Kein Alibi: Roman (German Edition)
Wohnbereich der Hütte gerannt war, in der verzweifelten Hoffnung, sie zu finden, wie sie auf der Suche nach einer Schüssel für die Cornflakes in der Küche herumkramte oder im Wohnzimmer in einer Zeitschrift blätterte oder auf der Veranda im Schaukelstuhl saß und dem trägen Lauf des Flusses nachsah, während sie Kaffee trank und darauf wartete, dass er aufwachte.
Über seine Phantasien hatte sich der Weichzeichner aus der Werbung für Kitschpostkarten gelegt.
Aber das war auch schon alles, was sie gewesen waren – Phantasien.
Wohnzimmer und Küche standen leer, ihr Auto war fort und das Einzige, was er im Schaukelstuhl auf der Veranda fand, war eine Spinne, die eifrig ein Netz von einer Armlehne zur anderen webte.
Achtlos hatte er trotz seines nackten Pos die Spinne beiseite gewischt und sich in den Schaukelstuhl gesetzt, wo er sich mit allen zehn Fingern die Haare raufte, die verzweifelte Geste eines Mannes, der kurz davor steht, die Kontrolle zu verlieren.
Wann war sie gegangen? Wie spät war es jetzt? Wie lange war sie schon fort?
Vielleicht kam sie ja wieder. Vielleicht regte er sich grundlos auf.
Eine halbe Stunde redete er sich ein, sie wäre lediglich fort, um Donuts und Teilchen zu holen. Oder Sahne für ihren Kaffee. Oder eine Sonntagszeitung. Aber sie kam nicht wieder. Schließlich hatte er der Spinne den Schaukelstuhl überlassen und war nach drinnen gegangen. Beim Versuch, Kaffee zu kochen, hatte er Pulver auf der Arbeitsplatte verschüttet. In seiner Wut darüber hatte er die Glaskanne zerbrochen und schließlich die ganze verdammte Maschine zu Boden geschleudert, wo sie zerbrach und das Wasser herauslief, das er bereits in den Tank gefüllt hatte.
Auf der Suche nach irgendeiner Hinterlassenschaft hatte er die ganze Hütte auf den Kopf gestellt. Wie sehr wünschte er sich eine Visitenkarte… oder noch besser einen Zettel. Nichts. Im Bad hatte er den Abfallkorb unter dem Waschbecken inspiziert, aber darin befand sich lediglich ein Plastikmüllbeutel. Beim Aufrichten hatte er sich den Kopf am Vorratsschrank gestoßen, voller Wut die Tür zugeworfen und sich dabei den Finger eingeklemmt, was eine noch wütendere Fluchkanonade zur Folge hatte.
Obwohl das Bett am schmerzlichsten an sie erinnerte, war er letztlich doch wieder dort gelandet, hatte sich hineinfallen lassen, den Arm über die Augen gelegt und krampfhaft versucht, sich zusammenzureißen.
Zum Kuckuck, was war nur mit ihm los?, hatte er sich selbst gefragt. Niemand, der ihn kannte, hätte ihn an diesem Morgen wiedererkannt, wie er ungeniert nackt und unrasiert herumtigerte und sich wie ein Wilder aufführte, wie ein gemeingefährlicher verrückter Irrer. Hammond Cross benahm sich wie ein Hornochse, wie ein liebeskranker Kater. Unser Hammond Cross? Du machst wohl Witze!
Moment mal, hast du liebeskrank gesagt?
Langsam hatte er den Arm sinken lassen, den Kopf zu ihrem Kissen gedreht, es berührt und seine Hand in die Mulde gelegt, die ihr Kopf hinterlassen hatte. Sachte war er auf seine Seite gerollt, hatte das Kissen an die Brust gedrückt, sein Gesicht darin vergraben und ihren Geruch tief eingeatmet.
Begehren überwältigte ihn, aber diesmal ging es nicht um Sex. Okay, ein bisschen schon, aber nicht ausschließlich.
Das war keine normale Lust, wie er sie schon oft erfahren hatte. Die würde er wiedererkennen. Das hier war anders. Tiefer. Berührender. Sehnsucht hatte ihn in den Klauen.
»Scheiße«, flüsterte er. Hörst du dir selbst auch gut zu? Sehnsucht?
Er hatte sich wieder auf den Rücken gerollt, zur Decke gestarrt und sich kläglich eingestanden, dass er für sein Empfinden keinen Ausdruck kannte. Es war etwas Fremdes für ihn. Wie sollte er es benennen können, wenn er es noch nie zuvor erlebt hatte?
Er wusste nur, dass es ihn voll und ganz gepackt hatte und lähmte und dass er sich noch nie so gefühlt hatte, obwohl er schon eine Menge Frauen gehabt hatte, jede schön, faszinierend und sexy.
An diesem Punkt waren seine Gedanken von seiner sexuellen Vergangenheit zu der ihren gewandert. Und dabei war ihm wieder der Telefonanruf eingefallen. Stirnrunzelnd hatte er das Telefon auf dem Tisch an der Wand gemustert. Als er sie dabei ertappt hatte, hatte sie verblüfft und schuldbewusst ausgesehen. Wen konnte sie angerufen haben?
Plötzlich sprang er aus dem Bett, beugte sich mit Herzrasen übers Telefon und fuhr mit dem Finger über die gummiüberzogenen Tasten des Apparats. Er war nicht einmal sicher, ob dieses
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