Kein Alibi: Roman (German Edition)
beteiligte sich auch persönlich daran und sorgte während ihrer Routinebesuche für Maxines persönliche Bedürfnisse. Wahrscheinlich war er der einzige Mensch, der davon wusste, und auch das nur, weil ihn Sarah Birch eingeweiht hatte.
Der zweite Grund, warum er Davee nicht bei einem Prozess ins Kreuzverhör nehmen wollte, war ihre verführerische Art zu lügen. Man hörte ihr mit solchem Vergnügen zu, bis es einem letztlich egal war, ob sie die Wahrheit sagte oder nicht.
Für die Geschworenen waren Zeugen wie sie unterhaltsam. Sollte man sie in den Zeugenstand rufen, würde sie umwerfend gekleidet vor Gericht erscheinen. Allein ihr auffallendes Äußeres ließe die Geschworenen aufhorchen. Jedem zuckersüßen Wörtchen, das von Davees Lippen tropfte, würden sie aufmerksam lauschen, während sie die Aussage anderer Zeugen vermutlich dösend über sich ergehen lassen würden.
Sollte sie aussagen, dass sie Lute zwar nicht ermordet hatte, aber über seinen Tod nicht unfroh war, weil er ein untreuer Ehemann
gewesen war, der sie unzählige Male betrogen hatte, und dazu ein im tiefsten Herzen böser und grausamer Mensch, der den Tod verdient hatte, würden ihr vermutlich sämtliche Frauen und Männer der Jury beipflichten. Sie würde sie davon überzeugen, dass allein schon sein elender Charakter und seine geschäftlichen Schweinereien die Ermordung gerechtfertigt hätten.
Nein, er hatte keine Lust, Davee wegen der Ermordung ihres Ehemannes den Prozess zu machen. Sollte es aber unumgänglich sein, würde er es tun.
Die Übertragung dieses Falls war das Beste, was seiner Karriere passieren konnte. Er hoffte nur drei Dinge: dass ihm Smilows Team genug Stoff lieferte, dass sich der Angeklagte nicht herauswand und dass der Fall auch tatsächlich zur Verhandlung kam.
Dies war ein Fall, in den er sich verbeißen konnte. Eine echte Herausforderung, die seine ganze Energie fordern würde, und außerdem eine exzellente Bewährungsprobe. Denn er war fest entschlossen, sich im November um das Amt des Bezirksstaatsanwalts zu bewerben. Und er wollte gewinnen. Allerdings nicht, weil er besser aussah oder aus einer besseren Familie stammte oder über mehr Geld als der bzw. die Gegenkandidaten verfügte. Er wollte sich dieses Amt verdienen.
Nur selten kreuzte ein Fall wie der Mord an Lute Pettijohn den Weg eines Staatsanwalts, bei dem man alle Muskeln spielen lassen konnte. Und genau deshalb brauchte er ihn. Deshalb hatte er Monroe Mason nichts von seinem Treffen mit Pettijohn erzählt. Er musste diesen Fall haben, und er war nicht bereit, sich durch irgendetwas daran hindern zu lassen, ihn zur Verhandlung zu bringen. Diese Anklage war das perfekte Mittel, ihm vor November die nötige öffentliche Aufmerksamkeit zu sichern.
Außerdem war sie ideal, um seinem Vater in die Suppe zu spucken.
Das war der zwingendste Grund von allen. Vor mehreren Jahren hatte Hammond durch seinen Wechsel von der Verteidigerseite auf die der Anklage einen grundlegenden Karrierewechsel vollzogen. Eine Entscheidung, gegen die Preston Cross heftigst opponiert hatte, wobei er sich auf die enormen Einkommensunterschiede
berief und Hammond erklärte, er sei verrückt, sich mit dem Gehalt eines Staatsbediensteten zufrieden zu geben. Erst vor kurzem hatte Hammond erfahren, dass für seinen Vater in Wahrheit nicht das Einkommen eines Staatsanwalts den Ausschlag gegeben hatte.
Sein Wechsel hatte sie in konträren Lagern platziert. Preston war Lute Pettijohns Partner bei einigen skrupellosen Grundstückskäufen und fürchtete, von seinem eigenen Sohn angeklagt zu werden. Bei dieser Entdeckung hatte sich Hammond der Magen umgedreht. Die darauf folgende Konfrontation zwischen ihnen war bitter gewesen und hatte ihrer Feindschaft eine neue Dimension verliehen.
Aber darüber konnte er gerade jetzt nicht nachdenken, denn jedes Mal, wenn er über seinen Vater grübelte, saß er mental in der Patsche. Jede intensive Beschäftigung mit den einzelnen Schichten ihrer Beziehung kostete viel Zeit, wirkte emotional erschöpfend und war schlussendlich unproduktiv. Er hegte nur wenig Hoffnung auf eine völlige Aussöhnung.
Vorübergehend verschloss er das Problem in einer Schublade und konzentrierte sich auf das, was momentan Priorität hatte – seinen Fall.
Glücklicherweise hatte er gerade zum richtigen Zeitpunkt mit Steffi Schluss gemacht. Damit hatte er sich einer Last entledigt, die ihn nur unglücklich machte und vielleicht seine Konzentration behindert hätte.
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