Kaylin und das Reich des Schattens
verwetten – tot.”
“Tiamaris?”
“Nichts von ihrem Werk oder ihren Körpern ist mehr übrig”, antwortete der Drache.
“Du bist dir dessen sicher?”
“Ich bin mir sicher.”
“Dreizehn”, sagte Diarmat, die Stimme so sanft wie die von Sanabalis. “Bist du
sicher
, dass das Mädchen sich nicht irrt?”
“Ich habe einen von ihnen verschlungen”, antwortete Tiamaris. Bei jedem anderen Falken hätte Kaylin geschworen, dass er Witze machte.
Aber die Reaktion der anderen drei Drachen machte es sehr deutlich, dass sie ihn beim Wort nahmen, und auch wenn sie ernst aussahen, waren sie zufrieden. Daraufhin fragte sie sich, was er ihnen über sie selbst sagen könnte, wenn er sie gefressen hätte. Was noch dümmer war als ihre normalen Gedankengänge.
Lord Diarmat verbeugte sich. “Lord Tiamaris”, sagte er leise, “wir erwarten Euch vor Sonnenuntergang in der Gegenwart des Kaisers. Ihr seid verletzt. Seht zu, dass man sich um die Verletzungen kümmert.”
Schön, dass euch das auch endlich auffällt
, dachte Kaylin sauer.
Die einzige Person im Raum, die sie hören konnte, schenkte ihr ein schwaches Lächeln, und zum ersten Mal im Leben kam es Kaylin nicht unerhört vor, dass jemand ihre Gedanken hinter geschlossenen Lippen hervorholen konnte, ohne dass sie sich wehren konnte. Sie sah Ybelline kurz in die Augen und lächelte tatsächlich ebenfalls.
“Kaylin Neya, es ist dir verboten, mit irgendwem darüber zu sprechen”, sagte Lord Diarmat noch.
“Ähmmm.”
Marcus schloss tatsächlich die Augen. “Kaylin …”
“Zählt Lord Evarrim?”
17. KAPITEL
A nscheinend zählte Lord Evarrim wirklich.
Marcus sorgte allerdings dafür, dass die Drachen es nicht an ihr ausließen – jedenfalls nicht sofort. Er blickte zu Severn. “Handred, zu den Sanitätern. Sofort.”
Severns Zögern zeigte sich nicht durch nervöse Bewegungen. Er stand einfach da und wartete ab.
Wartete, wie Kaylin verspätet klar wurde, auf sie. “Ich sorge dafür, dass er sofort hinkommt”, sagte sie, legte eine Hand in sein Kreuz und versuchte, ihn unmerklich anzuschieben. “Und wir bringen Catti zu Marrin zurück.”
“Nein”, sagte Lord Sanabalis, “das werdet ihr nicht.”
Die Haare in Kaylins Nacken stellten sich auf. Es wäre offensichtlicher gewesen, wenn Marcus’ Fell ihr nicht zuvorgekommen wäre. Die weiß-goldene Unterseite des Fells, nahe an seiner Haut, war sichtbar. Genau wie seine Zähne. Seine schwarzen Lippen waren darüber zurückgezogen.
“Wäre der gegenwärtige Kaiser sich seines Amtes nicht so sicher, wäre es sehr wahrscheinlich, dass er den Tod des Kindes befehlen würde.”
“Kaylin”
, sagte der Falkenlord,
“Hauptmann Kassan.”
Er wendete sich an Lord Diarmat. “Ich bitte um Entschuldigung, Lord Diarmat, Lord Sanabalis. Eure Absichten sind nicht ganz nachzuvollziehen, und die beiden sind immer noch Falken.”
“Der Befehl des Kaisers bedarf keiner Erklärung.” Lord Diarmat hatte sich zu voller Größe aufgerichtet, während er die Worte ausspie.
“Nein”, sagte Lord Grammayre, “das nicht. Man muss den kaiserlichen Befehl allerdings auch nicht einfach bereitwillig hinnehmen.”
Sanabalis war es, der einlenkte. Ein wenig. “Das Kind liegt dir am Herzen, Kaylin Neya. Das wird aus deiner und Ybellines Reaktion mehr als deutlich. Deutlich ist auch, dass du ihr ebenfalls am Herzen liegst, und wir vertrauen darauf, dass du ihr beibringen kannst, warum sie – noch – nicht bereit ist, nach Hause zurückzukehren.
Dort ist sie nicht sicher”, fügte er hinzu. “Und solange wir nicht eine ganze Truppe Drachen in die Hallen entsenden,
kann
sie dort nicht sicher sein, und sollten die Drachen gezwungen werden, zu handeln – wie Tiamaris es getan hat – dann werden es die anderen Kinder aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überleben.”
“Aber was wollt Ihr – was habt Ihr –”
“Ich gebe dir mein Wort”, sagte er ernst, und sie
wusste
, was das einem Drachen bedeutete, “dass ihr kein Leid geschehen wird. Der Schutz, der ihr in den sicheren Mauern der Findelhallen nicht gewährt werden kann,
wird
ihr im Kaiserpalast verschafft werden.”
“Ihr werdet sie nicht den kaiserlichen Magiern übergeben?”
“Nein. Sie werden sie vielleicht untersuchen, aber ich werde bei allen Untersuchungen anwesend sein, und da wir die Aussage der Tha’alani bereits haben, können sie sowieso nur noch begrenzte weitere Informationen sammeln. Es wird ihnen nicht gestattet, sie mit
Weitere Kostenlose Bücher