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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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sie sanft fort und zwang mich, ihn anzusehen.
»Du mußt dich der Wahrheit stellen, mein Liebling. Du kannst ihn nicht länger in diesen vier Wänden gefangenhalten. Ich habe genug gehört, um zu wissen, daß du ihn schon längst nicht mehr unter Kontrolle hast. Zu Recht oder Unrecht fürchtet das Dorf ihn, und so wird es überall sein, wohin du ihn zu bringen versuchst . . . Haß, Verfolgung, Gewalt. Diesmal war es der Hund, das nächste Mal könntest du es sein. Du mußt an deine eigene Sicherheit denken.«
Ich versuchte, mich von ihm abzuwenden, aber er hielt meinen Arm fest.
»Ich werde nicht danebenstehen und zusehen, wie du wegen einer gräßlichen Laune der Natur dein Leben wegwirfst. Es tut mir sehr leid für das Kind, aber es gibt nichts, was ich für Erik tun kann, außer, ihn dem Zugriff der Unwissenden zu entziehen.«
»Etienne . . . «
»Nein, hör mir zu! Laß mich alle Vorkehrungen treffen, und wenn es geschehen ist, werden wir von hier fortgehen, weit fort, wo niemand dich kennt, an einen Ort, wo du anfangen kannst zu vergessen. Ich liebe dich, Madeleine, und ich weiß, daß du mich liebst. Es gibt keinen Grund auf der Welt, warum wir nicht zusammen leben sollten, wenn du dich einmal von dieser untragbaren Last befreit hast.«
Mit einem benommenen Stöhnen bewegte sich Erik auf dem Sofa.
»Kann er uns hören?« fragte ich ängstlich.
»Das würde mich sehr wundern. Ich habe ihm genug Laudanum gegeben, um ihn für zwölf Stunden schlafen zu lassen.«
Trotzdem empfand ich Unbehagen. Ich nahm Etiennes Hut und Tasche, zog ihn hinaus in den Flur und schloß die Tür. Draußen gab ich ihm seine Sachen und bat ihn zu gehen.
»Madeleine«, seufzte er, »du hast kein Wort von dem gehört, was ich gesagt habe.«
»Doch, ich habe zugehört«, sagte ich traurig. »Ich habe zugehört, und ich habe verstanden – und ich habe einen Entschluß gefaßt. Wenn ich täte, was du vorgeschlagen hast, dann würde ich mich eines Tages selbst hassen, das weiß ich, und mit der Zeit würde ich anfangen, auch dich zu hassen. Geh fort aus Boscherville, Etienne, geh jetzt gleich und vergiß, daß du mich je gesehen hast. Das ist alles, was du für mich tun kannst, denn ich werde mein Kind nicht aufgeben. Nicht einmal für dich.«
Er sah mich verzweifelt an. Dann setzte er würdevoll seinen Hut auf und öffnete die Haustür.
»Ich gehe Ende des Monats nach Paris zurück«, sagte er fest. »Wenn du inzwischen deine Meinung änderst, weißt du, wo du mich finden kannst.«
»Ich werde meine Meinung nicht ändern.«
Er streckte die Hand aus und berührte sanft meine Wange.
»Nein«, sagte er traurig, »das weiß ich.«
Einen Moment sah er mich noch bedauernd an, dann ging er den Weg zwischen den schwankenden Buchen entlang und drehte sich nicht mehr um.
Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück und deckte Erik mit einer Decke zu. Er rührte sich nicht, und ich nahm an, er liege in tiefem Schlaf. Eine seltsame Ruhe überkam mich, als ich ihn betrachtete, ein eigenartiges Gefühl der Resignation. Zum ersten Mal seit seiner Geburt hatte ich das Gefühl, mit mir selbst im reinen zu sein.
Ich hatte nur dieses eine Kind, ein Kind, dessen Geist ich verzerrt und verrenkt hatte, dessen Zuneigung ich verschmäht und dessen Herz ich wiederholt gebrochen hatte. Aber ich wollte nicht, daß es starb, und ich wollte nicht, daß man es einsperrte.
Ich wollte es nicht, weil ich meinen Sohn liebte. Mehr als Etienne – und jetzt, endlich, mehr als mich selbst.
Als ich in meinem Zimmer in den Handspiegel schaute, sah ich nicht länger ein verwöhntes Kind, das verbittert über die Grausamkeit seines Schicksals nachgrübelt. Zum ersten Mal sah ich eine erwachsene Frau an ihrem richtigen Platz.
Es konnte nicht zu spät sein, um den Schaden gutzumachen, den ich angerichtet hatte. Ich würde nicht zulassen, daß es zu spät war. Morgen, in seinem Beisein, würde ich alle Masken einsammeln und ins Feuer werfen.
Die Sonne weckte mich, als sie wie ein warmes Streicheln mein Gesicht berührte.
    Abrupt setzte ich mich auf, schaute auf die Uhr und erkannte besorgt, daß es bereits später Vormittag war. Ich war lange nach Mitternacht ins Bett getaumelt und hatte fast zwölf Stunden wie eine Tote geschlafen. Ich legte mir ein Umschlagtuch um die Schultern und eilte nach unten ins Wohnzimmer, wo die schweren Vorhänge noch geschlossen waren.
    Selbst in dem dämmrigen Licht erkannte ich sofort, daß der Raum leer war.
»Erik?«
Meine Stimme hallte unheimlich wider in der

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