Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
Vom Netzwerk:
trat.
    Severn, hier.
    Nicht
hier
.
Nicht hier.
    Er sah es einen Augenblick zu spät kommen und flog rückwärts aus der Tür, als sie sich auf ihn warf, die Dolche wie in ihre Hände geschmiedet. Sie schrie etwas, aber die Worte waren so roh, dass es sie vielleicht gar nicht gäbe, hätte sie nicht gewusst, was sie waren, was sie sein
mussten
.
    Sie hatte sich ihm nie gestellt.
    Sie hatte sich nie an ihm gerächt.
    Und sie würde nicht zulassen, dass er diese Kinder anfasste, diesen Zufluchtsort, diesen kleinen Schutzraum, der ihrem Leben etwas Sinn gegeben hatte.
    In ihrer Wut brüllte sie auf Leontinisch. Die Kinder mussten geflohen sein, denn von ihnen war keine Spur. Sie wollte sie auch nicht hier haben, sie wollte nicht, dass Severn sie sah. Oder ihre Namen erfuhr.
    Sie würde ihn zuerst umbringen.
Musste
ihn zuerst umbringen.
    Sie wusste, was folgen würde, wenn sie versagte.
    Beim zweiten Mal war er auf sie vorbereitet, auch wenn sie ihm keine Gelegenheit gab, seine Kette zu ziehen und sich damit zu bewaffnen. Er hatte stattdessen seine Keule, und die war eine armselige Waffe. Sie hatte ihn kämpfen sehen. Sie hatte ihn absichtlich beobachtet.
    Und er hatte sie kämpfen sehen, jedenfalls glaubte er das. Sie würde ihm zeigen, wie sehr er sich damit irrte.
    Sie griff an, die Dolche gezogen, und änderte im letzten Augenblick die Richtung. Sie erhob sich in die Luft und rammte mit den Füßen gegen seine Brust. Clint hatte ihr das beigebracht, es war ein Manöver der Aerianer. Und wenn es ihr auch an Stoßkraft fehlte, die dem Angriff die meiste Stärke gab, er hatte doch den gewünschten Effekt. Severn stolperte rückwärts, die breite Treppe hinunter, und kämpfte um sein Gleichgewicht.
    Er sprach nicht. Er versuchte nicht, mit ihr zu reden. Er verteidigte sich nur.
    “Kämpfe!”, brüllte sie ihn an, jahrelang angestaute Wut in ihrer Stimme.
    Er zog sich zurück, sie folgte.
    Verwundete ihn, als sie ihn eingeholt hatte.
    Verwundete ihn wieder, als er rückwärts aus der Tür stolperte.
    Sie sah Amos und flog an ihm vorbei, als hätte sie Flügel. Er war blass, und der Mund stand ihm offen.
    Sie musste Severn umbringen. Sie
musste
. Weil es sonst wieder anfangen würde, hier, und das würde sie umbringen. Aber nicht nur sie würde sterben, und sie hatte Eide abgelegt, nur für sich, und doch so schwerwiegend, dass so etwas
nie wieder
passieren würde.
    Die Treppen zur Findelhalle lösten sich unter ihren Füßen auf, die Tore rauschten an ihr vorbei, sie war in Bewegung, und Severn ebenfalls. Würde es aber nicht mehr sein, wenn sie die Zeit fand, ihre Armschiene abzunehmen.
    Dann war er tot.
    Aber sie hatte die Zeit nicht. Sie versuchte es nur einmal, und er brach ihr fast das Handgelenk mit einem kurzen Tritt, der ihre Hand betäubte und sie einen ihrer Dolche fallen ließ.
    Sie bemerkte den Schmerz nicht einmal. Sie wirbelte auf einem Fuß herum und deutete einen Tritt an, ehe sie ihn voll in die Schulter traf. Der Dolch wurde ihr aus der Hand gerissen, als er zurückzuckte.
    Sie musste ihn aufhalten. Sie schrie jetzt, in ihrer Dringlichkeit ohne jeden Zusammenhang. Aber er verstand sie, und er war der Einzige, der es musste.
    Er musste jetzt in die Offensive gehen, und sie spürte eine heiße Befriedigung, als er seine Keule schwang. Er deutete einen tiefen Schlag an und verpasste nur knapp ihren Kiefer, als sie zurückhechtete. Es war ein akrobatischer Sprung, den Teela ihr beigebracht hatte. Teela fand es immer wichtig, zu wissen, wie man sich rechtzeitig aus der Angriffslinie zurückzog.
    Sie hörte Rufe und sah, wie Leute zur Seite flohen, als Severn seine Keule zur Seite schleuderte und sein Schwert zog. Der Dolch steckte immer noch in seiner Schulter, und unter seinem Knauf quoll Blut hervor. Er war langsamer, als er normalerweise wäre, aber es war nur eine Fleischwunde, und er hatte wahrscheinlich schon Schlimmeres durchgestanden.
    Dann sprang sie auf. Das Schwert glitt unter ihr durch, als sie zutrat. Er fiel, und sie sprang über ihn hinweg, gerade außerhalb der Reichweite der ungelenken Kurve, die sein Schwert beschrieb. Er zerschnitt ihre Tunika. Sie lachte.
    “Du bist langsam!”, rief sie.
    “Und du redest zu viel”, sagte er. Er war neben ihr, er blutete, und sein Schwert war auf einer Höhe mit ihren Schultern. Sie beugte sich zurück, es flog über ihr hinweg, nur eine Handbreit von ihrem gebogenen Oberkörper entfernt. Sie konnte sehen, wie sich Licht und Schatten in der Schneide

Weitere Kostenlose Bücher