Kay Scarpetta 16: Scarpetta
Spionagesoftware, Spam und Phishing, eine Firewall und ein Schutzprogramm für WLAN installiert.«
»Ist das ungewöhnlich?« Berger rieb sich die Schläfen. »Für einen Durchschnittsbenutzer schon. Ihr - oder jemand anderem - war offenbar sehr an Sicherheit gelegen. Allerdings aus anderen Gründen, als es bei Menschen wie dir und mir der Fall ist. Solche Schutzmaßnahmen finden sich normalerweise nur bei Leuten, die Angst vor Hackern und Identitätsdiebstahl haben. Aber da sie keine Programmierer sind, sind sie auf handelsübliche Software angewiesen, die häufig teuer ist und nicht hält, was sie verspricht.«
»Vielleicht war sie ja genauso paranoid wie Oscar Bane«, sagte Berger. »Sie befürchteten beide, jemand könnte ihnen ans Leder wollen. Jedenfalls wissen wir, dass er solche Ängste hat. Als er letzten Monat anrief und das fatale Gespräch mit Marino führte, klang es zumindest eindeutig danach. Doch es war nicht Marinos Schuld. Wenn es noch mal passieren würde, würde ich Oscar Banes Anruf trotzdem nicht annehmen.«
»Ob alles wohl anders gekommen wäre, wenn du es getan hättest?«, fragte Lucy.
»Auf den ersten Blick unterschied er sich nicht von den anderen Spinnern, die uns tagtäglich anrufen«, erwiderte Berger.
»Es ist trotzdem schade. Vielleicht hättest du etwas erreichen können.«
Lucys kräftige Hände huschten anmutig über die Tastatur. Sie schloss ein Programmierfenster, das sie auf dem Bildschirm geöffnet hatte, und wieder stiegen Textfragmente aus den Tiefen des Programms auf, um ihre Ergänzung zu suchen. Berger wandte den Blick ab.
»Wenn ich dir den Mitschnitt vorspielen würde, würdest du verstehen, was ich meine«, erklärte sie. »Er klang wie ein Geisteskranker und wiederholte nur hysterisch, eine Gruppe von Leuten wolle durch Elektronik sein Gehirn übernehmen. Bis jetzt sei es ihm zwar gelungen, sich gegen ihre Einflussnahme zu wehren, doch sie beobachteten ihn bei jedem Atemzug. Im Moment fühle ich mich, als ginge es mir genauso. Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ab und zu bekomme ich Kopfschmerzen, und ich versuche gerade, diese hier zu unterdrücken.«
»Warst du schon mal cyberkrank?«, erkundigte sich Lucy. »Ich weiß gar nicht, was das ist«, erwiderte Berger.
»Was ist mit Reisekrankheit?«
»Ja, das kenne ich nur zu gut. In einem fahrenden Auto kann ich nicht lesen, und als Kind musste ich mich auf dem Rummelplatz immer übergeben. Aber daran will ich mich jetzt lieber nicht erinnern.«
»Dann wirst du wohl nie bei mir mitfliegen.« »Polizeihubschrauber sind für mich kein Problem, solange sie Türen haben.«
»Orientierungslosigkeit, Übelkeit, Schwindel, manchmal sogar Krämpfe und Migräne«, stellte Lucy fest. »Diese Symptome werden häufig von der virtuellen Realität verursacht, können jedoch durch jede Darstellung von Bewegung auf dem Computerbildschirm ausgelöst werden. Zum Beispiel, wenn man sich diesen Mist hier anschaut. Zufällig habe ich Glück gehabt und gehöre nicht zu den Betroffenen. Mich kann man den ganzen Tag in einen Crash-Simulator stecken, ohne dass ich etwas spüre. Man hätte mich in Langley als Test - Dummy einsetzen können. Wäre vielleicht eine Lebensaufgabe gewesen.«
Sie lehnte sich zurück und hakte die Fingerspitzen in die Taschen ihrer Jeans. Ihre offene Körperhaltung wirkte als Einladung, die Bergers Blick anzog wie ein auffälliges Gemälde oder eine Skulptur.
»Also versuchen wir Folgendes«, schlug Lucy vor. »Du schaust nur dann auf den Monitor, wenn ich finde, dass da etwas ist, was du sehen solltest. Wenn dir weiter übel ist, lasse ich die Daten ablaufen, die ich dir zeigen möchte, und führe sie dir später mit einem statischen Textverarbeitungsprogramm vor. Möglicherweise verstoße ich ja sogar gegen meine eigene Regel und drucke etwas aus. Jedenfalls solltest du nicht mehr auf den Bildschirm schauen. Lass uns noch mal zu dem zurückkehren, was ich dir über die Schutzprogramme auf den Laptops erklärt habe. Ich bin der Ansicht, dass wir überprüfen sollten, ob sich auf Oscars Computer zu Hause dieselben Programme befinden. Vielleicht gibt es ja Hinweise darauf, dass er derjenige ist, der sie gekauft hat. Haben wir Zutritt zu seiner Wohnung?«
Lucy benutzte ständig das Wort wir, was Berger ziemlich beunruhigte.
Ein wir kam überhaupt nicht in Frage, sagte sich Berger und versuchte, den Gedanken beiseite zuschieben, der einfach nicht weichen wollte.
Sie
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