Kein Biss unter dieser Nummer
gehasst hat.
Der Antichrist musterte mich mit seltsamer Miene. Nicht, dass ich das nicht gewohnt wäre. »Du hast mich das jetzt schon drei Mal gefragt. Dann brichst du unvermittelt ab und starrst mit glasigem Blick Löcher in die Luft. Und gleich darauf wiederholst du die Frage.«
»Ich … äh … versuche nur, eine gute Gastgeberin zu sein.« Gnah, wirke ich tatsächlich so dämlich, wenn ich nachdenke? Wer hätte gedacht, dass es mein Schicksal ist, eine untote Ausgabe von Dr. John Dorian aus
Scrubs
zu sein? »Also, hattest du Schwierigkeiten, den Weg zu finden?«
»Geht es dir nicht gut?«
»Ich bin ein wenig von der Rolle«, gab ich zu.
»Stehen wir deshalb in dem Teil des Gartens, in den deine Welpen kacken?«
»Sie sind nicht meine Welpen, also
lass mich in Ruhe!
« Ich riss mich zusammen.
Ganz ruhig, du Dussel! Wieso fällt es dir immer noch so schwer, zur Schadensbegrenzung die Nette zu spielen? Du hast es doch schon mindestens eine Zillion Mal machen müssen?!
»Und ja: Wir können reingehen, wenn du möchtest.«
»Versteckst du dich etwa vor den anderen?«
»Nein.«
Sie sah mich prüfend an – vielleicht interpretierte ich zu viel in ihren Blick hinein, doch für einen Augenblick wandelte sich ihr Ausdruck von überrascht zu traurig. »Willst du
mich
vor den anderen verstecken?«
»Nein.« Ich unterdrückte das Verlangen, ihr auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: »Kopf hoch, Sonnenschein!« Stattdessen erwiderte ich: »
Verstecken?
Dich?
Jesses, niemals! Wenn wir beide auf einer Hochzeit Eindruck bei der anwesenden Männerwelt schinden wollten, dann würde ich möglicherweise in Erwägung ziehen, dich zu verstecken.«
(In diesem Fall würde ich sie definitiv beiseiteschaffen.)
Eine Weile schaute sie mir prüfend ins Gesicht. Vermutlich versuchte sie herauszufinden, ob ich log. Jetzt war ich wiederum ein wenig traurig. Zuerst waren wir Fremde gewesen, dann hatte sich eine zarte Freundschaft zwischen uns entwickelt, die sich in eine nicht ganz so zarte Feindschaft gewandelt hatte, die wiederum zu einer Arbeitsbeziehung geworden war, die letztendlich im Beziehungsaus geendet hatte. Vermutlich war es unvermeidlich, dass Laura zu Satan 2.0 wurde, und ich wollte mich bei Truthahn-Smoothies mit ihr versöhnen. Ein bisschen traurig? Ja, klar. Das war ungefähr so, wie wenn man sagt »ein bisschen schwanger«. Wir waren schlicht und ergreifend traurig.
Schließlich meinte sie: »Wir können draußen bleiben, wenn es dir lieber ist.«
Ich geriet vor Erleichterung ein wenig ins Straucheln. Vor allem aber, weil ich mir in meiner Eile ausgerechnet die roten Kurt-Geiger-Samtplateauschuhe gegriffen hatte. Sie passten zwar nicht sonderlich gut zu meinem leuchtend orangefarbenen Parka, waren aber groß genug für dicke Socken. Wieder einmal hatte ich mich der bisher schwierigsten Frage der Menschheit stellen müssen: Bequemlichkeit oder Eleganz? Wenigstens trug ich keine Clogs. Andererseits sahen Plateauschuhe auch nicht viel besser aus …
»Baby Jon bekommt einen neuen Zahn.«
»Ja, Mom hat es mir erzählt.« Ich zuckte zusammen. Er war mein Mündel, mein Bruder/Pflegesohn, und dennoch bekam ich ihn kaum zu Gesicht. Schlimmer noch, ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich keine Gewissensbisse hatte, dass ich ihn so selten sah.
»Ich besuche ihn manchmal bei deiner Mutter. Sie ist nett«, fügte Laura gedankenverloren hinzu.
»Die Beste. Nicht viele in ihrem Alter würden so begeistert die Ersatzmutter spielen.« Ich fragte mich, ob Lauras Bemerkung ein echtes Kompliment gewesen war oder ein getarnter Seitenhieb à la: »Deine Mutter, die du nicht ermordet hast, ist nett. Du kannst dich glücklich schätzen, dass du so eine nette Mutter hast. Meine Mom ist übrigens tot, habe ich das schon erwähnt?« Und das war das Schlimmste an der ganzen Sache. Dass ich mir einfach nicht sicher war, ob Laura es nett meinte oder nicht. Früher hätte es keinen Zweifel daran gegeben.
Wir bahnten uns unseren Weg durch den zentimeterhohen Schnee, der in der Nacht gefallen war. Die Eiche, unter der ich meine Katze begraben hatte (zwei Mal), ragte in der hinteren linken Ecke des Gartens auf. Ich bin ein Stadtmädchen (schon immer gewesen), dessen Vorstellung von Camping darin bestand, im
Minneapolis Hyatt
abzusteigen und Hummer zu essen. Daher hatte ich mich immer noch nicht daran gewöhnt, in einer Straße zu wohnen, in der sich ein (nach Minnesota-Standard) altes Haus neben das andere reihte wie in einer
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