Keeva McCullen 6 - Der Wiedergänger (German Edition)
überwältigt.
Schließlich hielt Phoebe nur noch den Stab von Amelia Morgan in der Hand. Sie wirkte unschlüssig und Keeva musste lachen.
„Den Stab können Sie ruhig als Andenken behalten. Das ist nicht meine Art von Waffe. Das Amulett und das Buch sind schon mehr, als ich eigentlich annehmen sollte.“
Phoebe lehnte den Stab an die Wand, setzte sich wieder hin und lächelte.
„Ach was“, sagte sie. „Hier gammelt das Zeug ja sowieso nur im Schrank herum. Und so kommt es wenigstens noch zu Ehren.“
„Und ich werde mich nach allen Kräften bemühen, dieser Ehre gerecht zu werden und dem Erbe von Amelia keine Schande zu bereiten, das verspreche ich!“, sagte Keeva feierlich. Dann wandte sie sich an Shane. „Was ist, kannst du jetzt noch meine Gedanken kontrollieren?“
Shane schluckte den Kuchen, an dem er gerade gekaut hatte, und schüttelte den Kopf.
„Das konnte ich doch sowieso noch nie, wie du weißt“, erwiderte er. „Das soll lieber mein Großvater testen“.
Solange muss ich noch gedulden, dachte Keeva, ehe ich ganz sicher sein kann. Aber wenn sie Glück hatte, dann war die Schutzwirkung dieses alten, mächtigen Amulettes - eines, das noch dazu speziell für weibliche Jäger des Bösens gefertigt worden war - ausreichend, um alle Kontrollversuche von Dämonen abzuwehren. Es musste einfach so sein!
Unwillkürlich musste sie an ihren Vater denken, und an den Streit, in dem sie auseinandergegangen waren. Ich muss mich unbedingt bei ihm melden, dachte sie mit schlechtem Gewissen.
Aber nicht heute, nicht jetzt, an diesem schönen Nachmittag …
*
Der Nachmittag ging in den Abend über, und Phoebe Morgan kochte für alle ein wohlschmeckendes Essen. Charlotte hatte sich wieder zu ihnen gesellt und so saßen sie nach der Mahlzeit noch einige Zeit zusammen und redeten über Gott, Dämonen und die restliche Welt. Dann wurde es Zeit für den Abschied.
Es fiel Keeva schwer, sich von ihren neuen Freunden zu trennen - sie fühlte sich sehr wohl in der Gegenwart dieser drei Menschen - doch sie versprachen sich gegenseitig, auf alle Fälle in Kontakt zu bleiben.
„Wenn uns mal wieder übernatürliche Phänomene plagen, dann wissen wir ja jetzt, an wen wir uns wenden können“, meinte James Morgan augenzwinkernd. „Aber auch ohne untotes Gesocks in der Gegend seid ihr jederzeit bei uns willkommen.“
Keeva lachte und umarmte den alten Mann noch einmal. Leicht beschwipst von dem kühlen Bier, das ihnen serviert worden war, brachen sie schließlich auf und machten sich auf den Weg zu ihrer Unterkunft. Keeva klemmte die Schatulle und das alte Hexenbuch unter den linken Arm und hakte sich mit dem rechten bei Shane unter. Danach schwiegen sie beide, tief in ihre eigenen Gedanken versunken.
Als sie am Haus ihrer Wirtin ankamen sahen sie, dass hinter den Fenstern kein Licht mehr brannte. Also schlichen sie sich im Dunkeln die Treppe hinauf und öffneten so leise wie nur möglich ihre Zimmertür.
Keeva trat als Erste hindurch - und erschrak fürchterlich, als direkt vor ihr in der Dunkelheit plötzlich ein lautes Gemecker erklang und etwas gegen ihren Bauch prallte. Sie keuchte auf, sprang zur Seite, ließ das Buch und die Schatulle zu Boden fallen, ging in die Hocke und griff reflexartig zu ihrer Handarmbrust, die sie über die Schulter gehängt hatte.
Shane, der unmittelbar hinter ihr in das Zimmer getreten war, knipste das Licht an - und beide blickten in das hämisch verzogene Gesicht des Kobolds, der ihren Blick herausfordernd erwiderte. Er streckte erst Shane die lange, spitze Zunge heraus, drehte sich dann zu Keeva um - und bekam vor Angst ganz große Augen, als er die schussbereite Armbrust entdeckte, die Keeva auf ihn gerichtet hielt.
Mit einem Schlag verschwand der Schalk aus seinem Gesicht, er wurde blass, schluckte schwer und wich langsam nach hinten zurück ...
*
Shane warf einen Blick zum Fenster und sah, dass es schon wieder offenstand. Anscheinend hatte ihre Zimmerwirtin erneut gelüftet, während sie unterwegs waren.
Seufzend wandte er sich dem frechen kleinen Dämon vor sich zu und begann, ihn durch das Zimmer zu jagen. Keeva, die sich bereits wieder von ihrem Schreck erholt hatte, stand lachend daneben und war wenig hilfreich. Schließlich gelang es ihm, den Kobold einzufangen. Der kleine Kerl zeterte und schimpfte, doch es nützte ihm nichts. Unerbittlich trug Shane ihn zum Fenster, setzte ihn auf die Dachziegel und schloss die Scheiben. Er ignorierte die
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