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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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mittlerweile offenbar in Gummi verwandelt, kaum noch fähig, mich zu tragen. Aber irgendwo da drin war meine Mutter und der Gedanke an sie half mir, die Angst zu überwinden.
    Der Eingang des Gebäudes bestand aus zwei nebeneinander stehenden hohen Glasröhren, in denen sich automatische Türen befanden – eine Sicherheitsschleuse, wie mir Alex erklärt hatte. Bei meinem letzten Besuch im Camp waren sie mir wie überdimensionale Reagenzgläser vorgekommen und ich rechnete fast damit, Rachel auf ihren männermordenden High Heels herausstaksen zu sehen, wie beim letzten Mal. Ich hatte sie auf den ersten Blick gehasst. Und das hatte nicht nur mit ihren unendlich langen Supermodelbeinen und ihrem perfekt symmetrischen Gesicht zu tun, sondern vor allem damit, dass sie praktisch über Alex hergefallen war wie eine hungrige Tigerin über ein saftiges, blutiges Steak. Offensichtlich hatte mein Bauchgefühl schon damals bestens funktioniert. Ich nahm mir vor, meinem Instinkt in Zukunft mehr zu vertrauen.
    Vorsichtig näherte ich mich dem Eingang. Jede Sekunde rechnete ich damit, dass der Alarm losschrillte – ein entsetzliches, alles durchdringendes Pfeifen, das bei Menschen »meiner Art« weißglühende Kopfschmerzen verursachte, als würde der Schädel von innen mit einem stumpfen Messer ausgeschabt.
    Und wenn Alex falschlag? Wenn ich den Alarm auslöste, sobald ich dem Hauptquartier zu nahe kam? Ich hatte nicht ganz verstanden, wie der elektromagnetische Schutzschild um das Gebäude funktionierte, aber jetzt war es sowieso zu spät, um umzudrehen.
    Immer näher kam ich dem Eingang. Zehn Meter, acht Meter. Ich holte tief Luft. Noch fünf Meter. Und dann stand ich direkt vor einer der Glastüren und kein Alarm schrillte. Ich hielt mich immer noch auf beiden Beinen. Ich krümmte mich nicht vor Schmerzen auf dem Boden. Alles in Ordnung. Ich schaute zum Himmel auf – ob Key dort irgendwo herumschwirrte? Falls er da war, hielt er sich hoffentlich in genügend großer Entfernung vom Gebäude.
    Ich suchte nach einer Türsprechanlage oder wenigstens einem Klingelknopf, konnte aber nichts Derartiges entdecken. Dann glitt die Tür mit leisem Zischen auf. Ich warf einen letzten Blick zum Himmel hinauf und trat in die Röhre.
    Die Tür schloss sich hinter mir – für einen Moment war ich wie in einem Vakuum gefangen. Es gab kein Zurück mehr. Dann glitt die zweite Tür auf und ich trat in eine weiträumige Eingangshalle mit Marmorboden. Schritte schallten hart wie Schüsse über die Marmorfliesen.
    »Lila!«
    Ich wirbelte herum. Sara kam auf mich zu. In ihrem Gesicht spiegelten sich die verschiedensten Emotionen – Erleichterung, Qual, Sorge, Hoffnung – und ich war nicht sicher, was überwog. Da nutzte mir auch mein neues Vertrauen in mein Bauchgefühl nichts. Im Moment hatten sich meine Instinkte anscheinend in die letzten Ecken meines Verstands geflüchtet.
    Sara riss mich an sich. »Lila! Lila! Was machst du hier? Mein Gott, wo warst du nur?«
    Es kostete mich enorme Anstrengung, meine Arme zu heben und die Umarmung zu erwidern. Immerhin, sagte ich mir, gab es noch keinen Beweis dafür, dass Sara über alles Bescheid wusste, was in der Einheit abging. Möglicherweise war sie sogar unsere einzige Hoffnung, deshalb musste ich wenigstens so tun, als sei ich von ihrer Unschuld überzeugt.
    »Ich wollte nur … Alex … er hat mich überredet zurückzugehen«, stammelte ich.
    Sara wich sofort zurück. »Ist er auch hier?«, fragte sie atemlos. Sie hielt mich fest; ihre braunen Augen blickten mich forschend an.
    »Nein, er ist nicht mitgekommen. Er hat mich gehen lassen. Nachdem ihr ihn in Mexico City aufgespürt hattet, wollte er mich nicht mehr bei sich haben.« Das sagte ich mit gesenktem Kopf. Hoffentlich merkte sie nicht, wie rot ich dabei wurde. »Er sagte, ich würde ihn nur aufhalten.«
    Erst in diesem Augenblick bemerkte ich, dass zwei Männer hinter ihr standen – oder vielmehr sah ich zuerst nur ihre Stiefel. Sie betrachteten mich völlig ausdruckslos. Beide kamen mir bekannt vor, vielleicht war ich ihnen schon einmal begegnet, als mich Alex zum Joggen in das Camp mitgenommen und mir dabei sein Team vorgestellt hatte. Vielleicht waren es dieselben Männer, die uns erst vor ein paar Tagen in Mexico City über mehrere Dächer gejagt hatten. Und vielleicht hatten diese Männer Jack niedergeschossen und Ryder getötet. Ich wusste es nicht. Widerwillig riss ich den Blick von ihnen los, bevor mir der Hass aus den

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