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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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es.«
»Wirst du den ganzen Weg dorthin laufen, wenn ich dir zehn Francs gebe?«
Ein breites Grinsen erschien auf dem sommersprossigen Gesicht des Jungen, als er das Geld einsteckte.
»Mademoiselle, für zehn Francs werde ich fliegen!«
Ich war zu zerstreut, um sein Lächeln zu erwidern. Als er fort war, begann ich wie eine Verrückte in meiner Garderobe auf und ab zu gehen. Ich wollte Raouls Brief nicht öffnen. Ich war sicher, daß er nach dem unseligen Vorfall im Bois de Boulogne nur kalte Floskeln und sonst nichts enthalten würde, eine formelle Auflösung unserer Verlobung.
Würde er auf mein verzweifeltes Flehen hin kommen? Oder würde er, gewiß beleidigt und verletzt, den Brief einfach zerreißen?
Eine Stunde verging, und mit ihr das letzte Tageslicht. Von zunehmender Verzweiflung getrieben, lief ich zur großen Treppe, wo ich alle sehen konnte, die durch den Haupteingang hereinkamen oder hinausgingen.
Meine Uhr zeigte an, wie weitere zehn Minuten bleiern vergingen.
Er würde nicht kommen! Er hatte mich verlassen. Und wer konnte ihm das verdenken nach der Art, wie ich ihn in all diesen Wochen behandelt hatte? Wer konnte ihm einen Vorwurf daraus machen?
Die Tür schwang auf, und dann sah ich Raoul am Ende der Treppe stehen. Falls sein Verhalten kühl oder reserviert gewesen war, so änderte sich das schnell, als er den Gesichtsausdruck sah, mit dem ich auf ihn zulief.
»Christine! Mein Gott, was ist los? Was ist passiert, daß du so aussiehst?«
»Pssst! Nicht hier. Ich kann es dir hier nicht sagen, Raoul, es sind zu viele Leute in der Nähe. Wir müssen irgendwo hingehen, wo es still ist und wo wir allein sein können. Macht es dir etwas aus, viele Treppen zu steigen?«
»Natürlich nicht. Aber ich verstehe nicht . . . «
»Oh, Raoul, ich habe solche Angst.«
»Wenn er dir etwas angetan hat . . . «
»Nein, das ist es nicht. Aber ich kann es hier nicht erklären. Laß uns nach oben aufs Dach gehen. Da ist nach Einbruch der Dunkelheit nie jemand, und es ist der einzige Ort im ganzen Haus, wo du vor ihm sicher bist. Nein, warte! Wer ist dieser fremdländisch aussehende Mann auf der Treppe! Er hat mich beobachtet, da bin ich ganz sicher. Und er scheint dich zu kennen, er hat sich verbeugt.«
»Ich weiß nicht recht, wer er ist. Ein merkwürdiger Bursche. Er hat sich mir ein- oder zweimal genähert und mir ein paar sehr merkwürdige Fragen über dich gestellt. Es heißt, er sei ein Perser.«
»Nun, dann ignoriere ihn. Schau ihn nicht an. Tu so, als hättest du ihn nicht gesehen. Hör zu, ich kenne noch einen anderen Weg nach oben aufs Dach . . . «
    Das Letzte, was ich auf dieser windigen Zuflucht hoch über den Straßen zu hören erwartete, war der Klang ihrer Stimme, erwidert von seiner.
    Antwortest Du so auf die Gebete von Bittstellern, Gott? Ist das die Art, wie Du Reue lohnst und den verlorenen Sohn willkommen heißt?
    Ich bin gekommen, um Deine Stimme zu hören, und statt dessen narrst Du mich mit ihren Stimmen, um mir zu zeigen, daß es um meinetwillen kein göttliches Eingreifen gibt, keine Gnade, kein kleines Wunder. Meine infamen Verbrechen haben mich Deiner Vergebung unwürdig gemacht. Du wolltest nur Rache für die Jahre schändlicher Blasphemie!
Nun, jetzt hast Du Deine Rache gehabt. Bist Du zufrieden?
    Jetzt wußte ich alles. Die Bombe hatte genau getroffen und meine letzte schwache Hoffnung zerstört.
Ich hatte seine verzweifelten Fluchtpläne gehört und ihre müde Zustimmung. Ich hatte gesehen, wie er sich niederbeugte, um ihren lieblichen, ihm zugewandten Mund zu fordern. Heute nacht nach der Vorstellung wird er sie fortbringen, weit fort an einen Ort, wo ich sie niemals finden kann, wo sie anfangen kann, das zu vergessen, was er als ihre unerträgliche Bürde bezeichnet.
Eine unerträgliche Bürde . . .
Du hast mich den vollen Kreis durchmessen lassen, nicht wahr, Gott? Bis zu dem Augenblick vor vielen Jahren, in dem ich wußte, daß ich weglaufen mußte.
Nur ist diesmal sie diejenige, die fortlaufen wird, fortlaufen vor mir, als sei ich ein ekelhaftes Tier, auf dessen Anstand und Sitte man sich nicht verlassen kann. Oh, es war nicht der Kuß, der so unerträglich schmerzte, sondern der grausame Trick, mit dem sie ihre Freiheit gewinnen will. Sie hat versprochen, zu mir zurückzukommen. Sie hat es versprochen! Und sie hat gelogen. Das ist die letzte Qual . . . das Wissen, daß ihr nicht genug an mir liegt, um mich aus meinem Elend zu erlösen, daß sie es mir nicht einmal sagen wird. Sie

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