Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora (German Edition)
schwach. Shane durfte sich also auf keinen Fall vom harmlosen Äußeren seines Gegners täuschen lassen.
Er blieb kurz stehen und lauschte. Aus der Düsternis vor ihm drang ein leises Schmatzen. Das musste der Dämon sein. Geduckt schlich Shane weiter, bis die Geräusche nicht mehr von vorne, sondern von rechts zu hören waren. Er verzog angewidert das Gesicht, als das Schlurfen und Schmatzen lauter wurde – er wollte sich gar nicht vorstellen, womit der Dämon sich gerade beschäftigte ...
Der junge Dämonenjäger kniete sich hin und sah unter dem Regal hindurch. Einen Gang weiter kauerte der Dämon und beschäftigte sich mit seinem grausigen Mahl; Shane konnte den unteren Teil zweier dünner Beine, altmodische, flache Schuhe, den Saum eines grauen Rocks und einen Teil des Rückens der alten Dame erkennen. Daneben lag der verdrehte Körper des Ruderers. Erneut überkam Shane eine Woge der Übelkeit.
Er riss sich zusammen und überlegte, wie er vorgehen sollte. Wenn er zurück zum Eingang ging und von dort in den anderen Gang schlüpfte, dann würde er den Dämon nur weiter nach hinten treiben. Wenn er jedoch diesen Gang hier bis nach hinten schlich und den Dämon von der anderen Seite überraschte, so würde dieser in Richtung Tor fliehen – und somit direkt in Keevas Arme. Eindeutig die bessere Taktik.
Er wusste nicht, inwieweit Keeva ihn noch erkennen konnte, gab ihr aber trotzdem mit Handzeichen zu verstehen, dass der Dämon sich hier, direkt neben ihm, aufhielt und dass er beabsichtigte, diesen von hinten zu überrumpeln. Dann atmete er noch einmal tief ein – und schlich los.
*
Der Dämon war entzückt über die Frische des Blutes, das er gerade trank. Wie es schien, stand sein Dasein derzeit unter einem guten Stern: Erst gestern dieser kräftige junge Mann und nun ein weiteres Exemplar, das vor Gesundheit geradezu strotzte - auch wenn ihm die jetzt nicht mehr viel nützte ...
Der Dämon kicherte – doch dann hielt er inne. War da nicht eben ein Geräusch gewesen?
Verflucht sei das schlechte Gehör dieses Körpers, dachte er wütend. Auch wenn seine körperliche Kraft und Gewandtheit deutlich zugenommen hatte, so litt er doch noch immer unter den übrigen Gebrechen der alten Dame. Und dazu gehörte leider auch eine beginnende Schwerhörigkeit.
Er drehte den Kopf zur Seite und konzentrierte sich. Da, schon wieder – eindeutig ein leises Scharren!
Der Dämon grinste breit. War der Kumpel seines Opfers anscheinend endlich wieder aus dem Wasser gekrochen – und nun dumm genug, nach dem Verbleib seines Freundes zu suchen. Sehr schön! Aus dem leblosen Körper vor ihm war sowieso nicht mehr viel zu holen ...
Achtlos schob er die Leiche des jungen Mannes beiseite und stand auf. Erfreut stellte er fest, dass ihm dies nun auch ohne Mühe gelang. Er begann, seine Gestalt wirklich zu mögen - wenn er doch nur die Schwäche der Sinnesorgane in den Griff bekommen würde. Die schlechten Augen und das unzulängliche Gehör waren schon extrem lästig.
Doch nun galt es zuerst, ein Versteck zu finden. Suchend blickte der Dämon sich um, dann lächelte er. Ja – er würde dem Neuankömmling eine kleine Überraschung bereiten ...
*
Shane hörte einen dumpfen Laut aus dem Nebengang und blieb stehen. Das Geräusch wiederholte sich nicht. Er ging ein weiteres Mal in die Hocke, sah unter dem Regal hindurch – und fluchte innerlich.
Der Dämon hatte ihn entweder gehört oder aber er war mit seinem Mahl gerade zum Ende gekommen, jedenfalls konnte Shane nur noch den dunklen Umriss der Leiche erkennen - von den altmodischen Schuhen keine Spur mehr ...
Das war gar nicht gut! Shane überlegte, ob er Keeva warnen sollte – doch die junge Jägerin rechnete sowieso damit, dass der Dämon in Großmuttergestalt jeden Moment in Sichtweite kommen konnte. Eine weitere Warnung wäre also überflüssig.
Shane konzentrierte sich wieder auf seine Suche – allerdings tastete er sich jetzt nicht mehr langsam und vorsichtig voran, sondern lief mit hoch erhobenem Messer schnell bis zur hinteren Wand, zwängte sich am Regal vorbei und rannte in den Gang rechts von sich. Nach wenigen Schritten stand er vor der Leiche des jungen Ruderers – und der Dämon war, genau wie er es befürchtet hatte, weg.
Hektisch blickte er nach vorne. Eigentlich konnte das Scheusal nur dorthin flüchten, musste also jetzt bereits in Keevas Reichtweite gelangt sein. Wieso hörte er nichts?
Erst, als er den dunklen Schatten wahrnahm, wurde ihm
Weitere Kostenlose Bücher