflissen.
    »Dann bestellen Sie mir bitte sofort für die 19-Uhr-Maschine einen Platz«, erklärte der Hotelgast.
    Einer plötzlichen Eingebung nachkommend, trat Johanna – kaum daß der fremde Herr in die Halle gegangen war – zu dem Portier

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