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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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Arm. Auf der Tätowierung war nur noch ein klein wenig Wundschorf zu sehen, wo er sich den Peilsender herausgeschnitten hatte.
    »Erinnerst du dich an deinen ersten Schultag?«, fragte Alex plötzlich.
    Ich runzelte die Stirn. Wie kam er jetzt darauf? »Ja, klar.«
    »Du hattest wahnsinnig Angst. Aber du wolltest auch nicht, dass dich deine Eltern begleiteten. Wenn es schon sein musste, wolltest du unbedingt allein gehen.«
    Ja, ich erinnerte mich daran. Ich hatte nicht wie ein kleines Kind aussehen wollen. Ich weiß noch, dass ich einen Harry-Potter-Schulranzen trug. Und dann stand ich mit zittrigen Beinen vor dem Eingang und starrte die Treppe an, während die anderen Schulanfänger an mir vorbei in die Schule stürmten. Es war wirklich entsetzlich gewesen.
    »Wir waren auch da«, sagte Alex. Das brachte die Horrorshow meiner Erinnerungen abrupt zu Ende. »Jack und ich – wir behielten dich die ganze Zeit im Auge, versteckt hinter den Autos auf dem Lehrerparkplatz. Du hattest einen Harry-Potter-Schulranzen und einer der Jungs machte sich deshalb über dich lustig.«
    Was? Sie hatten mich beobachtet?
    »Jack wollte natürlich sofort losstürmen und den Knaben vermöbeln, aber ich hielt ihn zurück. Und dann sagtest du etwas zu dem Jungen und er schien richtig zu erschrecken, jedenfalls rannte er sofort davon.«
    Ich lachte. Das stimmte – aber ich konnte mich nicht mehr erinnern, womit ich dem Jungen solche Angst eingejagt hatte.
    »Danach bist du die Treppe rauf und in die Schule gegangen, und soweit ich weiß, hast du das erste Schuljahr in einem Stück überlebt.«
    Ich konnte nur staunen, dass er sich daran noch erinnerte. Er grinste. »Mit elf bist du in der Halloweennacht mit ein paar Freunden losgezogen und hast anderen Leuten Streiche gespielt.«
    Auch das stimmte – aber meine Erinnerung daran war blass und vage. Dass ich überhaupt solche Erinnerungen an ein anderes Leben hatte – ein normales Leben mit Freunden, in dem ich all das getan hatte, was Kinder in diesem Alter eben machen –, kam mir jetzt unglaublich vor.
    »Du warst als Piratenbraut verkleidet«, fuhr Alex fort. »Jack und ich folgten euch durchs ganze Viertel. Jack ging als Zorro.«
    Ich lachte laut auf. »Und du?«
    »Der Joker. Aus Batman .«
    »Und ihr habt mich beschattet? Warum?«
    »Du hast bei deinen Halloween-Streichen ziemlich viele Süßigkeiten eingesammelt. Wir wollten sie dir klauen.« Er hob eine Augenbraue. »Warum sonst hätten wir dir folgen sollen?«
    »Weil ihr alle beide bis heute unter einem total idiotischen Beschützersyndrom leidet. Psychiatrische Behandlung ist längst überfällig.«
    Er schaute mich ein paar Sekunden lang an, dann zog er mich an sich. Ich spürte die Wärme seines Körpers. »Was ich damit sagen will, Lila, ist«, murmelte er mit belegter Stimme, »dass ich immer für dich da war, mich um dich gekümmert habe, auch wenn du es nicht bemerkt hast.«
    Er nahm meine Hände. »Daran hat sich nichts geändert – ich werde für dich da sein, auch wenn du mich nicht siehst. Ich bin immer bei dir.«

18
    Schon als ich die Passkontrolle hinter mir hatte und aus dem Terminal ging, bemerkte ich meinen Schatten: Ein Mann in schwarzer Kampfuniform folgte mir. Er machte das nicht besonders geschickt und hängte sich so dicht an mich, dass ich ihn praktisch atmen hören konnte. Die Einheit brauchte dringend Nachhilfe in Routinebeschattung und geschickter Verkleidung – so eine Kampfuniform ist schließlich nicht gerade unauffällig. Dann fiel mir ein, dass sie in meinem Fall wahrscheinlich gar keinen Wert darauf legten, unerkannt zu sein, im Gegenteil: Sie wollten, dass ich die Beschattung bemerkte. Aber ich hielt mich an meine Anweisungen. Ich spielte das ahnungslose, naive Mädchen, rief eines der gelben Taxis und ließ mich direkt zum Camp Pendleton fahren.
    Am Haupttor des Stützpunkts beugte sich ein bewaffneter Marine zum Taxifenster hinunter und fragte, was ich im Camp wollte.
    »Ich heiße Lila Loveday – ich bin die Schwester von Lieutenant Jack Loveday.« Den Rang erwähnte ich besonders deutlich. »Ich muss ihn dringend sprechen.«
    Der Soldat trat ins Wachhaus und telefonierte; Sekunden später wurde mein Taxi durchgewinkt. Das Hauptquartier lag mitten im Campgelände und ragte wie eine gewaltige quadratische Festung mit spiegelnden Fenstern in die Höhe. Ich musste ein paarmal tief Luft holen, bevor ich mich überwinden konnte, aus dem Taxi zu steigen. Meine Beine hatten sich

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