Kaylin und das Geheimnis des Turms
nach unten fallen. “Du weißt nicht, wer du bist”, sagte er leise zu ihr und schob ihre Hände von sich. Die Blumen, die er in den Händen gehalten hatte, waren jetzt welk, aber ihr Duft füllte den Raum, als er sich erhob.
“Anteela”, sagte er.
Teela bot ihm eine
perfekte
Verbeugung. “Lord”, entgegnete sie.
“Wo sind meine Männer?”
“Sie hatten viel zu tun.”
Sein Blick wanderte durch den Raum. Falls er die Leiche auf dem Boden bemerkte, schien sie ihm keine Erwähnung wert.
“Mein Vater?”
“Er hält seinen Rat ab”, antwortete sie. Ihre Stimme war wie glatter Stahl. Ihre Augen waren blau. “Aber ich glaube, er wartet auf dich.”
“Tut er das?”
Sie sagte nichts. Überhaupt nichts.
“Ich werde meine Männer brauchen”, äußerte er schließlich. Auch seine Stimme klang kälter.
Kaylin zog sich zurück, fühlte Severns Brust an ihrem Rücken. Sie wich ihm nicht aus. Wollte es nicht einmal. Er war die einzige Wärme im Raum, und sie fühlte sich wie eine Motte, angezogen vom Licht.
“Du hast die Sterbliche hergebracht?”
“Sie ist meine
Kyuthe
. Sie hat ihre Hilfe angeboten, und ich habe sie in deinem Namen akzeptiert. Wenn ich dich damit verstimmt haben sollte, werde ich diese Last wohl tragen müssen.” Sie lehnte ihre Pike gegen die Wand.
“Ich habe noch nicht lange genug existiert, um des Lebens überdrüssig zu werden”, entgegnete er ernst. “Aber sie trägt das Zeichen des Ausgestoßenen, und ich glaube nicht, dass der Hof zu dieser Zeit für sie sicher ist. Geleite sie hinaus.”
Teela verbeugte sich erneut.
“Kaylin Neya”, sagte er, als Severn sich schon Teela und der Möglichkeit der Freiheit zuwendete, “
weißt
du, was das Wort
Kyuthe
bedeutet?”
“Es ist Hochbarrani”, sagte Kaylin. Was nicht richtig gelogen war.
Er hob eine Braue und sah Teela an. “Wie viel hast du ihr erklärt?”
Teela antwortete nicht.
Er wendete sich zu Kaylin um, und der Anflug eines Lächelns zeigt sich auf seinen Lippen. Allerdings nicht in seinen Augen. Sie waren dunkler geworden. “Du kannst mich nicht belügen”, sagte er leise, “nicht dort und nicht hier. Meine Base hat dich
Kyuthe
genannt.”
“Kaylin …”, setzte Teela an.
Der Lord der Westmarsche jedoch hob eine gebieterische Hand, und Teela, auch wenn sie ihr Kinn ein Stück hob, verstummte. Es war die Art von Stille, die einem Donner vorausgeht.
“Was du gesehen hast, kannst du nicht mit dir tragen und leben.”
Kaylin nickte. Severn spannte sich an.
“Aber was du gesehen hast, hast du verändert. Ich werde nicht fragen, wie. Es ist nicht wichtig.
Kyuthe
heißt auf Elantranisch ‘Blut meines Blutes’.” Er wartete, und als Kaylins Verwirrung offensichtlich wurde, runzelte er die Stirn. “Ich habe viel Zeit im Westen verbracht”, sagte er schließlich, “und ein wenig davon auch in der Gesellschaft von Sterblichen. Du kannst nicht zur Sippe gehören. Du bist nicht Barrani. Aber, Kaylin, was du gepflanzt hast, war eine Gabe, und nichts kann es ungeschehen machen. Was Teela dich in der Hast genannt hat, bist du auch in Wahrheit – aber du bist mein.
Kyuthe
.” Er schwieg einen Augenblick.
Es war Teela, die sprach, und sie klang ernst. “Es bedeutet”, sagte sie auf Elantranisch, “dass du erwählt bist – was auch immer diese Wahl beinhaltet –, zu meiner Sippe zu gehören. ‘Blut meines Blutes’ ist nicht ganz richtig, auch wenn es der wahren Bedeutung schon nahekommt. Du bist ‘Blut meiner Wahl’, das heißt, die Familie, die ich mir ausgesucht hätte, hätte mir diese Wahl gegeben.”
“Es ist mehr als das”, sagte der Lord der Westmarsche. Und auch er sprach Elantranisch. “Es ist eine Wahl, die
du
getroffen hast, Kaylin.”
“Aber ich …”
“Und unter den Barrani ist Unwissenheit keine Entschuldigung.” Dann stand er auf. Er wendete sich an die Männer, die Teela als die Ihren bezeichnet hatte. “Bringt mir den Wächter. Sofort.”
Sie nickten. Und verließen den Raum.
“Frag deinen Lord”, sprach er ruhig zu Kaylin. “Es wird ihm nicht gefallen, aber er kann es dir vielleicht auf eine Art erklären, die du verstehst.”
Kaylin nickte.
“Er meint Nightshade, nicht den Falkenlord”, sagte Teela und wendete sich dann an ihren Cousin. “Das war unklug.”
“Sie sind Dein. Wenn du sie nicht kontrollieren kannst, töte sie.”
“Von ihnen spreche ich nicht. Es liegt Magie in der Luft, eine Art, die ich nicht erlebt habe seit …” Sie blickte zu Kaylin
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