Kein Alibi: Roman (German Edition)
mitzunehmen. Wetten, dass sie sich einen Mordssonnenbrand geholt hat, denn bei so viel Cellulitis hätte sie eine ganze Tube Sonnencreme gebraucht.
Emily Southerlands Teint würde trotz unzähliger Tiefenpeelings die Zeiger einer Uhr erstarren lassen. Trotzdem hat Lute sie während ihrer Neujahrsparty gevögelt, in ihrem scheußlichen Badezimmer mit dem Kunstpelzbezug auf dem Toilettendeckel.«
Hammond lachte, obwohl Davee gar nicht witzig sein wollte.
»Während du selbstverständlich treu und brav zu deinen Ehegelübden gestanden hast.«
»Natürlich.« Um ihre Lüge noch zu unterstreichen, ließ sie das Tuch einige Zentimeter tiefer rutschen und klimperte ihn aufreizend an.
»Davee, eure Ehe wurde nicht gerade im Himmel geschlossen.«
»Ich habe nie behauptet, dass ich Lute liebe. Auch er wusste das ganz genau. Aber das war soweit in Ordnung, denn auch er hat mich nicht geliebt. Trotzdem hat diese Ehe ihren Zweck erfüllt. Er wollte mich, um damit angeben zu können. Er war der einzige Mann in ganz Charleston, der den Mumm hatte, sich Davee Burton zu schnappen. Im Gegenzug hatte ich…« Sie hielt inne. Sie wirkte verletzt. »Ich hatte meine Gründe, ihn zu heiraten; glücklich zu werden gehörte allerdings nicht dazu.«
Sie senkte den Arm und schüttelte ihre Haare aus, während Sandro weiter unten ihr Rückgrat massierte. »Hammond, du zuckst zusammen. Was ist los?«
»Jeder deiner Sätze klingt wie ein Mordmotiv.«
Sie lachte verächtlich. »Wenn ich Lute hätte töten wollen, hätte ich das ganz anders angepackt. Ich wäre nicht höchstpersönlich an einem heißen Samstagnachmittag, wenn die ganze Stadt von stinkenden und schwitzenden Yankee-Touristen nur so wimmelt, wie ein Prolet mit einer Pistole unterm Hemd ins Zentrum getrabt, um ihn hinterrücks zu erschießen.«
»Jedenfalls soll die Polizei genau das denken, nicht wahr?«
»Psychologie um drei Ecken? Hammond, so schlau bin ich nicht.«
Sein Blick sprach Bände. O doch, das bist du.
»Okay«, sagte sie. Die Bedeutung seiner Miene war ihr sonnenklar. »Bin ich. Aber dazu hätte ich mich auch anstrengen müssen. Und bisher hat mir noch niemand nachsagen können, ich hätte mir, aus welchen Gründen auch immer, Umstände gemacht oder auf grundlegenden Komfort verzichtet. So sehr bin ich hinter gar nichts her.«
»Ich glaube dir«, erklärte er ihr und meinte es auch. »Dennoch
zweifle ich daran, dass es irgendeinen Präzedenzfall gibt, dessen Verteidigung auf Faulheit aufgebaut war.«
»Verteidigung? Glaubst du wirklich, dass es dazu kommt? Beabsichtigt Detective Smilow ernsthaft, mich als Verdächtige in Betracht zu ziehen? Das ist ja verrückt!«, rief sie. »Also, der käme eher als Lutes Mörder in Frage als ich. Smilow hat Lute nie verziehen, was mit seiner Schwester passiert ist.«
Hammond runzelte die Augenbrauen.
»Weißt du noch? Smilows Schwester Margaret war Lutes erste Frau. Wahrscheinlich war sie schon latent manisch-depressiv, aber das kam durch die Ehe mit Lute erst richtig zum Ausbruch. Eines Tages hat sie durchgedreht und eine Schachtel Tabletten zum Mittagessen verspeist. Smilow gab Lute die Schuld an ihrem Selbstmord und behauptete, er hätte die arme Margaret vernachlässigt und emotional missbraucht und nie ein Gefühl für ihre besonderen Bedürfnisse entwickelt. Jedenfalls kam es während des Begräbnisses zu einem Streit, der einen Riesenskandal ausgelöst hat. Erinnerst du dich nicht mehr daran?«
»Jetzt, wo du es sagst, schon.« »Seither hasst Smilow Lute. Deshalb werde ich mir seinetwegen auch keine Gedanken machen«, sagte sie, wobei sie unter Sandros kundigen Händen wieder ihre Hüften auf den Tisch bettete. »Wenn er mich des Mordes an Lute beschuldigt, werde ich einfach den Spieß umdrehen und ihn daran erinnern, wie oft er ihm mit dem Tod gedroht hat.«
»Das würde ich gerne sehen«, meinte Hammond zu ihr.
Sie erwiderte sein Lächeln und sagte: »Du hast deinen Champagner ausgetrunken. Nachschub?«
»Nein, danke.«
»Ich nehme noch ’nen Schluck.« Während er einschenkte, fragte sie: »Hat Monroe Mason schon Kontakt mit dir aufgenommen? Ich denke doch. Wirst du die Anklage erheben, sobald sie den Mörder haben?«
»So ist es geplant. Danke für die Empfehlung.«
Sie trank aus der Schale, die er ihr reichte. »Hammond, ich bin
eine loyale Freundin, egal, was ich sonst bin. Daran solltest du nie zweifeln.«
Er wünschte, sie hätte diesen Satz nie gesagt. Bezirksstaatsanwalt Mason hatte seinem
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