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Kaylee

Kaylee

Titel: Kaylee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Vincent
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Verstehst du das?”
    „Natürlich.” Red du nur.
    „Glaubst du, du besitzt besondere Fähigkeiten? Das Wetter zu beeinflussen, zum Beispiel?”
    Ich musste unfreiwillig loslachen. Wenn das ein Symptom für Geisteskrankheit war, hatte ich nichts zu befürchten. „Nein, ich glaube nicht, dass ich das Wetter beeinflussen kann. Oder dass ich fliegen oder die Laufbahn der Erde um die Sonne verändern könnte. Ich hab keine Superkräfte.”
    Dr. Nelson nickte und las weiter. „Hattest du je das Gefühl, dass jemand hinter dir her ist?”
    So langsam entspannte ich mich. „Na ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass mich meine Chemielehrerin hasst, aber sie hasst irgendwie jeden, also ist es wohl nichts Persönliches.”
    Mehr Notizen. „Hast du schon mal Stimmen gehört, die niemand anderes hören kann.”
    „Nein.” Das war leicht.
    Dr. Nelson kratzte sich mit seinen gepflegten Fingern an der Glatze. „Finden deine Freunde oder deine Familienmitglieder deine Bemerkungen manchmal sonderbar?”
    „Sie meinen, ob ich Dinge sage, die keinen Sinn ergeben?” Er nickte, schien meine Frage aber weniger lustig zu finden als ich seine. „Nur im Französischunterricht.”
    „Hast du schon mal Menschen oder Dinge gesehen, die niemand sonst sehen kann?”
    Mir stockte der Atem, und das Lächeln gefror mir im Gesicht.
    „Kaylee?”
    Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ignorierte die Angst, die mir die Kehle zuschnürte, die Erinnerung an den dunklen Nebel. „Hören Sie, wenn ich das jetzt ehrlich beantworte, wird das verrückt klingen. Aber allein die Tatsache, dass mir das bewusst ist, beweist doch, dass ich es nicht bin. Oder?”
    Dr. Nelson zog die grauen Augenbrauen nach oben. „ Verrückt ist keine Diagnose, und auch kein Begriff, den wir hier verwenden.”
    „Aber Sie wissen doch, was ich meine.”
    Ohne eine Antwort zu geben, lehnte er sich zurück. „Sprechen wir über deine Panikattacken. Was hat die Attacke im Einkaufszentrum ausgelöst?”
    Ich zögerte kurz. Die Lügerei brachte mich letztendlich auch nicht weiter. Obwohl mir keiner garantieren konnte, dass ich mit der Wahrheit weiterkommen würde.
    Somit schied die Antwort „nichts” wohl aus …
    „Ich habe einen Jungen im Rollstuhl gesehen und hatte das sichere Gefühl, dass er … sterben würde.”
    Dr. Nelsons Stift schwebte über dem Papier. „Wie bist du darauf gekommen, dass er sterben würde?”
    Schulterzuckend starrte ich auf meine Hände. „Ich weiß es nicht. Ich hatte einfach dieses wahnsinnig intensive Gefühl. Wie wenn man weiß, dass einen jemand anschaut. Oder hinter einem steht.”
    Einige Sekunden lang war nur das Kratzen des Stiftes auf Papier zu hören. Dann hob Dr. Nelson den Kopf. „Was war es denn, das niemand außer dir gesehen hat?”
    Womit wir wieder bei der ursprünglichen Frage wären. „Schatten.”
    „Du hast Schatten gesehen? Woher weißt du, dass sie niemand außer dir gesehen hat?”
    „Weil die Leute dann ganz bestimmt nicht mich angestarrt hätten.” Geschrei hin oder her. „Die Schatten, die ich meine, haben das Kind im Rollstuhl eingehüllt, aber niemand anderen berührt.” Nach und nach erzählte ich ihm auch den Rest. Von dem Nebel und den Dingen, die darin herumgewuselt und herumgekrochen sind.
    Mit dem Ergebnis, dass Dr. Nelson dieselbe mitleidige Miene aufsetzte, die ich während der zwei Tage in Lakeside schon so oft gesehen hatte. Er hielt mich für verrückt.
    „Was du mir da beschreibst, sind Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Wenn du also wirklich keine Drogen nimmst – und der Bluttest wird uns da Sicherheit bringen –, bleiben noch ein paar andere Erklärungen für die Symptome übrig …”
    „Was denn zum Beispiel?”, fragte ich erregt. Das Blut rauschte mir in den Ohren, und ich biss die Zähne so fest aufeinander, dass mir die Kiefer wehtaten.
    „Es ist noch zu früh, etwas zu sagen, aber …”
    „Sagen Sie es mir. Bitte! Wenn Sie schon behaupten, dass ich verrückt bin, dann will ich wenigstens wissen, was für eine Art von Verrücktheit es ist.”
    Seufzend klappte Dr. Nelson die Akte zu. „Deine Symptome könnten auf eine Depression hinweisen oder auf eine Angststörung …”
    Er verschwieg mir etwas, das war nur allzu deutlich. Mein Magen krampfte sich zusammen. „Was noch?”
    „Es könnte sich um eine Form der Schizophrenie handeln, aber es wäre wirklich voreilig, darüber zu reden. Erst machen wir noch ein paar Tests …”
    Den Rest des Satzes hörte ich

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