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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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uns. Er hat keine Ahnung von der ganzen Sache.«
    »Das stimmt nicht ganz.«
    Ich fuhr herum. »Was?«
    Demos räusperte sich. »Na ja, dein Vater … er wusste über deine Mutter Bescheid – dass sie telepathische Fähigkeiten hat.«
    »Was … was? «, fragte ich völlig entgeistert.
    »Er weiß Bescheid. Und er weiß auch, dass es die Einheit gibt – aber er glaubt, dass sie den Auftrag hat, uns in Gewahrsam zu nehmen, weil wir sehr gefährlich seien. Und er ist überzeugt, dass ich deine Mutter ermordet hätte, weil ihm die Einheit das gesagt hat.«
    Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Es war totenstill, während ich diese neue Information zu verarbeiten versuchte. Mein Vater hatte die ganze Zeit gewusst, dass meine Mutter telepathische Kräfte besaß? Jetzt ergab sich ein ganz anderer Sinn aus allem, was er gesagt und getan hatte. Warum er mich nach der Beerdigung sofort ins nächste Flugzeug gezerrt hatte. Warum er so wütend gewesen war, als Jack sich entschieden hatte, in den Staaten zu bleiben. Warum er schier durchgedreht hatte, als ich allein in die Staaten zurückgeflogen war.
    Oh Gott. Ich presste mir die Hände gegen die Schläfen, als könnte ich so die Gedanken zurückhalten, die durch meinen Kopf wirbelten. Was musste er sich bloß denken, nachdem er jetzt wusste, dass ich verschwunden war?
    Es war schrecklich. Einfach entsetzlich.
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Demos, als wäre ich ihm noch nicht nahe genug am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Ich hob den Kopf und wappnete mich innerlich.
    »Dein Vater arbeitete seither an einem … besonderen Projekt.«
    Ich schloss die Augen.
    »Ein Forschungsprojekt. Er will herausfinden, warum wir so sind.«
    »Nein, das ist nicht wahr.« Ich lachte, aber das Lachen klang leer und hohl und gekünstelt. »Er ist Kinderarzt. Er erforscht Kinderkrankheiten. Darüber schreibt er Aufsätze und Bücher. Er fliegt zu allen möglichen Kongressen und solchem Zeug. Ich habe das Krankenhaus oft genug gesehen, in dem er arbeitet.«
    Demos zuckte nur die Schultern. »In den letzten fünf Jahren hat dein Vater an dem Projekt gearbeitet. Er will ein Medikament entwickeln, ein Heilmittel gegen unseren … Defekt .«
    »Aber wir sind doch nicht krank!«, warf Suki aus ihrer Zimmerecke empört ein.
    »Nein«, antwortete Demos. »Aber für Lilas Vater leiden wir an einer Art Krebsgeschwür. Er versucht tatsächlich, etwas zu finden, eine Art Chemotherapie, irgendetwas, um uns davon zu heilen .«
    Eine ganze Weile sagte niemand etwas. Offenbar war das nicht nur mir neu, sondern auch allen anderen – außer Demos.
    Mühsam brachte ich meinen Atem unter Kontrolle. Die ganze Zeit. All die Jahre, die wir in London gelebt hatten. Die vielen Stunden, die Dad in seinem Arbeitszimmer verbracht hatte, immer nur Arbeit, Arbeit, Arbeit. Nie genug Zeit für mich. Und die ganzen langen Jahre hatte ich gedacht, dass mein Vater nur deshalb so viel arbeitete, um die Erinnerung an meine Mutter aus seinen Gedanken zu verdrängen. Während es genau umgekehrt war – er hatte bei seiner Arbeit immer nur an sie gedacht! Hatte für sie gearbeitet. Und wenn er glaubte, er könne ein Heilmittel für Leute wie mich finden, was plante er dann zu tun? Demos unschädlich machen? Wiedergutmachen, was geschehen war? Etwas heilen oder reparieren? Hätte meine Mutter überhaupt geheilt werden wollen ? Denn ich war nicht sicher, ob ich es wollte. Wollte ich geheilt werden? Ich wusste es nicht.
    »Woher weißt du das alles?«, fragte Alex.
    »Ich habe ihn beobachtet.« Demos’ Blick zuckte zu mir. »Und Lila. Und Jack. Ich hatte Melissa versprochen, auf ihre Familie aufzupassen und sie zu schützen, wenn ihr selbst etwas geschehen sollte.«
    »Du hast uns ausspioniert?«, schrie ich. »Seit wann?«
    »Lila«, sagte Demos mit vor Erschöpfung brüchiger Stimme. »Ich hatte immer nur ein Ziel – dafür zu sorgen, dass ihr in Sicherheit wart. Als dein Vater mit dir nach London zog, konnte ich ein wenig aufatmen, aber trotzdem musste ich immer aufpassen, ob die Einheit nicht doch etwas unternahm. Glücklicherweise hielten sie es nicht für nötig.«
    »Warum nicht?«
    Demos biss sich auf die Unterlippe. Vermutlich versuchte er abzuschätzen, wie viele Tiefschläge ich noch wegstecken konnte. Ich spürte selbst, dass es nicht mehr viele sein durften.
    »Ich vermute, die Einheit weiß über das Forschungsprojekt Bescheid, das dein Vater durchführt. Im Grunde nimmt er der Einheit Arbeit ab. Deshalb

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