Kay Scarpetta 16: Scarpetta
weitere Fotos von Terri Bridges' Leiche auf dem Badezimmerboden und verstand den Sinn des dünnen Goldkettchens an ihrem Knöchel nicht. Sie reichte Benton eine Nahaufnahme.
»Oscar Bane hat der Polizei gegenüber angegeben, er kenne das Kettchen nicht«, sagte dieser. »Und da du offenbar auch nicht weißt, woher es stammt, schließe ich daraus, dass er dir entweder dasselbe erzählt oder es gar nicht erst erwähnt hat.«
»Ich verrate dir nicht mehr, als dass ich absolut im Dunkeln tappe«, antwortete sie. »Jedenfalls macht es nicht den Eindruck, als ob ihr das Schmuckstück gehört. Erstens passt es nicht. Es ist viel zu eng. Entweder besaß sie das Fußkettchen schon lange und hat seitdem zugenommen, oder jemand hat es ihr geschenkt, ohne in Betracht zu ziehen oder einen Gedanken daran zu verschwenden, welche Größe sie brauchte. Um es klar zu sagen, ich glaube nicht, dass sie es selbst gekauft hat.«
»Erlaube mir eine sexistische Bemerkung«, erwiderte Benton. »Einem Mann wird dieser Fehler vermutlich eher unterlaufen als einer Frau. Wenn eine Frau Terri das Kettchen geschenkt hat, hätte sie gewusst, wie dick ihre Knöchel waren.«
»Oscar Bane ist natürlich ausgezeichnet über Kleinwüchsigkeit informiert«, sagte Scarpetta. »Außerdem ist er ausgesprochen körperbewusst. Und da er sie gut kennt, hätte er ihr sicher nicht das falsche Kettchen gekauft.«
»Und er streitet ab, es je zuvor gesehen zu haben.«
»Wenn die Person, die du liebst, dich nur einmal in der Woche zu einer festgelegten Uhrzeit an einem Ort ihrer Wahl treffen will, was würdest du dir dann nach einer Weile denken?«, fragte Scarpetta.
»Dass sie eine Affäre hat?«, entgegnete Benton.
»Und was deutet es an, dass ich mich nach dem Kettchen erkundigt habe?«
»Dass Oscar Bane mit dir nicht darüber gesprochen hat.« »Ich denke, er hat im Grunde seines Herzens befürchtet, einen Nebenbuhler zu haben«, fügte Scarpetta hinzu. »Doch wenn er sie zur Rede gestellt hätte, hätte er damit eine Kränkung riskiert, die zu viel für ihn gewesen wäre. Es kümmert mich nicht, wie entsetzt er war, als er ihre Leiche fand, falls es wirklich so gewesen ist. Er hätte das Fußkettchen bemerken müssen. Und dass er nicht darüber redet, verrät in meinen Augen viel mehr, als wenn er es getan hätte.«
»Er hatte Angst, es könnte ein Geschenk von einem Rivalen sein«, ergänzte Benton. »Und für uns ist die Frage, ob sie tatsächlich eine Affäre hatte, deshalb so wichtig, weil dieser Mann der Täter sein könnte.«
»Möglich.«
»Man könnte auch einwenden, dass Oscar Bane sie umgebracht hat, weil er hinter diese Affäre gekommen ist«, fuhr Benton fort.
»Hast du Grund zu der Annahme, dass sie ihm untreu war? «, hakte Scarpetta nach.
»Ich gehe einmal davon aus, dass du die Antwort auch nicht kennst. Aber wenn sie einen anderen Freund hatte und der ihr das Schmuckstück geschenkt hat, wäre es doch dumm von ihr gewesen, es zu tragen, obwohl sie Oscar erwartete.«
»Sie hätte ja behaupten können, es selbst gekauft zu haben.
Allerdings begreife ich ohnehin nicht, warum sie es getragen hat. Es war doch zu eng.«
Sie betrachtete das Foto von den Kleidungsstücken in der Badewanne, die aussahen, als hätte sie jemand hineingeworfen. Rosafarbene Pantoffeln, ein rosafarbener Bademantel, vom Kragen bis zu den Manschetten aufgeschlitzt, und ein roter Spitzen-BH, mit Vorderverschluss und durchgeschnittenen Trägern.
Scarpetta beugte sich über den Schreibtisch und reichte Benton das Foto.
»Wahrscheinlich waren ihre Hände bereits auf dem Rücken gefesselt, als der Täter ihr Bademantel und BH ausgezogen hat«, sagte sie. »Das würde erklären, warum die Träger durchgeschnitten und die Ärmel aufgeschlitzt sind.«
»Also hat der Täter sie rasch überwältigt«, ergänzte er. »Ein Blitzangriff. Völlig unerwartet. Entweder, als sie ihm die Tür aufgemacht hatte, oder, als er bereits in der Wohnung war. Er hat sie gefesselt, damit sie sich nicht wehren konnte. Und dann erst hat er ihr die Kleider ausgezogen.«
»Falls es ihm nur auf einen sexuellen Übergriff ankam, hätte er sie nicht ausziehen müssen. Er hätte nur ihren Bademantel zu öffnen brauchen.«
»Er wollte ihr Angst machen. Sie absolut beherrschen. Das alles passt zu einem Mord mit sadistischen und sexuellen Motiven, ist jedoch kein Hinweis darauf, ob Oscar Bane nun unser Täter ist oder nicht.«
»Und warum
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