Kein Alibi: Roman (German Edition)
ein.«
Damit beugte er sich über den Sitz und öffnete die Beifahrertür. Mit einem Satz sprang sie zurück, damit ihr die aufschlagende Tür nicht quer übers Schienbein ratschte. »Du bist verrückt, wenn du glaubst, dass ich mit dir irgendwohin fahre.«
Er griff nach dem Zündschlüssel. »Fein, dann komme ich rein.«
»Nein!«
Er lachte vor sich hin. »Wollt ich ja gar nicht.« Er klopfte auf den Beifahrersitz und meinte: »Beweg dein süßes Ärschchen hierher, aber dalli.«
Sie wusste, er würde nicht so leicht aufgeben und wegfahren. Früher oder später musste sie sich ihm stellen, also konnte sie es
genauso gut jetzt hinter sich bringen. Sie kletterte in den Wagen und knallte wütend die Tür zu.
Hammond beschloss, seinen Beileidsbesuch bei Lute Pettijohns Witwe nicht aufzuschieben. Nachdem er sein Gespräch mit Mason beendet und Steffi verabschiedet hatte, duschte er und zog sich um. Binnen Minuten saß er in seinem Wagen und war unterwegs zum Anwesen der Pettijohns.
Während er wartete, dass jemand auf die Türglocke reagierte, schaute er gedankenlos den Leuten zu, die ihren Sonntagabend auf der Battery genossen. Drüben im Park, jenseits der Straße, fotografierten zwei Touristen das Anwesen der Pettijohns, obwohl er davor stand. Auf dem Deich zeichnete sich die übliche Anzahl Jogger und Geher als bewegte Silhouetten ab.
Sarah Birch ließ ihn ein. Die Haushälterin bat ihn, in der Eingangshalle zu warten, während sie ihn ankündigte. Kurz danach kam sie wieder und sagte: »Miss Davee meint, Sie sollen hinaufkommen, Mr. Cross.«
Die füllige Frau brachte ihn nach oben, durch die Galerie, einen breiten Korridor entlang und schließlich durch ein riesiges Schlafzimmer in ein Bad. So etwas hatte Hammond noch nicht gesehen. Unter einem bunten Glasdachfenster war ein Whirlpool in den Boden eingelassen, in dem ein ganzes Volleyballteam Platz gefunden hätte. Es war mit Wasser gefüllt, aber die Düsen waren nicht eingeschaltet. Cremeweiße tellergroße Magnolienblüten schwammen auf der stillen Oberfläche.
Im ganzen Raum waren Duftkerzen auf kunstvollen Leuchtern verteilt, deren flackerndes Licht sich in scheinbar kilometerlangen Spiegelwänden brach. In der einen Ecke stand eine mit Seide bezogene Chaiselongue, auf der sich Berge von Zierkissen türmten. Das goldene Becken hatte die Größe eines Waschzubers. Die Armaturen bestanden aus Bleikristall, passend zu den unzähligen Kosmetiktöpfchen und Parfümflaschen, die die Ablage zierten.
Jetzt dämmerte Hammond, dass die Summen, die über Lutes Ausgaben für die Einrichtung des Hauses im Umlauf waren, vermutlich eher untertrieben waren. Obwohl er schon oft aus den
unterschiedlichsten gesellschaftlichen Anlässen Gast der Pettijohns gewesen war, befand er sich zum ersten Mal im Obergeschoss. Er hatte zwar Gerüchte über die opulente Ausstattung gehört, aber diese verschwenderische Pracht hatte er nicht erwartet.
Genauso wenig hatte er erwartet, die frisch gebackene Witwe nackt unter den Pranken eines Masseurs vorzufinden, von dem sie sich wohlig die Schenkel kneten ließ.
»Es stört dich doch nicht, Hammond, oder?«, fragte Davee Pettijohn, während ihr der Masseur ein Tuch überlegte, sodass nur noch ihre Schultern und das Bein herausschauten, das er gerade bearbeitete.
Hammond nahm die Hand, die sie ihm reichte, und drückte sie. »Nicht, wenn’s dich nicht stört.«
Sie lächelte ihn keck an. »Du kennst mich besser, ich habe keinen Funken Schamgefühl im Leib. Ein Makel, der meine Mama vermutlich um den Verstand gebracht hätte. Abgesehen davon war sie sowieso verrückt.«
Seufzend stützte sie ihr Kinn auf die verschränkten Hände, während der Masseur ihre Pobacken knetete. »Wir sind mitten in unserer Anderthalbstundensitzung, und die ist so himmlisch, dass ich’s einfach nicht übers Herz brachte, Sandro ums Aufhören zu bitten.«
»Ich mache dir keinen Vorwurf, obwohl es schon komisch ist.«
»Was?«
»Lute hatte gestern im Hotel eine Massage.«
»Bevor oder nachdem er sich hat umbringen lassen?« Sein Stirnrunzeln brachte sie zum Lachen. »War nur ein Scherz. Möchtest du dir nicht einen Schluck Champagner einschenken?« Mit einer trägen Handbewegung deutete sie auf den silbernen Weinkühler, der neben dem Frisiertisch stand. Die Flasche war bereits entkorkt, aber auf dem Tablett neben dem Kühler stand eine unbenützte zweite Schale. Unvermittelt schoss ihm ein verstörender Gedanke durch den Kopf: Hatte Davee ihn
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