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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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auch da, und ich war ruhiger. Ich habe ihr gesagt, sie soll sich zwischen Severn und mich stellen. Ich habe gesagt, sie soll nicht schreien, nicht so nah an den Wilden. Ich kann ihren Atem immer noch riechen.”
    “Und dann?”
    “Er hat den Alpha verwundet. Er hat zugetreten. Der Alpha hat sich zurückgezogen, und wenn sonst niemand auf der Straße gewesen wäre, hätte es böse geendet. Aber da
war
noch jemand – der Mann, der Jade gejagt hatte. Den haben sie stattdessen gefressen.
    Jade wollte nicht darüber reden. Wir haben sie nicht gezwungen. Wir haben sie nur an den Armen gepackt und sind losgerannt. Der Mann war dumm. Vielleicht war er betrunken. Er hat viel geschrien und so den Rest des Rudels auf sich gelenkt. Wir haben es nach Hause zu Steffi geschafft. Sie hat einfach auf uns gewartet, ganz weiß im Gesicht. Sie hatte vom Fenster aus zugesehen. Und alles ignoriert, was Severn ihr gesagt hatte. Ich hätte es genauso gemacht.
    Dieses Mal hatte Severn nichts einzuwenden, als ich ihn gefragt habe, ob wir das Kind behalten können, bis wir dafür einen anderen Platz gefunden haben. Er hat gesagt ‘Wirklich nur, bis wir etwas anderes für sie finden’. Aber er wusste, was das hieß. Steffi wusste es auch. Sie nahm Jade an die Hand und fragte nach ihrem Namen. Jade hat geantwortet.” Sie schüttelte sich. “Ich war neun”, sagte sie dem Falkenlord. “Ich hatte einen Stock. Ich nannte ihn eine Keule. Severn hatte zwei und einen Dolch. Er hat versucht, mir beizubringen, wie man sie benutzt, und ich habe mir wirklich Mühe gegeben, es nicht zu lernen.
    Aber nach dieser Nacht lernte ich es. Jade blutete von der Schulter bis zum Handgelenk, aber sie … sie schrie nicht. Sie lächelte fast. Steffi fragte sie, wer der Mann war – Steffi war nicht einmal dabei gewesen, aber sie hatte alles von dem kleinen Fenster aus gesehen – und Severn hat ihr befohlen, den Mund zu halten. Er hat Jade nie gefragt. Und deshalb habe ich es auch nicht getan.
    Aber Jade hat danach die Wilden nie so gehasst wie wir anderen.”
    “Jade war sieben?”
    “Sieben und ein bisschen. Ihre Mutter war tot, hat sie gesagt. Severn hat ihr nicht geglaubt.”
    “Hat er das gesagt?”
    “Nein. Aber ich kannte Severn. Er ließ sie lügen. Steffi war irgendwie froh, dass Jade da war, weil das hieß, dass Steffi nicht mehr das Baby war.” Kaylin konnte sich nicht helfen, sie musste bei der Erinnerung daran lächeln. “Jade war stinksauer, Baby genannt zu werden, aber ihre Wut war eher schmollend, und es war schwer, Steffi auf Dauer zu hassen.
    Wir haben es durch den Winter geschafft. Steffi und Jade haben zusammen geschlafen. Ich habe manchmal bei ihnen gelegen, und manchmal bei Severn. Es war nicht –” Sie wurde rot. “Wir waren noch Kinder”, sagte sie schließlich, “er hat mich nie angefasst. So nicht. Aber es war voll, wir konnten keinen Schritt tun, ohne einander anzurempeln. Severn hat davon gesprochen, eine größere Wohnung für uns zu finden. Es lief richtig gut, irgendwie. Steffi war eine bessere Diebin als ich. Jeder mochte sie sofort. Es ist leicht, Leute zu bestehlen, die von deinem Charme ganz von den Socken sind.
    Aber wir haben nichts Größeres gefunden. Keiner von uns konnte lesen. Keiner von uns konnte schreiben. Severn war alt genug, um zu arbeiten, aber nicht für die Arbeit, die wir wollten. Er wäre zu lange weg gewesen, und es hätte bedeutet, für den Lord zu arbeiten. Das ist in den falschen Teilen der Kolonie kein Job mit hoher Lebenserwartung. Zu viele Leute, die zu viel zu beweisen haben, und der Koloniallord selbst ist auch nicht ohne Feinde.”
    Der Falkenlord nickte stumm.
    Kaylin redete weiter. Sie hätte nicht aufhören können, selbst wenn er es ihr befahl – nicht ohne magische Fesseln, um seinem Befehl Kraft zu geben. Und sie redete Unsinn, denn jetzt, da sie endlich angefangen hatte, wollte sie ihm etwas erzählen, das ihre Kinder für ihn so lebendig werden ließ, wie sie früher gewesen waren.
    “Jade konnte singen. Sie hat manchmal für uns gesungen. Wir haben uns dann angeschlossen, aber eigentlich war nur ihre Stimme etwas Besonderes. Sie kannte viele Lieder. Ich weiß nicht, woher. Sie war nie so umgänglich mit Fremden wie Steffi – sie hat sich immer zu viele Gedanken um ihre Narben gemacht. Aber am Ende hat sie uns vertraut, und ihr Gesang war eines der wenigen Dinge, die sie uns geben konnte, denn das war etwas, was ich einfach nicht konnte. Ich habe den Klang ihrer Stimme

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