Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
auf die Uhr in ihrem Handy. Es war schon nach eins. Eigentlich sollte sie jetzt sechs Block von hier entfernt im Nifty Naylz Salon sein.
»Jesus, ist da jemand drin eingewickelt?«, fragte Christy erschrocken. Hugo war wieder aufgetaucht, beladen mit Mrs Dallaglios Reinigungsauftrag. Das Ende der langen, offenbar schweren Rolle hing bis auf den Boden.
»Bitte sehr!«, keuchte er. »Hoffentlich haben Sie für dieses Baby einen LKW vor der Tür stehen.«
Christy fiel die Kinnlade herunter. »Das sind keine … Kleider «, stotterte sie. »Da muss ein Irrtum vorliegen!«
Hugo sah in seinem Auftragsbuch nach. »Leider nicht, Ma’am. Mrs Delilah Dallaglio. Ein orientalischer Teppich.
Perfekt gereinigt mit der liebevollen Sorgfalt von Beauchamp et cetera et cetera.« Er strahlte sie an. »Mrs Dallaglio hat bei uns ein Kundenkonto, Sie brauchen also nichts zu bezahlen.«
»Nein!« Christy schlug sich vor die Stirn. Allmählich dämmerte es ihr. Das unterbrochene Telefonat mit Mrs Dallaglio … sie hatte gerade irgendwas von ›orientalisch‹ gesagt - und Christy hatte geglaubt, das beziehe sich auf die Inhaber der Reinigung. In Wirklichkeit ging es um einen orientalischen Teppich!
»Hugo, ich bin ein Trottel!«, gestand Christy. »Ich dachte, ich sollte ein Kleid abholen und bin zu Fuß hier.«
Hugo ließ den Teppich, der glücklicherweise in Folie verpackt war, auf den Boden fallen. »Dann haben Sie ein Problem, meine Liebe«, sagte er bedauernd. »Soll ich den Teppich für Sie zur Seite legen?«
Christy verdrängte die Überlegung, dass sie es zusammen mit Toni vermutlich geschafft hätte, den Teppich zu transportieren. Aber Toni war nicht mehr da.
»Ja, bitte. Ich muss später noch einmal herkommen.« Christy seufzte. Dieser Tag hatte zu wenig Stunden, um alles, was auf ihrer Liste stand, alleine bewältigen zu können. Außerdem verwandelte er sich in rasantem Tempo in einen Alptraum.
»Wir schließen um 22.00 Uhr«, sagte Hugo. »Ich werde bis zum Schluss da sein«, fügte er hinzu und verdrehte die Augen. »Service ist unsere Stärke …«
Zurück auf dem Bürgersteig eilte Christy zielstrebig in Richtung Nifty Naylz Salon. Sie wünschte sich, sie hätte Flügel oder wenigstens Rollschuhe.
Doch dann blieb sie unvermittelt stehen.
Mr Simpson war jetzt wahrscheinlich schon im Clint’s. Wenn sie ihn nun verpasste? Sie wollte doch unbedingt dieses Apartment!
Schließlich traf sie eine Entscheidung. »Tut mir leid, Bouvier Lassie Stormcloud de Montford Kramer«, sagte sie laut. »Aber du wirst noch eine Weile im Hundesalon warten müssen. Ich hole dich später ab.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und lief zurück zum Clint’s.
13.15 Uhr
Christy erkannte auf den ersten Blick, warum Mr Simpson gern hierherkam. Das Clint’s war ein Restaurant mit einer angenehmen Atmosphäre. Man saß auf Lederbänken oder an der langen Bar. Eine Tafel versprach Köstlichkeiten, bei denen ihr das Wasser im Mund zusammenlief. Alles wirkte entspannt und freundlich.
Lediglich eine Handvoll Gäste aß zu Mittag, aber auf den meisten Tischen stand ein Reservierungsschild. Erleichtert stellte sie fest, dass Mr Simpson noch nicht eingetroffen war. Da sie niemanden am Empfang entdecken konnte, ging sie bis zur Bar und schwang sich auf einen Hocker.
»Bin in einer Sekunde bei Ihnen, Miss.« Der große, schlanke Barkeeper war ganz in Schwarz gekleidet und lächelte sie an, seine Körpersprache verriet jedoch Anspannung. »Ich muss hier nur rasch eine Krise meistern.«
Hektisch blätterte er in den Seiten eines Telefonbuchs, steckte alle paar Sekunden den Kopf durch eine kleine Durchreiche und tauschte sich aufgeregt mit dem Küchenpersonal aus.
»Kein Problem.« Christy lächelte zurück und ertappte sich dabei, dass sie fast ihre Hilfe angeboten hätte. Im Hintergrund spielte leise das Radio. Christy erkannte die Melodie, es war einer ihrer alten Lieblingssongs. Sie neigte den Kopf in Richtung des Lautsprechers. In dem Moment fiel ihr ein Mann mittleren Alters auf, der am Ende der Bar saß und genau das Gleiche tat. Verlegen nickten sie einander zu.
»Wie heißt dieses Lied nochmal?«, fragte der Mann. Er hatte ein kleines Bier vor sich stehen und ein Exemplar der New York Times auf dem Tresen ausgebreitet. »Meine Frau hat es ständig gespielt.«
»Ich kenne es auch«, antwortete sie, »und der Titel liegt mir auf der Zunge. Leider habe ich mein iPhone nicht dabei, um nachzusehen.«
»Sie könnten sich
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