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Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Gott so straft.«
    »Mit Ihren Kindern?«, entfährt es mir.
    »Auch«, antwortet sie. »Die beiden waren immer schon sehr schwierig.«
    Ihre Stimme klingt teilnahmslos, und ihr Gesicht ist so starr wie der Teig in einer Schüssel, die zu lange offen im Kühlschrank gestanden hat. Nichts wird diese Frau herauslassen, sich nur von einer Belanglosigkeit zur nächsten hangeln.
    Ihre Töchter sind jahrelang missbraucht und schon als kleine Mädchen an Pädophile verkauft worden. Beide brauchen dringend Hilfe, nicht nur Pia. Körper, Geist und Seele sind schwer beschädigt worden. Petra Prönsfeldt scheint von dieser Ungeheuerlichkeit unberührt zu sein. Es juckt mir in den Fingern. Ich würde zu gern diesen blassen Teig vor mir durchwalken, um wenigstens auf ein Körnchen Wahrheit zu stoßen. Auf das Eingeständnis schwerer Schuld, auf einen Hauch von Mitgefühl.
    Sie hasst ihre Töchter. Marcels Bemerkung erscheint mir jetzt nicht mehr absurd. Ich bin so entsetzt, dass mir die Worte fehlen.
    »Die Polizei glaubt uns nicht«, fährt sie fort. »Dass wir keine Ahnung davon hatten. Was die kleinen Luder in Köln so getrieben haben. Wie sollten wir das auch wissen? Mein Mann war viel unterwegs und ich immer zu Hause. Wir dachten, sie lernen in der Musikschule was für die Zukunft. Belogen und betrogen haben sie uns, das kann ich Ihnen sagen! So etwas ist furchtbar für eine Mutter!«
    Sie reicht über den Tisch und greift nach meiner Hand. Die Berührung lässt mich erschauern. Ich zwinge mich, ihr in die Augen zu sehen. Zwei gefrorene Teiche. Unter denen es brodelt. Wut, die herauswill? Oder die nach einer fürchterlichen Entladung wieder mit Eis zugedeckt worden ist?
    Aus dem Flur hinter mir höre ich leises Klicken. Als würde die Haustür sacht zugezogen. Es kommt kein weiteres Geräusch. Ich bin sicher, dass Patti lauschend hinter der Tür steht.
    Ihre Mutter hat nichts gemerkt. Die hat für subtile Laute jetzt kein Ohr. Ist zu tief in Selbstmitleid versunken. Zelebriert ihren Hass auf die schönen Töchter. Und blickt mich erwartungsvoll an. Als würde ich ihr gleich die Absolution erteilen, Verständnis für ihre bedauernswerte Lage äußern oder zumindest Sympathie bekunden.
    Als ich nichts sage, zieht sie ihre Hand zurück.
    »Sie glauben mir auch nicht, Frau Klein, Sie halten mich für ein Monster.«
    Ihre Stimme trieft vor Wehleidigkeit.
    Mir reicht das Drumherumgerede. Es wird Zeit für ein klares Wort.
    »Stimmt«, antworte ich. »Wenn Sie Ihre kleinen Mädchen als Sexsklavinnen an Männer verkauft haben, dann sind Sie ein Monster. Dann gehören Sie ins Gefängnis. Für den Rest Ihres Lebens.«
    Frau Pee wird noch blasser, als sie ohnehin schon ist. Klappt den Mund wiederholt auf und wieder zu. Jetzt fehlen ihr die Worte.
    Aber ich will es wissen. Bin in Fahrt und presche ungebremst vor. Mit einem Bluff: »Wie hat Ihnen der Musiklehrer Ihren Anteil an seinen Einnahmen zukommen lassen, Frau Prönsfeldt? Die Mädchen hat er ja immer nur mit einem Taschengeld abgefunden. Irgendetwas müssen Sie von dem Deal doch auch gehabt haben, oder?«
    Die Riesenmade beginnt zu schnaufen, stößt ein paar wüste Beschimpfungen aus und fordert mich auf, augenblicklich ihr Haus zu verlassen. Sonst werde sie ihren Mann rufen.
    »Der hadert doch grad mit Gott«, gebe ich ungerührt zurück.
    »Warum eigentlich? Weil jetzt alles aufgeflogen ist?«
    Ich warte ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern feure eine weitere Breitseite los: »Oder glaubte er wirklich, dass seine Töchter in Köln Tonleitern übten? Kann durchaus sein, dass er keine Ahnung von der Hückeswagener Connection hatte. Muss schlimm für Sie gewesen sein, als sich Ihr Freund, der Musiklehrer, so plötzlich abgesetzt hat. Oder waren Ihre Töchter dann eh schon zu alt für Kinderschänder?«
    Petra Prönsfeldt springt auf. Die Stuhlbeine quietschen über den Steinboden. Ich halte den Atem an. Hoffe, dass ich ins Schwarze getroffen habe. Bin mit einem Mal entsetzlich unsicher. Was gestern Nacht noch schlüssig klang, erscheint mir plötzlich als eine äußerst gewagte These. Die auch die Polizei noch nicht beweisen konnte. Sonst wäre sie doch längst hier aufgekreuzt. Natürlich nicht Marcel, der ermittelt den ganzen Tag über im Mordfall Wirzig und muss Jupp einlochen. Aber er wird unsere Mutmaßung nach Heerlen weitergeleitet haben, dorthin, wo alle Fäden zusammenlaufen. Hätte man aus denen Frau Prönsfeldt nicht sofort einen Strick gedreht, wenn an unserem

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