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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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ihre Schenkel brannten, aber sie ignorierte es einfach.
    Sie musste das Zimmer selbst sehen. Weil sie wusste, dass Marrin dort war und versuchte, eine Spur zu erschnüffeln.
    Aber als sie an den offenen Türen zu Cattis Zimmer ankam, waren sie verstopft von Waisenkindern, und sie musste scharf abbremsen, um nicht mit ihnen zusammenzustoßen oder durch sie hindurchzupreschen.
    Dock hatte die Augen weit aufgesperrt. “Kaylin!”, rief er, als wäre sie eine kleine Gottheit.
    Sie packte ihn an den Schultern. “Sag mir, was passiert ist”, bat sie ihn. Es brauchte Zeit und Mühe, aber den Preis war sie bereit zu bezahlen.
    “Ich war in meinem Zimmer.” Sie fragte ihn nicht, warum. Er war in einem Alter, in dem er sehr viel von seinem Zimmer sah. “Ich habe ein Geräusch gehört”, sagte er weiter. “Es klang wie – als würde etwas zerbrechen. Und dann habe ich Catti schreien gehört.” Er hielt einen Kerzenleuchter in der Hand, und Kaylin wurde klar, dass er als Waffe gedacht war, seine einzige. Sie hätte ihm deswegen einen Vortrag halten können, aber das hatte keinen Sinn. Sie konnte nichts tun, damit er sich nicht noch schlechter fühlte, und sie hatte nicht das Herz, ihn nur deswegen anzuschreien, weil er versuchen wollte, Catti zu retten.
    In den Kolonien hatten sie kleine Keulen benutzt, wenn sie sie finden konnten – und ein Kerzenhalter war genauso gut wie jede andere Keule, nur teurer.
    “Was ist passiert?”
    “Ich bin in ihr Zimmer gerannt. Das Geräusch kam aus dem Zimmer – und – und da war Feuer. Unter der Tür. Ich konnte die Tür nicht aufmachen – sie hat geklemmt.” Es gab keine Schlösser an den Türen der Findelhallen. Keine, von denen Kaylin wusste.
    “Ich bin zu Marrin gerannt”, sagte er. “Ich bin gerannt –”
    “Du hast das Richtige getan”, versicherte sie ihm.
    “Marrin hat die Tür
eingetreten
.” Er zuckte zusammen. “Aber Catti –”
    “Ich werde mir das Zimmer jetzt ansehen, wenn du mich vorbeilässt.”
    Er sah sie überrascht an und nickte dann. Er schob einen anderen Jungen zur Seite, und sie machten Platz, damit sie vorbeikonnte. “Marrin ist sauer”, sagte er noch leise.
    Das konnte Kaylin selber sehen, aber es dauerte einen Augenblick.
    Zuerst sah sie das Zimmer. Die Fenster waren zerschmettert; überall lagen Glasscherben auf dem Boden. Das Zimmer war wirklich schwarz, als wäre in der Mitte plötzlich ein Feuer ausgebrochen. Das Bettzeug rauchte noch. Aber nichts von diesen Dingen war von Bedeutung.
    Auf dem Boden, in einem Kreis, der vom Fenster bis an die Tür reichte – es war immerhin ein Findelkindzimmer, und kein großes – waren Symbole, die sie halb erkannte. Verschnörkelte, runde Symbole. Sie wurde blass.
    Marrin stand in der Mitte des Kreises.
    “Hier”, knurrte sie, als Kaylin das Zimmer betrat. “Der Duft endet hier.” Sie sprach Leontinisch, und Kaylin bat nicht nach etwas anderem.
    Aber sie schüttelte den Kopf. Marrin mochte vor Wut kochen, aber Kaylin fühlte etwas ganz anderes. Sie schlenderte in das Zimmer und beugte sich hinab, um den Kreis zu untersuchen, wie sie es gelernt hatte. Sie fasste ihn nicht an. Aber sie hätte Marrin befehlen sollen, das Zimmer zu verlassen und selbst nichts weiter anzufassen. Sie hätte tun müssen, was man ihr befohlen hatte, und die Falken rufen.
    Sie konnte nicht. Sie konnte kaum denken. “Nicht hier”, flüsterte sie wieder und wieder. “Nicht hier auch noch. Nicht
hier
.”
    Marrins Wut nahm ab, als sie auf Kaylin zuging.
    “Wo ist Catti?”, fragte sie, ohne anzuklagen. “Kaylin?”
    Kaylin schüttelte den Kopf. Nein, sie schüttelte sich nur. Ihre Hände öffneten und schlossen sich wie von selbst zu Fäusten, ihre Schiene fühlte sich warm und eng an.
    “Nicht hier auch noch.”
    Die Kolonien kamen mit Gewalt zu ihr zurück. Dieses kleine Zimmer? Hätte ihres sein können. Aber es wäre nicht nur ihres gewesen. Es wäre ein Zimmer gewesen, das sie sich mit Steffi und Jade und Severn teilte.
    Oh, die Namen – sie hatte sie nicht gedacht, hatte es nicht ertragen können – jahrelang. Sie war darüber hinweggekommen, hatte härter daran gearbeitet als je an etwas zuvor. Die Tha’alani mochten sich wie Blutegel an ihre Gedanken gehängt und sie aus ihr gesaugt haben, während sie sich dagegen wehrte. Aber sie hatten sie nicht verlassen.
    Ihre Toten.
    Ihr Versagen.
    “Kaylin – was –”
    Und
diese
Stimme. Sie drehte sich noch in der Hocke um, als Severn durch die Tür

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