Kaylin und das Geheimnis des Turms
Büro begegnete, nachdem sie es an zwei Paar Wachen vorbeigeschafft hatte, war Teela. Fast bemerkte sie die Barrani nicht, aber so war es morgens immer, ihr Gehirn schien nicht wahrhaben zu wollen, dass der Rest des Körpers wach war, ehe es mindestens Zeit zum Mittagessen war.
Andellen und Samaran bemerkten es allerdings
für
sie. Sie bildeten eine Wand aus Metall zwischen Kaylin und ihrer Mitfalkin. Sie hätte die beiden treten können. Dachte sogar ernsthaft darüber nach. Aber einige Büroangestellte beobachteten sie bereits, und sie hasste es, jemandem dabei zu helfen, Geld zu verdienen, der sie nicht an der Wette beteiligt hatte.
Teela hatte sich leger gekleidet. Fast wie ein Falke. Nur ohne das Falkensymbol, der ihr Autorität verlieh. Ihr Haar fiel glatt von Kopf bis Hüfte, und sie trug eine breite Schärpe statt eines Gürtels. Sie trug keine sichtbaren Waffen. Das war allerdings kein Problem, sie brauchte keine. Selbst den Stab, den sie bevorzugte, brauchte sie im Kampf nicht unbedingt.
Sie betrachtete Kaylin geringschätzig. Ganz Teela. “Kaylin.” Sie verkürzte die beiden Silben zu etwas Abgehacktem.
“Wo ist Marcus?”
“Er ist beim Falkenlord.”
“Warum bist du hier?”
“Ich habe keinen Dienst. Ist das so wichtig?”
“Sag du es mir. Wo ist Tain?”
“In seinem Büro.”
Was normalerweise ein schlechtes Zeichen war, Tain mochte diesen Ort ungefähr so gerne wie Kaylin Magie. Oder noch weniger.
“Geht es um Hofsachen?”
Teelas Lächeln bestand nur aus Zähnen. Sie hätte Fangzähne haben sollen. “Ich reiche nur einen Bericht ein”, sagte sie zu Kaylin. “Jemand hat Letheblüten importiert.”
Kaylin sperrte langsam ihren Mund auf. “Hier?”
Teela fasste in ihren Beutel und zog die zerdrückte und offensichtlich weiße Blüte heraus. Lethe war tödlich, wenn die Dosis hoch genug war. Andererseits traf das auch auf Leontiner zu. Was Leontiner allerdings nicht konnten, war, langsam Gedächtnis und Identität zu zerstören. Oder schnell.
“Ich hole …”
“Nein. Wirst du nicht.”
“Aber Moran sollte …”
“Ich war bei Moran. Das Zeug ist heftig.”
“Das hat nichts mit den Feiertagen zu tun, richtig?”
“Du bist sowieso nicht im Dienst. Ich habe mich erkundigt”, erklärte Teela ungefragt, mit einem Anflug von etwas, das verdächtig nach Mitleid klang.
“Teela …”
Die Augen der Barrani waren so blau, dass sie schwarz wirkten. Kaylin trat einen Schritt zurück. Lethe wirkte auf Menschen nicht so gut wie auf Barrani, und aus Sicht der Barrani war es sowieso kein großes Verbrechen, einige Jahrzehnte Erinnerung auszulöschen.
Falkenaugen schmälerten sich. “Wurden die für den Lord der Westmarsche benutzt?”
Teelas Antwort war ein sehr bedeutungsschweres Nichts. “Du hast eine Besprechung”, fügte sie leise hinzu.
Kaylin sackte in sich zusammen. Alles in allem sah sie der zerdrückten Blüte sehr ähnlich. Sie drehte sich um und prallte gegen eine Rüstung, rieb sich die Nase und fluchte saftig auf Leontinisch. “Ihr zwei”, sagte sie, als sie wieder sprechen konnte, “müsst mir ein
wenig
Raum lassen, okay?”
Sie ließ ihre Wachen neben den Türen zum Westzimmer stehen, einen auf jeder Seite. Sie sahen aus, als wollten sie Einwände erheben, aber sie hob nur eine Hand und lächelte. “Drachenlord, okay?”, sagte sie mit ihrer fröhlichsten Stimme. Falls das nicht den gewünschten Effekt haben sollte, brachte es wenigstens Gehorsam.
Lord Sanabalis wartete, die Kerze auf dem Tisch zwischen seinen Händen. Seine Hände waren blass und von feinen Adern durchzogen, aber sie sahen nicht alt aus. Sie sahen, in Kaylins Augen, wie ganz normale Hände aus, die ihren Teil an Arbeit verrichtet hatten. Andererseits hatte Kaylin in ihrer Zeit bei den Falken viele Soldaten getroffen, und sie hatten alle ähnliche Hände gehabt. Ehrlich Arbeit war eine Frage des Blickwinkels.
Der Drachenlord neigte seinen Kopf, als sie das Zimmer betrat und sich setzte. “Gefreite”, begrüßte er sie leise.
“Lord Sanabalis.” Sie blieb genauso formell wie er, und erst als sie ihm in die Augen sah – seine matten, orangefarbenen Augen –, merkte sie, wie falsch es klang.
“Was”, fragte er sie, die Augen noch eine Spur dunkler, “ist die Form von Feuer?”
Und sie dachte an Lord Evarrims Roben im Sonnenlicht. An die Farbe von Drachenaugen. “Ich weiß es nicht.”
“Zünde die Kerze an, Kaylin.”
Sie seufzte und zwang sich, sich auf das zu
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