Kein Alibi: Roman (German Edition)
sie: »Hammond, gibt es keinen anderen Weg? Es könnte dich deine Karriere kosten.«
»Und dich dein Leben. Was mir wichtiger ist als meine Karriere.« Er ergriff ihre Hand, sie erwiderte seinen Händedruck. Unverwandt schauten sie einander in die Augen, bis die Stille drückend und ungemütlich wurde.
Frank räusperte sich feinfühlig. »Alex, du übernachtest heute hier. Keine Widerrede.«
»Ich bin dafür«, sagte Hammond.
»Und du gehst nach Hause.« Diese strikte Anweisung galt Hammond.
»Auch dafür bin ich, wenn auch widerwillig.«
»Das Gästezimmer ist fertig, Alex. Das zweite Schlafzimmer links von der Treppe.«
»Danke schön, Frank.«
»Es ist schon spät, und ich muss noch über eine Menge nachdenken.« Damit steuerte Frank auf die Bürotür zu, wo er stehen blieb und zu den beiden zurücksah. Er wollte schon den Mund aufmachen, da nahm er sich wieder zurück, ehe er dann doch sagte: »Eigentlich wollte ich euch fragen, ob die eine Nacht das alles wert gewesen ist, aber eure Antwort ist klar. Gute Nacht.«
Kaum waren sie allein, wurde das Schweigen noch ungemütlicher, die tickende Uhr auf Franks Schreibtisch noch lauter. Zwischen ihnen herrschte eine Spannung, die nicht nur auf die möglichen Ereignisse des nächsten Tages zurückzuführen war.
Hammond ergriff als Erster das Wort: »Alex, es ist nicht wichtig.«
Sie musste nicht einmal fragen, worauf er anspielte. »Natürlich ist es wichtig, Hammond.« Er streckte die Arme nach ihr aus, aber sie wich ihm aus, stand auf und ging durchs Zimmer, bis sie vor einem Bücherregal mit juristischer Literatur stehen blieb. »Wir machen uns etwas vor.«
»Wieso?«
»Das wird nicht gut gehen. Kann es nicht.«
»Warum nicht?«
»Sei nicht naiv.«
»Trimble ist Müll. Das alles ist Vergangenheit. Das wusste ich doch schon letzte Nacht, als ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe.« Er lächelte. »Ich denke jetzt nicht anders darüber.«
»Unsere Liebesaffäre hat damit angefangen, dass ich dir übel mitgespielt habe.«
»Übel mitgespielt? So ist mir die Nacht vom Samstag aber nicht in Erinnerung.«
»Ich habe dich von Anfang an belogen. Hammond, das wird unterschwellig immer bei dir hängen bleiben. Du wirst mir nie völlig vertrauen. Ich will nicht mit jemandem zusammen sein, der ständig alles, was ich tue, hinterfragt und jedes meiner Worte auf die Goldwaage legt.«
»Das würde ich nicht tun.«
Trotz ihres Lächelns wirkte sie traurig. »Dann wärst du kein Mensch. Ich beschäftige mich beruflich mit den Emotionen und dem Verhalten von Menschen. Ich weiß, welchen dauerhaften Einfluss Ereignisse auf unser Leben haben, und kenne die Verletzungen, die uns andere Menschen zufügen, manchmal bewusst, manchmal unabsichtlich. Das Ergebnis dieser Verletzungen sehe ich täglich in meinen Sitzungen. Ich habe selbst darunter gelitten. Hammond, ich habe Jahre gebraucht, um mich selbst emotional wieder zu heilen. Ich habe hart daran gearbeitet, mich von Bobbys Einfluss zu befreien. Und habe es geschafft. Ja, mit Gottes Hilfe. Deshalb bin ich im Stande, dich so zu lieben –«
»Also tust du’s? Mich lieben?«
In einer unbewussten Geste legte sie die Hand aufs Herz. »So sehr, dass es wehtut.«
Wieder piepste sein Pager. Leise fluchend schaltete er ihn aus. Zwischen ihnen schien eine enorme Distanz zu herrschen, und er wusste, dass es unangemessen wäre, sie an diesem Abend zu überbrücken. »Ich würde dich gerne küssen.«
Sie nickte.
»Aber wenn ich dich küsse, möchte ich mit dir schlafen.« Wieder nickte sie. Sie tauschten einen langen Blick.
»Ich schlafe so gern mit dir«, sagte er. Ihre Brust hob und senkte sich sachte. »Du solltest gehen.«
»Tja«, sagte er mit belegter Stimme. »Wie du weißt, muss ich morgen sehr früh aufstehen.« Die Falte zwischen seinen Augenbrauen vertiefte sich. »Alex, ich habe keine Ahnung, wie dies alles enden wird. Ich werde ständig mit dir in Verbindung bleiben. Wirst du’s schaffen?«
»Werde ich.« Sie lächelte ihm aufmunternd zu.
Er schickte sich an, aus dem Zimmer zu gehen. »Schlaf gut.«
»Gute Nacht, Hammond.«
»Verdammt!« Wütend starrte Loretta Boothe den Münzapparat an, als wollte sie das Telefon mit Gewalt zum Klingeln zwingen. Schon zweimal hatte sie Hammond auf seinem Pager zu erreichen versucht, nachdem sie weder bei ihm daheim noch auf dem Handy eine Antwort bekommen hatte. Das Telefon blieb störrisch stumm. Sie schaute auf ihre Armbanduhr. Fast zwei Uhr. Wo, zum Teufel,
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