Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
Vom Netzwerk:
unterscheiden konnte. Bei den Falken gaben sie sich Mühe – das wusste sie zu Zeiten wie diesen besonders zu schätzen – ihren Kameraden zu helfen, sie zu unterscheiden.
    Aber dieser Barrani – er gehörte der höchsten Kaste an. Kaylin war sich sicher. Er war nicht der Kastenlord, in dem Fall würde selbst Teela sich widerwillig verbeugen und ihm bedingungslos gehorchen. Aber er war wichtig genug. Sein Haar war lang, dunkel und fein, und es reichte ihm bis unter die Schultern. Auf seiner Stirn lag ein dünnes Platindiadem, in dessen Mitte ein Rubin wie vom Sonnenlicht gefangen prangte. Er trug rote Roben mit smaragdgrünen Säumen und Stiefel in der gleichen Farbe. Seine Haut war blass und vollkommen makellos.
    Und seine Augen waren blau, leuchtend, perfekt, als sie seinem Blick begegnete.
    Seine Augenbrauen allerdings hoben sich, als er sie anstarrte, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich kaum merklich – er war überrascht. Fast sogar schockiert.
    “Was hat das zu bedeuten, Anteela?”, fragte er und bedachte sie mit keinem Blick. Sein Blick haftete auf Kaylin, die sich darin gefangen fühlte.
    “Sie ist ein Falke”, antwortete Teela ruhig und ohne ihre Keule auch nur einen Zentimeter zu bewegen, “im Dienste des Lord Grammayre.” Sie hätte sich die Worte auch sparen können, so viel Beachtung, wie er ihnen schenkte.
    “Du”, sagte er mit kalter und abweisender Stimme und statt in Hochbarrani in Barrani seiner gewöhnlichsten Variante. Sie bezweifelte, dass er sich je dazu herabließ, in einer sterblichen Sprache zu sprechen. Und sie zweifelte auch nicht einen Augenblick daran, dass er sie alle kannte. “Was trägst du da?”
    Und da verstand Kaylin. Sie sagte nichts.
    “Lord Evarrim”, setzte Teela an.
    Aber der Lord interessierte sich nicht für Teela. Er trat vor und blieb erst stehen, als seine Roben den Rand der Keule berührten. “Wagt es nicht”, sagte er zu Teela, “mich zu bedrohen.”
    “Ich hatte keine Drohung im Sinn”, entgegnete Teela gelassen.
    “Tretet zur Seite.”
    “Ich habe meine Pflichten.”
    “Und ich meine.” Dann streckte er die Hand aus, ebenso schnell wie Teela mit ihrer Keule gewesen war, und berührte Kaylins Wange. Zumindest versuchte er das.
    Ein Blitz zuckte wie magisches Feuer unter den hohen Decken der Vereinigung der Kaufleute auf.

10. KAPITEL
    L ord Evarrim gab keinen Laut von sich, aber Kaylin konnte die Brandblasen sehen, die seine perfekte schlanke Hand verschandelten. Er zog seine Hand langsam zurück, als würden das Feuer und seine Auswirkungen ihm nichts ausmachen. So war das bei den Barrani. Schwächen hatte man zu entsagen. Der Tod war einfacher.
    Sie schüttelte sich. Sie
dachte
schon auf Hochbarrani, und das verursachte bei ihr normalerweise einen Kopfschmerz, der nur von dem in den Schatten gestellt wurde, der einer Nacht in den Bars mit Tain und Teela folgte. Die beide zum Glück fast nie Barrani sprachen, schon gar nicht die höfische Variante. Sie fragte sich, warum. Nein, doch nicht. Sie würde sich erst fragen, wenn sie wieder in Sicherheit war.
    Sie hatte schon vorher gedacht, dass Lord Evarrims ganze Aufmerksamkeit ihr selbst galt, aber sie hatte sich geirrt. Wie sehr sie sich geirrt hatte, wurde deutlich, als er so nahe kam, wie Teela es gestattete, seine Augen hell, scharf und hart wie die Ränder von geschliffenen Saphiren. Manchmal konnte Schönheit bewundert und geschätzt werden, manchmal begehrt. Und manchmal konnte man sie nur noch fürchten.
    Aber Kaylin Neya war ein
Falke.
Sie blieb standhaft.
    Ihre Wange fühlte sich nicht einmal warm an.
    “Wer bist du?”, fragte er. Der höfische Tonfall fiel von seiner Stimme ab wie eine Maske. Was blieb, war der Tod.
    “Gefreite Kaylin Neya, von den Falken, unter dem Kommando von Lord Grammayre, Lord der Falken.” Sie beschloss, sich hinter Formalitäten zu verstecken, aber sie ging auch auf Nummer sicher und antwortete auf Barrani. Dass die Worte auch noch wahr waren, war nur ein Bonus.
    “Es ist mir eine Freude, deine Bekanntschaft zu machen”, sagte er leise. Barrani-Floskeln. Sie fragte sich, ob er bewaffnet war. “Und ist das dein einziger Name?”
    “Ja.”
    “Ich … verstehe. Das Zeichen auf deiner Wange interessiert mich, Kind.”
    So viel zu höflich und Barrani. Sie wechselte zu Elantranisch und blieb dabei. “
Kind
nennt man mich übrigens schon lange nicht mehr.”
    “Deiner Einschätzung nach nicht, nein.” Sein Lächeln war schmal, wie die Klinge eines

Weitere Kostenlose Bücher