Kay Scarpetta 16: Scarpetta
fügte hinzu, nach Auffassung des Gerichts hätte die Polizei keine hinreichenden Beweise geliefert, die acht Haustiere, alles Welpen im Alter von drei bis sechs Monaten, seien ohne triftigen Grund eingeschläfert worden.
Berger ergänzte, es sei in manchen Zoohandlungen übliche Praxis, Hunde, Katzen und weitere Haustiere, die keinen Käufer gefunden hätten oder sich aus anderen Gründen wirtschaftlich nicht lohnten, zu »beseitigen«.
»Ein kranker Welpe oder einer, der drei bis vier Monate alt ist, lockt im Schaufenster keine Kundschaft mehr an«, erklärte sie. »Außerdem sind viele dieser Läden dafür berüchtigt, dass sie den Tieren die medizinische Versorgung und sogar alltägliche Notwendigkeiten wie warme, saubere Käfige und aus-reichend Wasser und Nahrung vorenthalten. Ich habe diese Spezialeinheit unter anderem deshalb ins Leben gerufen, weil die New Yorker Bevölkerung genug von diesen Zuständen hat, und bin fest dazu entschlossen, zumindest einige der Täter für lange Zeit hinter schwedische Gardinen zu schicken ... «
Zum zweiten Mal an diesem Abend wählte Shrew die Nummer der Polizei.
Nur dass sie inzwischen betrunkener war und klang, als redete sie wirres Zeug.
»Mörder«, sagte sie zu dem Polizisten, der ihren Anruf entgegennahm, und nannte die Adresse in der Lexington Avenue. »Die Kleinen werden dort eingesperrt.«
»Ma'am?«
»Nach der Tat hat er mich gezwungen, in seinen Wagen zu steigen. Mir ist fast das Herz stehen geblieben ... Er hatte ein rotes, mürrisches Gesicht und hat geschwiegen.«
»Ma'am?«
»Sie haben doch schon einmal versucht, ihn wegen dieser Taten ins Gefängnis zu bringen. Hitler! Nein, Pol Pot! Aber er ist davongekommen. Bitte geben Sie Ms. Berger Bescheid. Sofort. Bitte.«
»Ma'am? Sollen wir Ihnen einen Beamten schicken?« »Bitte jemanden von Ms. Bergers Tierschutzeinheit. Bitte. Ich bin nicht verrückt, das schwöre ich Ihnen. Ich habe mit meinem Mobiltelefon ein Foto von ihm in der Kühlkammer gemacht.«
Das hatte sie nicht.
»Sie haben sich bewegt!«, schluchzte sie. »Sie haben sich noch bewegt!«
23
Der dunkelblaue Impala wartete vor dem Eingang des Krankenhauses, als Benton und Scarpetta in die Nacht hinaustraten.
Sie erkannte die mit Vlies gefütterte Lederjacke, und im nächsten Moment wurde ihr klar, dass Marino darin steckte. Der Kofferraum öffnete sich. Marino nahm Benton den Tatortkoffer ab und sagte, er habe zwei Becher Kaffee für sie besorgt, die auf dem Rücksitz ständen.
Das war also seine Begrüßung. Nach so langer Zeit und allem, was geschehen war.
»Ich war bei Starbucks«, sagte er. »Zwei Ventis.« Die Aussprache stimmte nicht. »Und Süßstoff in gelber Verpackung.« Er meinte Splen da. Offenbar hatte er nicht vergessen, dass Scarpetta Saccharin und Aspartam nicht anrührte.
»Aber keine Sahne, denn die gibt es dort nur in Krügen, so dass ich sie nicht mitnehmen konnte. Ich glaube, ihr braucht ja beide keine Sahne, falls sich das nicht geändert hat. Die Becher stehen hinten auf der Ablage. Jaime Berger sitzt vorn. Es ist so dunkel, dass ihr sie vielleicht nicht seht. Also lästert nicht über sie.«
Der Versuch eines Scherzes.
»Danke«, erwiderte Scarpetta, als sie und Benton einstiegen. »Wie geht es dir?«
»Gut.«
Er setzte sich ans Steuer. Sein Sitz war so weit zurückgeschoben, dass er Scarpettas Knie berührte. Berger drehte sich um und begrüßte sie. Sie verhielt sich, als wäre an dieser Situation nichts Ungewöhnliches. Eine ausgezeichnete Idee, da es die Dinge erleichterte.
Während Marino losfuhr, betrachtete Scarpetta seinen Hinterkopf und den Kragen der schwarzen Bomberjacke aus Leder. Sie sah aus wie aus Hogan's Heroes, womit Lucy ihn immer aufgezogen hatte, und war mit einem Halbgürtel, Reißverschlüssen an den Ärmeln und jeder Menge von auf antik getrimmten Messingbeschlägen ausstaffiert. In den zwanzig Jahren, die Scarpetta Marino nun kannte, war er immer wieder zu dick geworden, um sie zu tragen, insbesondere am Bauch. In letzter Zeit hatte er im Fitness-Studio zu viel Muskelmasse zugelegt. Rückblickend betrachtet waren vermutlich auch Steroide im Spiel gewesen.
Die Zeit, in der Marino nicht an ihrem Leben teilnahm, hatte gereicht, um über den Zwischenfall und seine Folgen nachzudenken. Kurz nachdem sie wieder Kontakt zu ihrem ehemaligen Stellvertreter Jack Fielding aufgenommen und ihn eingestellt hatte, war ihr eines Tages die Erkenntnis
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