Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
Vom Netzwerk:
und da ein Toter, wenn dessen Geschmack ins Sadistische lief.
    Ein Sündenpfuhl wie aus dem Bilderbuch. Die Kolonien verdienten ihr Geld an denen, die nicht einmal im Traum daran denken würden, innerhalb ihrer Grenzen zu leben.
    Und die Koloniallords herrschten. Sie hatten ihre eigenen Gesetze, ihre eigenen Armeen, ihre eigenen Untergebenen – es fehlte nicht viel zum offenen Krieg. Doch ein Krieg innerhalb der Stadtmauern würde ihnen doch die Armee des Kaisers auf den Hals hetzen. Das begriffen sie alle, und es war vielleicht das Einzige, was die Koloniallords im Zaum hielt. Aber Kaylins Erfahrung nach war das lange nicht genug. Menschen lebten und starben nach den Launen ihrer Lords. Geld regierte die Kolonien, Geld und Macht.
    Doch die Menschen, die dort lebten, die in den alten Gebäuden lebten, den verfallenen Mietskasernen, den kleinen, armseligen Häusern, hatten keins von beidem. Sie rafften zusammen, was sie konnten, und sie träumten von einer Zeit, in der sie die Grenzen überschreiten durften, die eine Stadt von der anderen trennte, in der sie ihre Freiheit und Sicherheit in den Straßen dahinter suchen konnten.
    Sie könnten genauso gut in einem fernen Land leben.
    “Kaylin?” Blechern hörte sie die Stimme von Tiamaris, der Bedrohung und Erhabenheit der natürlichen Stimme der Drachen beraubt.
    “Kannst du es sehen?”
    Stille. Ein Herzschlag. “Nein”, sagte er ruhig. “Der Stein ist, wie du schon gesagt hast, auf dich eingestimmt. Und es scheint, dass du unsere Untersuchungen leiten sollst.” Er klang nicht begeistert, und sie wusste, dass es kleinlich von ihr war, sich einen Augenblick lang darüber zu freuen.
    Aber ihre Zufriedenheit war nicht von Dauer. Der Blick im Kristall senkte sich und drehte ab. Der Himmel sauste vorbei. Clint hatte sie einmal mit in die Luft genommen. Sie war erst ein paar Wochen bei den Falken gewesen, und der Hunger, unter dem die meisten Kinder in den Kolonien litten, hatte sie dürr werden lassen. Er hatte sie unter den Armen gefasst, und sie hatte sich, fest entschlossen, mit ihm zu fliegen, an ihn geklammert.
    Aber dann hatte der Abstand von Clint zum Erdboden sie überwältigt. Sie konnte nicht aufnehmen, was sie sah, sie konnte nichts tun außer die Augen schließen und zittern. Der Wind im Gesicht, den sie auch jetzt spürte, erinnerte sie daran, was sie nicht war: Aerianer, bestimmt, am Himmel zu fliegen.
    Aber Clint hatte sie festgehalten, und seine Stimme in ihrem Ohr war ihr Anker gewesen. Es war ihm gelungen, langsam ein Gefühl der Sicherheit aus ihrer Angst zu necken, aus ihrer Starre, und schließlich musste sie doch die Augen öffnen und sich umsehen. Er nahm sie mit nach Hause, in die Höhen der Falkenhorste, auf den Klippen, die an der Südgrenze der Stadt lagen.
    Sein Zuhause war nicht wie das Zuhause, vor dem sie geflohen war.
    Nicht wie das Zuhause, zu dem der Blick des Kristalls sie zurückbrachte.
    Die erste Kolonie zog unter ihrem Schatten vorbei. Sie sah das höchste der Gebäude darin und sah den Galgen und den an einer Kette baumelnden Käfig daneben. Beide waren besetzt. Hier hatte jemand die Bediensteten des Koloniallords verärgert, und das sollten alle wissen. Der Insasse des Käfigs – Mann? Frau? Sie konnte es aus der Entfernung nicht sagen – war offensichtlich noch am Leben.
    Der Reisende hielt hier nicht inne, er beobachtete nur.
    Aus der Ferne war sie versucht, das Gleiche zu tun. Aber sie hatte diese Käfige schon vom Boden aus gesehen, hatte zugesehen, wie ein Freund in einem gestorben war, hatte eines Tages herausgefunden, was es bedeutete, vollkommen machtlos zu sein.
    Sie kämpfte gegen den Kristall, aber sie wurde übermannt. Die Falken – ihr Platz bei den Falken – hatten ihr vorgegaukelt, Macht zu haben. Und der Falkenlord würde sie ihr nehmen, ehe er sie gehen ließ. Um sie daran zu erinnern – wie sie sich selbst nicht hatte eingestehen wollen –, dass sie immer noch machtlos war, immer noch jung.
    Dies ist der Bereich des Koloniallords Nightshade, ein ausgestoßener Barrani
, sagte seine Stimme.
Natürlich kennen wir seinen wahren Namen nicht. Er wird von einer Magie verborgen, die weit stärker ist als jene, die wir selbst gefahrlos nutzen können. Nicht einmal die Kastenlords der Barrani wagen es, Nightshade in seinem eigenen Reich anzugreifen.
    Sie schloss die Augen. Es half nichts.
    Du kennst diese Kolonie.
    Sie kannte sie. Severn kannte sie. Sie hatten in ihren Straßen gelebt, und sie wären dort fast

Weitere Kostenlose Bücher