Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
Vom Netzwerk:
“Du musst mich nur aus diesem Ding herausschneiden. Den Rest kann ich selber.”
    Teela schnaubte. “Der Lord der Westmarsche ist ein Vollidiot”, murmelte sie leise, während die Knöpfe sich unter ihren schlanken Fingern zu öffnen begannen. “Ich nehme nicht an, dass er dir gesagt hat, dass jeder sonst davon für … ach … für immer beleidigt wäre?”
    “Nicht so richtig. Vielleicht hat er nicht daran gedacht.”
    Teela schnaubte wieder. Aber sie löste schnell die Knöpfe. Kaylin hatte das Gefühl, sie verkniff sich Ekel.
    Sie befreite ihre Schultern und Arme von dem Kleid, bis Kaylin genug Bewegungsfreiheit hatte, um sich umzudrehen. Ekel beschrieb Teelas Gesichtsaudruck nicht ausreichend. Aber in ihren Zügen stand noch mehr als Ekel geschrieben: Es war Teelas Art, sich zu sorgen. Sie blickte von dem Kleid auf – sie hielt einen kleinen Teil davon immer noch zwischen vorsichtig gespitzten Fingern – und betrachtete Kaylin.
    Ausgezogen konnte man die Zeichen auf ihren Armen sehen. “Sehen sie anders aus?”, fragte Kaylin und versuchte, gelassen zu klingen.
    Teela starrte sie einen Augenblick an. Ihre Brauen verbogen sich, als sie sich konzentrierte. Barrani hatten ein gutes Gedächtnis. Sie waren kein Archiv, aber sie waren das Nächstbeste. Falls man gerade keinen Drachen dabeihatte. “Nein”, sagte sie schließlich, “sie sind gleich.”
    “Nicht dunkler?”
    “Ich glaube, du bist blasser.”
    “Oh.” Kaylin trat aus ihren Röcken und gab dem Kleid einen halbherzigen Tritt. Die Seide fühlte sich an ihren nassen, nackten Füßen weich an. “Können wir das loswerden?”
    “Ich würde vorschlagen, es zu verbrennen. Aber nicht”, fuhr sie fort, “in diesem Raum. Wenn du hier ein Feuer entfachst – falls du es könntest –, wäre die halbe Halle außer sich.”
    “Warum?”
    “Das hier ist der Wasserraum”, antwortete Teela. “Oder war dir das nicht aufgefallen?”
    Alles, was Kaylin über Sarkasmus wusste, hatte sie bei den Falken gelernt, und Teela war die Beste unter ihnen. Sie beugte sich ihrer Überlegenheit und verkniff sich eine Antwort.
    Teela verdrehte die Augen und warf den Kopf zur Seite. Schwarz folgte mit perfektem Glanz. Es spiegelte etwas von dem Licht im Herzen des Wasserbeckens wider. “Ich könnte ein Bad gebrauchen”, sagte die Barranifalkin. Immer noch auf Elantranisch. “Ich schließe mich dir an, wenn du nichts dagegen hast. Falls du dann einschläfst und zu ertrinken drohst, kann ich dich rausziehen, ehe es jemand merkt.” Es war ihre Art, Trost zu spenden.
    Kaylin, die fast als Bettlerin geboren worden war, tat, was ihr im Blut lag: Sie nahm an, was man ihr bot. Sie zog den Rest ihrer Unterwäsche aus, pellte sie sich von der verschwitzten und klebrigen Haut. Diese Kleidungsstücke würde sie allerdings behalten, sie flicken und waschen. Immerhin hatte sie dafür bezahlt.
    Sie glitt ins Wasser und stellte überrascht fest, dass es tief war. Sie war schon bis zum Hals darin, als ihre Füße den Boden fanden. Etwas übermütig ließ sie sich in der Hitze treiben.
    “Komm an den Rand”, ermahnte Teela sie. Da sie Barrani und kompetent war, hatte sie sich in der Zeit, in der Kaylin sich ihrer Stofffetzen entledigt hatte, ihr viel eleganteres und kompliziertes Kleid ausgezogen.
    Kaylin schwamm an den Rand, bis sie Teela fast berühren konnte.
    “Hier sind ein paar Stufen. Setz dich hin.”
    Sie setzte sich langsam. Das Wasser stieg bis an ihren Hals, aber sie konnte besser kontrollieren, wohin sie trieb, und hielt sich am Rand von etwas, das sich wie ein Sitz anfühlte, fest.
    “Seife?”
    Teela schüttelte den Kopf. “Die wirst du hier nicht brauchen. Du musst nur … sitzen. Und den Mund halten”, fügte sie noch hinzu.
    “Worüber den Mund halten?”
    “Alles.”
    Kaylin war so lange stumm, wie sie dazu eben in der Lage war. Wegen der angenehmen Strömung im Wasser war das länger, als sie vorgehabt hatte. Als sie ihren Kopf zur Seite drehte, um Teela anzusehen, waren Teelas Augen geschlossen. Sie schien zu schlafen.
    “Teela …”
    “Welchen Teil von ‘Halt den Mund’ hast du nicht verstanden?”
    “Ich habe nur ein paar Fragen …”
    “Du hast
immer
ein paar Fragen. Und dann noch ein paar. Und dann noch ein Dutzend.”
    Das stimmte mehr oder weniger. “Du etwa nicht?”
    “Nein.”
    “Ich meine, wir sind in den Hohen Hallen …”
    “Das war mir schon aufgefallen, Kaylin.”
    “Ich meine, ich bin in den Hohen Hallen. Findest du nicht,

Weitere Kostenlose Bücher