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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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eine Katze halten, stimmt’s?«
    Sie wandte den Blick ab. »Ich bin vor ein paar Tagen ausgezogen.«
    »Oh.« Hä? Sie hatte ihre Umzugspläne mit keiner Silbe erwähnt, obwohl Vampire wahre Meister im Schwere-Sachen-Heben sind. Als Umzugshelfer sind wir klasse. Andererseits war es auch verständlich. Es tat weh, aber ich konnte es verstehen. Es brannte wie Feuer, aber ich konnte es verstehen. Der Stich des Verrats ätzte sich wie Säure in meine Augäpfel, aber ich konnte es verstehen. »Du bist aus deiner Wohnung in Dinkytown ausgezogen?«
    »Ja. Ich musste … ja.«
    »Das tut mir leid.« Und das meinte ich aufrichtig. Dinkytown war ein in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts errichteter Stadtteil im Osten von Minneapolis, der aber immer noch angesagt war. Im Gegensatz zu riesigen Herrenhäusern und Luftschutzbunkern ist Dinkytown nie aus der Mode gekommen. Es ist eine Stadt in der Stadt, mit zahlreichen Buchhandlungen und Fahrradläden und guten Schnellrestaurants. Lauras Apartment hatte sich im Historic befunden, das (wie Dinkytown) schon immer cool gewesen ist. Das Gebäude war Ende des neunzehnten Jahrhunderts erbaut und erst kürzlich von Grund auf renoviert worden. Nun wirkte es von außen klassisch-historisch, verfügte jedoch im Inneren über allen modernen Schnickschnack wie W- LAN und Flachbildschirme. Ich wusste, dass Laura gern dort gelebt hatte, nicht nur weil wir alle unsere erste eigene Wohnung nach der Flucht – äh, dem Auszug – aus dem Elternhaus lieben, sondern um der schizophrenen Ausstrahlung des Apartments willen.
    »Dort leben nur Kinder«, sagte Laura, »und ich bin kein Kind mehr.«
    O-ho. Merket die Zeichen für die Ankunft des Antichristen: Denn ein Volk wird sich gegen das andere erheben, viele falsche Propheten werden auftreten, und das schrecklichste aller Zeichen wird sein, dass das Biest ihr cooles Dinkytown-Gemäuer aufgeben wird.
    Nehmt euch in Acht!
    Es war wieder einmal an der Zeit für einen unauffälligen Themenwechsel. »Was sagst du denn zu diesem Wetter? Und danke, dass du gekommen bist! Alle freuen sich über deinen Besuch.«
    »Warum?«
    Gott, das ist Folter!
»Warum nicht? Du bist meine Schwester, Baby Jon ist unser Bruder. Und die anderen gehören ebenfalls zu unserer Familie.«
    »Zu deiner Familie.« Sie setzte Struppi ab – gerade noch rechtzeitig, denn nach vier Schritten hockte sie sich hin und pinkelte. Struppi, nicht Laura. »Ich habe keine Familie mehr, meine Familie hast du ermordet.«
    »Nein.« Mit einem Mal war ich enorm wütend auf sie. Einerseits, weil dieses wehleidige Gejammer mir so sauer aufstieß wie abgelaufener Joghurt, andererseits, weil ich Gewissensbisse hatte. »Du hast immer noch deine Mom und deinen Dad, deine wahren …«
    Sie schnitt mir das Wort ab. »Unser Vater und Die Kleine Gehörnte waren meine wahren Eltern.«
    Die Kleine … Moment, wie bitte? Na, egal.
    »Nein. Das stimmt ganz und gar nicht. Nicht einmal für eine halbe Sekunde waren sie das. Deine wahren Eltern haben dich aufgenommen, dich geliebt, ernährt und an deinem Bett gesessen, als du die Grippe so schlimm hattest, dass du im Schlaf gekotzt …«
    »Wer hat dir das denn erzählt?«
    »Eine Vampirkönigin weiß alles.« Nein, das kaufte sie mir nicht ab. Wann würde ich mir endlich merken, dass sie meine Vampirkräfte für den Inbegriff des Bösen hielt und sich deshalb nicht davon beeindrucken ließ? Ganz im Gegenteil. »Meine Mom hat es mir erzählt, weil du es
ihr
erzählt hast. Deine Eltern waren immer für dich da, und obendrein haben sie auch noch jeden Cent zur Seite gelegt, um dich aufs College schicken zu können, und sich mächtig ins Zeug gelegt, um richtig tolle Eltern zu sein. Selbst als Satan aufgetaucht ist, haben sie dich
immer
noch geliebt und dich
immer
noch als ihre Tochter betrachtet. Dein Dad ist Pfarrer und deine Mom Krankenschwester. Sie haben ihr Leben damit verbracht, anderen Menschen zu helfen, und dich angehalten, ihrem Vorbild zu folgen, weil du ihre
Tochter
bist. Bessere Menschen kann es gar nicht geben.« Einer der Vorteile, ein schlechter Mensch zu sein, liegt darin, die Guten erkennen zu können. »Sie wissen, dass du die Brut des Satans bist, und es ist ihnen scheißegal. Deshalb sind sie deine
wahren
Eltern.«
    Laura schüttelte nur den Kopf und sah dabei großartig aus. Ich weiß nicht, was mich mehr ärgerte, ihr Kopfschütteln oder dass sie … Oh, wem will ich was vormachen? Dass sie dabei großartig aussah, ärgerte

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