Kay Scarpetta 16: Scarpetta
mich an den Tod des jungen Mannes. Alle waren schockiert, so wie jetzt wegen der Ereignisse in New York. Ich habe es gestern in den Nachrichten gesehen. Greenwich fällt mir deswegen wieder ein, weil der Aston-Martin-Händler ... «
»Bugatti«, verbesserte Scarpetta.
»Ich bin Kundin bei Aston Martin, und von dort ist es ein Katzensprung zu Bugatti«, erklärte Dr. Stuart. »Deshalb ist der Mord an dem Jungen mir auch so nahgegangen. Wahrscheinlich bin ich nur einen Häuserblock entfernt am Tat- oder Fundort vorbeigefahren, als ich meinen Aston Martin zur Inspektion gebracht habe. Deshalb musste ich daran denken, wenn Sie verstehen, was ich meine. Allerdings habe ich den Wagen nicht mehr.«
Damit wollte sie andeuten, dass weder Rodrick noch Bethany bei ihr in Behandlung gewesen waren und dass sie den sadistischen Sexualmord nur deshalb zur Kenntnis genommen hatte, weil er sie an ein Auto erinnerte, das mehr kostete als ein Haus.
»Haben Sie Mitarbeiter oder sonstige mit Ihrer Praxis verbundene Personen, die sich die Polizei einmal ansehen sollte?«, fragte Scarpetta. »Oder um Ihnen die Antwort zu erleichtern: An wen würden Sie an meiner Stelle denken?«
»Zuallererst an die Angestellten, insbesondere die Teilzeitkräfte.«
»Welche Teilzeitkräfte? «
»Arzthelferinnen, Praktikanten, Leute, die einfache Büroarbeiten erledigen. Ein ständiges Kommen und Gehen. Manche sind nur während der Sommerferien oder abends bei mir beschäftigt, putzen, nehmen Telefonate entgegen oder piepsen den Arzt an, der gerade Bereitschaftsdienst hat. Einer ist sogar Tierpfleger. Aber ich habe nie ein Problem mit ihm gehabt. Ich kenne ihn einfach nicht sehr gut, weil ich nicht persönlich mit ihm zusammenarbeite. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, sauber zu machen und den anderen Ärzten zu assistieren. Meine Praxis ist sehr groß. Mehr als sechzig Beschäftigte an vier verschiedenen Standorten.«
»Tierpfleger? «, hakte Scarpetta nach.
»Ich glaube, das ist seine Vollzeitstelle. Er muss irgendetwas mit Zoohandlungen zu tun haben, denn er hat einigen meiner Mitarbeiter Welpen besorgt. Vermutlich versorgt er die Tiere in diesen Läden. Offen gestanden, möchte ich gar keine Einzelheiten wissen«, sagte Dr. Stuart. »Ein komischer Vogel. Letzten Sommer wollte er mir einen Welpen zum Geburtstag schenken. Einen von diesen chinesischen Nackthunden, die nur an Kopf, Schwanz und Pfoten Fell haben. Er war etwa acht Wochen alt, machte einen ungesunden Eindruck und sah aus, als litte er unter krankhaftem Haarausfall. Das arme Ding zitterte und hustete nur. Auf die Karte hat er ge- schrieben, ich könnte ja jetzt damit werben, dass ich auch Haarentfernungen bei Hunden durchführe und meine Hautarztpraxis auf Haustiere ausweite. Ich fand das sehr befremdlich und überhaupt nicht witzig und habe ihn gebeten, den Hund zurückzunehmen. Offen gestanden, war mir das Ganze sehr unangenehm.« »Haben Sie ihn je gefragt, was aus dem Hund geworden ist?« »Ich kann es mir gut vorstellen.« Ihr Tonfall war unheilverkündend.
»Er verabreicht gern Spritzen, um es einmal so auszudrücken«, fuhr Dr. Stuart fort. »Er kann gut mit Injektionsnadeln umgehen und hat eine Spezialausbildung für Venenerkrankungen. Hören Sie, mich regt das alles sehr auf. Der Mann heißt Juan Amate.«
»Ist das sein voller Name? Spanische Namen schließen häufig auch den Mädchennamen der Mutter, nicht nur den des Vaters ein.«
»Keine Ahnung. Er arbeitet schon seit ein paar Jahren in meiner Praxis in der Upper East Side. Persönlich kenne ich ihn nicht, denn er darf den Raum nicht betreten, wenn ich gerade einen Patienten behandle.«
»Warum?«
»Soll ich ganz offen sein? Die meisten meiner Patienten sind Prominente, weshalb ich mir nicht von Teilzeitkräften assistieren lasse. Ich habe meine festangestellten Arzthelferinnen, die wissen, wie man mit berühmten Persönlichkeiten umgehen muss. Es gehört sich einfach nicht, dass eine Aushilfe einem bekannten Filmstar Blut abnimmt.«
»Haben Sie Terri Bridges oder Oscar Bane persönlich behandelt, oder waren sie bei einem Ihrer angestellten Ärzte Patienten? «
»Ich hatte keinen Grund, mich selbst ihrer anzunehmen.
Allerdings habe ich einige kleinwüchsige Patienten. Die meisten haben mit Gewichtsproblemen zu kämpfen, und Hauterkrankungen können ein unangenehmer Nebeneffekt sein, wenn man dauernd auf Diät lebt. Akne, Faltenbildung im Gesicht schon in jungen Jahren, und
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