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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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Allerdings aß Jess für neunzehn, Nicht-Nick nahm sich immer einen dritten Nachschlag, und Marc mochte den Geruch von Essen. Laura aß wie eine Zwanzigjährige, die nicht auf Kalorien achten und keinen Sport treiben musste, um heiß auszusehen, und annahm, das würde immer so bleiben, und meine Mom würde sich ein Stück Truthahn mit nach Hause nehmen wollen, um sich Sandwiches für die Uni zu machen. Ganz zu schweigen von Puppi und Struppi, die alles verschlangen, was ihnen vor die Nase kam. Daher erschien es mir unwahrscheinlich, dass der Kühlschrank oder, besser gesagt, die Kühlschränke der Villa mit Essensresten vollgestopft sein würden.
    Jess schaute auf die grauenhafte Uhr (es war eine dieser unheimlichen mit einer schwarzen Katze, deren Augen vor- und zurückrollten. Sie war uns von meinem Zimmer im Studentenwohnheim zu unserer Wohnung und schließlich in die Villa gefolgt). »Um wie viel Uhr essen wir?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich war nicht gerade eine Starköchin. Zu Lebzeiten war mein bevorzugtes Küchengerät die Mikrowelle gewesen. Meine Mom hatte oft für mich mitgekocht, obwohl ich nicht mehr zu Hause lebte, und mir meine Portion vorbeigebracht. Wenn ich Geld übrig gehabt hatte, hatte ich es in die Schuhspardose gesteckt, niemals ins Lebensmittelbudget. In meinem untoten Nachleben konnte ich keine feste Nahrung mehr bei mir behalten und war dazu verdammt, jahrhundertelang (mindestens!) Smoothies und Blut zu trinken. Daher erschien es mir wenig sinnvoll, Kochen zu lernen.
    Aber ich lebte ja nicht als Einzige in der Villa, und diese Tatsache wollte ich zu meinem Vorteil nutzen. Als ich Marc erklärte, dass er sich als unser schwuler Zombiemitbewohner gefälligst mit Bespaßung, Gastgeberpflichten, Kochen und solchen Dingen auszukennen habe, bekam ich viele Widerworte zu hören, von wegen, wie verletzend Klischees doch seien … und wie bequem. Dann warf er mit
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nach mir, wodurch ich feststellte, wie schwer die ungekürzte Fassung ist. Ich entschuldigte mich halbherzig (immerhin hätte er mir mit der Schwarte die Nase brechen können, also war ich auch in gewisser Weise ein Opfer). Daraufhin bewarf er mich mit dem sehr viel dünneren
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. Nun hatte er zwar keine Bücher mehr zur Hand, saß jedoch immer noch in Reichweite einer Schachtel mit hundert Filzstiften. Also beschloss ich, meine Entschuldigung ein wenig aufzustocken und anschließend das Thema zu wechseln. Lektion gelernt.
    »Ich hab das auch noch nie gemacht«, sagte ich in der Hoffnung auf ein paar Bonuspunkte bei dem treffsicheren Zombie, »aber das Wichtigste ist doch, dass wir die Sache gemeinsam durchziehen. Wir sollten uns nicht hinter verletzenden Klischees verstecken und fälschlicherweise erwarten, dass einer die ganze Arbeit allein …«
    »Es ist schon nach vier«, verkündete Jess, als hätte ich die Fähigkeit, die Uhrzeit zu lesen, zusammen mit meiner Fähigkeit, auch nur ein bisschen Kontrolle über mein Leben zu behalten, verloren. »So ein Truthahn braucht mindestens drei Stunden, bis er fertig ist. Er muss ganz durchgegart werden, Betsy. Ich kann keinen halb garen Truthahn essen. Das könnte dem Baby schaden, an dessen Entbindungstermin ich mich nie erinnern kann.«
    »Das ist schon okay«, beruhigte ich sie. »Ich sorge dafür, dass er durchgegart ist, falls er im Backofen nicht mehr rechtzeitig fertig wird. Ich bin ein kreatives Genie im Umgang mit der Mikrowelle.«
    »Das stimmt!« Ihr Gesicht hellte sich auf. Sie sah immer ausgesprochen hübsch aus, aber wenn sie strahlte wie in diesem Augenblick, machte sie jedem Starmodel Konkurrenz. »All die Sachen, die du darin hast explodieren lassen … Unglaublich, wie erfinderisch du warst! So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen.«
    »Oh, Jesus!«, murmelte Marc in sein Buch.
    »Ja, die Idee kam mir, als wir die vielen Marshmallowfiguren zum halben Preis gekauft haben. Weißt du noch? Das war kurz bevor ich meinen letzten DGJ (dämlichen Ganztagsjob) angefangen habe, und wir wollten diese Marshmallowfiguren-Party schmeißen, mussten sie aber absagen, damit wir diesen kurzfristig angesetzten Lagerverkauf mit den Designerschnäppchen nicht verpassten. Und wir hatten soooo viele Marshmallowfiguren! Und es gab so viele Arten, sie zu zerstören! Vor meinem Tod bin ich einem
Bond
-Schurken nie ähnlicher gewesen: ›Nein, Mr Marshmallow, ich erwarte, dass Sie sterben.‹ Ich habe mich damit in gewisser Weise selbst beeindruckt. Damals

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