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Kein Alibi: Roman (German Edition)

Kein Alibi: Roman (German Edition)

Titel: Kein Alibi: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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geteilt hatte.
    Zufall? Höchst unwahrscheinlich.
    Zwischen ihr und Lute Pettijohn musste irgendeine Verbindung bestehen. Hammond war sich nicht sicher, ob er den wahren Charakter dieser Verbindung wirklich kennen wollte. Im Grunde war er sich sogar absolut sicher, dass er die Wahrheit nicht erfahren wollte.
    Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, dann stützte er die Ellbogen auf seinen Schreibtisch, starrte in die Luft und versuchte, einen Hauch Ordnung in seine chaotischen Gedanken zu bringen.
    Erstens: Corporal Endicott hatte das Gesicht der Frau gezeichnet, mit der er Samstagnacht geschlafen hatte. Daran bestand kein Zweifel. Auch wenn er sie nicht am Abend vorher erneut gesehen hätte, würde er ihr Gesicht nicht so schnell vergessen. Es hatte ihn von Anfang an angezogen. Samstagnacht und am frühen Sonntagmorgen hatte er es stundenlang angeschaut, bewundert, gestreichelt und geküsst.
    »Woher hast du das?« Er berührte einen Fleck unter ihrem rechten Auge.
    »Mein Muttermal?«
    »Das ist ein Schönheitsfleck.«
    »Danke.«
    »Bitte.«
    »Als ich jünger war, hab ich es gehasst. Inzwischen, muss ich gestehen, hab ich’s ziemlich lieb gewonnen.«
    »Kann ich gut verstehen. Ich könnte es auch lieb gewinnen.« Er küsste es, einmal, dann ein zweites Mal, wobei er es sachte mit seiner Zungenspitze berührte.
    »Hmm. Wie schade.«
    »Warum?«
    »Dass ich nicht mehr solche Stellen habe.«
    Ihr Gesicht war ihm tief vertraut. Bei der Skizze handelte es sich lediglich um eine zweidimensionale Schwarzweißzeichnung. Angesichts dieser begrenzten Möglichkeiten konnte sie unmöglich das Wesen dieser Frau einfangen. Trotzdem hatte sie so verblüffend viel Ähnlichkeit, dass es keinen Zweifel gab: Dr. Ladd war in der Nähe jenes Zimmers gesehen worden, in dem ein Mord geschah, und war kurz darauf einem Vertreter der Bezirksstaatsanwaltschaft über den Weg gelaufen, genauer gesagt einem gewissen Hammond Cross, der sich selbst an jenem Nachmittag in der Gesellschaft von Pettijohn befunden hatte.
    »Lieber Himmel.« Mit gesenktem Kopf raufte er sich die Haare und hätte beinahe vor dem Nicht-glauben-Können und der Verzweiflung kapituliert, die über ihn hereinbrachen. Zum Teufel, was sollte er tun?
    Nun, innerlich zusammenbrechen konnte er nicht, auch wenn ihm das am liebsten gewesen wäre. Was für ein Gefühl – sich aus diesem Büro davonzustehlen, fort aus Charleston, fort aus diesem Bundesstaat, einfach weglaufen und sich verstecken. Man sollte diese Schweinerei ungestört auffliegen lassen und sich den Widerstand gegen den Skandal ersparen, der sich danach wie Lava unvermeidlich über alles ergießen würde.
    Aber er war aus härterem Stoff gebaut. Er hatte ein angeborenes unerschütterliches Verantwortungsgefühl, ein Charakterzug, den seine Eltern tagtäglich gefördert hatten. Die Vorstellung, vor
dieser Sache wegzulaufen, war genauso eine Fata Morgana wie der Wunsch nach Flügeln.
    Deshalb zwang er sich, einen zweiten Punkt zu sehen, für den es kein Gegenargument zu geben schien: Die Tatsache, dass sie ihm ihren Namen verheimlicht hatte, hatte nichts mit Flirten zu tun gehabt, wie er fälschlicherweise angenommen hatte. Sie waren schon mindestens eine Stunde zusammen auf dem Volksfest gewesen, ehe er überhaupt daran gedacht hatte, sie danach zu fragen. Sie hatten gelacht, weil sie so lange bis zu einem Punkt gebraucht hatten, der normalerweise an erster Stelle kam, wenn sich zwei Menschen begegnen und selbst vorstellen müssen.
    »Namen sind doch wirklich nicht wichtig, oder? Nicht bei einer so reizenden Begegnung.«
    Er bejahte. »Tja, was heißt das: Name?« Und dann zitierte er die Passage aus Romeo und Julia , so weit sie ihm noch einfiel.
    »Das ist gut! Hast du je daran gedacht, es aufzuschreiben?«
    »Hab ich tatsächlich, verkauft sich aber nicht.«
    Dieser Scherz wiederholte sich von da an immer wieder: Er fragte sie nach ihrem Namen, sie weigerte sich, ihn zu nennen. Wie ein Volltrottel hatte er es als die Phantasie interpretiert, mit einem anonymen Fremden zu schlafen, die sie spielerisch wahr machten. Die Namenlosigkeit war ein Teil des verführerischen Abenteuers gewesen, der den Reiz des Ganzen nur noch steigerte. Er hatte nichts Böses dahinter vermutet.
    Jetzt verstörte ihn nur eines: Alex Ladd hatte höchstwahrscheinlich die ganze Zeit über seinen Namen gekannt. Sie waren einander nicht aufs Geratewohl begegnet. Es war kein Zufall, dass sie kurz nach ihm den Tanzpavillon betreten

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