Keeva McCullen 6 - Der Wiedergänger (German Edition)
Spur unklar geworden. Und hinter den Bäumen ragte eine steile Felswand empor, an der kein Weg oder Kletterpfad hinaufführte. Der Wiedergänger hatte hier also entweder seinen Unterschlupf - den sie wahrscheinlich leicht ausfindig machen konnten, so groß war das Wäldchen nicht - oder aber er saß in der Falle und hockte hier irgendwo zwischen den Büschen.
Langsam und so leise er nur konnte bewegte er sich weiter über den weichen Waldboden. Die Bäume standen dicht an dicht und ließen so gut wie kein Licht durch, obwohl die Morgendämmerung bereits begonnen hatte. Es roch angenehm nach Tannennadeln und Moos. Kein Verwesungsgeruch, wie Shane feststellte. Also war er wohl in der falschen Richtung unterwegs. Er wollte gerade ein wenig nach links schwenken, als er ein Rascheln rechts von sich hörte.
Keeva?, dachte er, als sich das Rascheln wiederholte und er gleich darauf einen gedämpften Schrei vernahm.
„Verdammt“, fluchte er leise …
*
Das Mädchen zappelte wie verrückt, aber der Wiedergänger hatte Glück gehabt bei seinem Angriff. Er war der jungen Frau so geschickt auf den Rücken gesprungen, dass sie dadurch nicht nur umgefallen war, sondern der Untote jetzt auch mit seinem gesamten Gesicht auf ihrem Oberkörper saß und sie so auf den Boden drückte. Allerdings musste er sich mit aller Kraft darauf konzentrieren, nicht abgeworfen zu werden - doch Kraft hatte er ja jetzt genug.
Gib auf, versuchte der Wiedergänger dem Mädchen zuzuschreien, du hast keine Chance gegen meine neue Macht! Leider jedoch war seine Zunge schon vor Jahren verfault - und so brachte er nur ein wütendes, röchelndes Zischen zustande.
Schluss mit den Spielchen, dachte er gereizt. Er wollte nicht länger warten, die Zeit wurde sowieso schon viel zu knapp. Und als sein Opfer endlich mal eine Pause einlegte beim Zappeln, umschloss der Untote den schmalen Hals der jungen Frau mit den Überresten seiner Finger - und drückte zu.
Jetzt wollen wir mal sehen, wie lange du noch die Begegnung mit dem Unvermeidlichen herauszögern kannst, dachte er fast schon amüsiert, achtete dabei aber genau auf die Bewegungen des Mädchens. Er durfte sie nicht zu lange würgen. Tot nützte sie ihm nichts, er brauchte sie lebend. Schwach zwar, aber keinesfalls tot.
Das Mädchen versuchte keuchend, Luft einzusaugen, und warf dabei den Kopf hin und her. Die Hände des Wiedergängers glitten immer wieder von ihrem Hals ab, aber trotz alledem wurde die Gegenwehr seines Opfers zunehmend schwächer und die Wangen der sonst so blassen jungen Frau verfärbten sich langsam zu einem bläulichen Rot.
Bald, dachte er voller Vorfreude. Bald wirst du das Bewusstsein verlieren - und dann …
Weiter kam der Zombie nicht, denn in diesem Moment ertönte neben ihm ein lautes Krachen. Erschrocken riss er den Kopf herum - und stieß ein wütendes Zischen aus, als er den dunklen Schatten auf sich zulaufen sah.
Verflucht, das hatte er in seiner hungrigen Gier vollkommen vergessen … sie waren ja zu zweit gewesen!
*
Keeva spürte, wie der Druck um ihren Hals schlagartig nachließ. Gierig sog sie die Luft ein - und atmete einen dicken Schwall des üblen Gestankes ein, der von dem Wesen neben ihr ausging. Würgend und hustend rollte sie sich zur Seite weg und sprang auf.
Sie sah Shane, der in einigem Abstand mit der halb verwesten Gestalt rang, und gönnte sich noch einige Atemzüge der frischeren Luft. Noch sah es so aus, als hätte Shane die Sache im Griff, doch Keeva beobachtete die Kämpfenden aufmerksam.
Gerade eben noch war dieses Wesen auf ihrem Rücken gehockt und hatte versucht, sie zu ersticken. Und beinahe wäre es ihm gelungen, dachte sie. Auch wenn das Monster nur noch aus wenigen, notdürftig zusammenhängenden Knochen zu bestehen schien, so besaß es doch erstaunliche Kräfte. Genau wie Shane es vorhergesagt hatte.
Das Monstrum gab erneut dieses grauenerregende Zischen von sich und versuchte, sich aus Shanes Griff zu befreien.
„Keeva, wir brauchen einen Pflock“, rief er angestrengt, während er den Wiedergänger weiterhin festhielt. „Irgendetwas Spitzes, das wir ihm ins Herz rammen können.“
Keeva nickte und sah sich um. Sie entdeckte ihre Armbrust, die direkt neben den beiden Kämpfenden auf dem Boden lag, ging hin und hob sie auf. Ganz kurz erwog sie, dem Scheusal einen silbernen Bolzen in die Brust zu jagen - aber die Gefahr war viel zu groß, dabei den Falschen zu treffen, Shane und das Monster drehten sich ständig
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