Kein Alibi: Roman (German Edition)
egal, wie du den Fall führst. Wen interessiert es wirklich, ob der Mörder zu lebenslänglich oder zur Todesspritze verurteilt wird oder ungeschoren davonkommt?«
»Mich«, sagte er erregt, »und die Bürger hoffentlich auch.«
»Vielleicht wurde früher mehr darauf geachtet, was Volksvertreter tatsächlich bewirken. Inzwischen interessiert sich das Volk doch nur noch dafür, wie gut sie sich im Fernsehen machen.« Preston lachte. »Ich bezweifle, ob die Leute bei einer Befragung auch nur annähernd eine Vorstellung von der Aufgabe eines Bezirksstaatsanwalts haben.«
»Und doch empören sich dieselben Leute über die Kriminalstatistik.«
»Das ist gut. Daran solltest du appellieren«, rief Preston. »Halt eine gute Rede, und schon gibt das Publikum Ruhe.« Er lehnte sich bequem in seinen Sessel. »Hammond, schmier den Reportern Honig ums Maul und schlag dich auf ihre Seite. Wenn sie um eine Presseerklärung bitten, gib sie ihnen, immer, auch wenn’s nur heiße Luft ist. Du wirst dich wundern, wie weit man mit wenig Substanz kommt. Dann werden sie dir schon bald unbegrenzte Redezeit vor der Kamera einräumen.« Augenzwinkernd hielt er inne. »Lass dich erst mal wählen, dann kannst du nach Herzenslust Kreuzzüge führen.«
»Was wäre, wenn ich nicht gewählt werden kann?«
»Was sollte dich aufhalten?«
»Speckle Island.«
Hammond hatte eine Bombe platzen lassen, aber Preston zuckte nicht einmal zusammen. »Was ist das?«
Hammond versuchte nicht einmal, seinen Abscheu zu verbergen. »Du bist gut, Dad, sogar sehr gut. Leugne so viel du willst, ich weiß trotzdem, dass du lügst.«
»Hüte deine Zunge in meiner Gegenwart, Hammond.«
»Meine Zunge hüten?« Wütend sprang Hammond von seinem Sessel auf und stieß die Hände in die Hosentaschen. »Vater, ich bin kein Kind mehr. Ich bin Staatsanwalt. Und du ein Gauner.« Bourbongetränktes Blut schoss Preston ins Gesicht. »Okay, du bist ja so schlau. Was glaubst du denn, was du weißt?«
»Ich weiß nur eines: Sollte Detective Smilow oder ein anderer im Zusammenhang mit dem Speckle-Island-Projekt auf deinen Namen stoßen, könnte dich das eine hohe Geldstrafe, vielleicht sogar Gefängnis kosten und mich das Ende meiner Karriere. Außer wenn ich gegen meinen eigenen Vater Anklage erhebe. In beiden Fällen hat mich deine Verbindung zu Pettijohn in eine unhaltbare Situation gebracht.«
»Ganz ruhig, Hammond, du hast nichts zu befürchten. Ich bin raus aus Speckle Island.«
Hammond wusste nicht, ob er ihm glauben sollte oder nicht. Im gelassenen Gesicht seines Vaters gab es keinerlei verräterische Anzeichen für eine Lüge. Aber darin war er sehr geübt. »Seit wann?«, fragte er.
»Schon vor Wochen.«
»Davon wusste Pettijohn nichts.«
»Natürlich hat er’s gewusst. Er hat versucht, mir den Rückzug auszureden. Trotzdem bin ich ausgestiegen und habe mein Geld gleich mitgenommen. Hat ihn ziemlich gewurmt.«
Hammond spürte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg. Erst letzten Samstagnachmittag hatte ihm Pettijohn erklärt, Preston würde bis zum Hals in Speckle Island stecken. Er hatte ihm gültige Dokumente gezeigt, auf denen jeder mühelos die Unterschrift seines Vaters erkennen konnte. Hatte Pettijohn mit ihm ein Spielchen getrieben? »Einer von euch lügt.«
»Wann hattest du denn ein vertrauliches Gespräch mit Lute?« wollte Preston wissen.
Hammond ignorierte die Frage. »Hast du beim Ausstieg deinen Anteil mit Gewinn verkaufen können?«
»Wenn nicht, wär’s ein schlechtes Geschäft gewesen. Es gab einen, der wollte sich unbedingt in diese Transaktion einkaufen, und er war bereit, den von mir geforderten Preis für meinen Anteil zu bezahlen.«
Hammond kam der saure Kaffee im Magen wieder hoch. »Es ist unwichtig, ob du inzwischen draußen bist oder nicht. Du bist schon dann vorbelastet, wenn du je in dieses Projekt verwickelt warst. Und damit auch ich.«
»Hammond, du bauschst das Ganze viel zu sehr auf.«
»Sollte die Sache je publik werden –«
»Wird sie nicht.«
»Könnte aber sein.«
Preston zuckte die Schultern. »Dann werde ich die Wahrheit sagen.«
»Und die wäre?«
»Dass ich keine Ahnung hatte, was Lute dort draußen tat. Als ich es erfuhr, war ich damit nicht einverstanden und bin ausgestiegen.«
»Du hast dir jeden Gesichtspunkt ausgerechnet.«
»Richtig, habe ich. Tu ich doch immer.«
Wütend starrte Hammond seinen Vater an. Preston forderte ihn unterschwellig auf, daraus einen Prozess zu machen. Aber Hammond
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