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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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merkwürdig, ich weiß. Ich verstehe es ja selbst nicht, obwohl man versucht hat, es mir zu erklären. Mehrere Male. Ich werde es wohl nie verstehen, und eigentlich ist es mir auch egal.) In der Hölle war Ant so eine Art Stellvertreterin des Teufels, fast eine Freundin. Daher hielt ich es auch nicht für Zufall, dass mir von den Millionen von Seelen ausgerechnet Ant als Erstes über den Weg lief.
    Kurz und bündig: Sie
wollte
mir erscheinen, und das obendrein in einer ihrer schrecklichen Kombinationen aus knallpinker Polyesterbluse und schwarzem Minirock. Dazu trug sie wie immer wackelige, billige Pumps und ihre leuchtend gelbe Ananas-Helmfrisur. Wohlgemerkt: Sie zeigte sich mir
absichtlich
in dieser Aufmachung. Es gab geistesgestörte, sabbernde Serienkiller in der Hölle, die mehr Selbstachtung besaßen.
    Ich starrte sie eine ganze Weile ziemlich entsetzt an, bis mir bewusst wurde, dass ich ihr noch gar keine Antwort auf ihre (unhöfliche!) Frage nach dem Grund meines Hierseins gegeben hatte. »Ich freue mich genauso wenig darüber, dich zu sehen. Das kannst du mir glauben.«
    »Heute wirst du nicht wieder das Opfer spielen«, wies mich Ant streng zurecht. »Du hast diesen Schlamassel verursacht, also geschieht es dir auch ganz recht, dass Laura dich zur Strafe darin hat sitzen lassen.«
    »Dein Gesicht ist auch eine Strafe.« Ich war ein wenig verunsichert. Es gelang mir jedoch, mich zusammenzureißen. »Woher weißt du, dass sie mich hier sitzen gelassen hat? Hast du Laura auf mich gehetzt?«
    Sie glotzte mich finster an, und die Abneigung in ihrem Blick war so intensiv, dass sie mich fast umgeworfen hätte. Wow, da kamen Erinnerungen an die Party an meinem sechzehnten Geburtstag hoch! »Das musste ich nicht. Es war die logische Schlussfolgerung. Du wärst nicht von allein hergekommen, also muss dich jemand hergebracht haben. Und da du nun allein hier bist, liegt es nahe, dass man dich sitzen gelassen hat. Und da du den Boss getötet hast, kann nur Laura dich hergebracht haben. Und es geschieht dir ganz recht«, giftete sie herablassend.
    »Wunderbar.« Ich drehte mich um. Ich war fast eine Stunde gelaufen, ehe ich über Ant gestolpert war. Es war Zeit, in
irgendeine
andere Richtung zu gehen. So lange, wie es eben dauern würde. Jahre. Jahrzehnte. Was auch immer. »Schön, dich getroffen zu haben. Fall tot um! Tschüss.«
    Ich war etwa zehn Schritte weit gekommen, als ich sie rufen hörte: »Warte mal!«
    »Vergiss es!« Ich schnaubte. Wem würde ich wohl als Nächstes in die Arme laufen? Hitler? Heinrich VIII. ? Aileen Wuornos? Dem Würger von Boston? (Moment mal, war der überhaupt schon tot?) Gleich, wer es auch sein mochte, schlimmer konnte es nicht mehr werden.
    (Hallo, Heinrich, alter König! Ich verpasse dir gern eine Tracht Prügel und erkläre dir anschließend bei einer Tasse heißer Schokolade, dass nicht die Eizelle, sondern das Sperma das Geschlecht eines Babys bestimmt. Und übrigens war Anne Boleyns Tochter fünfmal mehr Herrscher als du. Nicht wortwörtlich. Denn du bist am Ende ziemlich fett geworden. Elizabeth hat nur Falten bekommen.)
    »Ich sagte, warte, du grässliche Schlampe!«
    Nein, schlimmer konnte es wirklich nicht mehr werden.
    Ich hörte Ants kleine Trippelschritte näher kommen. Hm. Ich verursachte kein Geräusch beim Laufen, aber ihr Geklapper war wie zu ihren Lebzeiten: geschmacklos und laut. Sie erwartete, dieses Geräusch zu machen, also machte sie es auch. Der Höllennebel war schon merkwürdig.
    »Ich nehme an, du fragst dich, worum es geht.« Bedauerlicherweise hatte sie mich eingeholt und gestikulierte nun vage auf das Nichts, wodurch mein Blick auf ihre kitschigen knallroten Nägel fiel. Der Markt für aufklebbare Fingernägel war vermutlich im Monat ihres Todes stark eingebrochen. Vielleicht würde er sich nie wieder von diesem Schlag erholen. »Bei all dem hier.«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich …« Gerade noch rechtzeitig hielt ich mich zurück. Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für einen Jammeranfall. Ich konnte nicht einfach losheulen: »Buhu, ich hab mich verirrt, und ich vermisse meine Lieben, und ich habe Angst, buhuhu! Außerdem habe ich Durst.« Lieber würde ich sterben, als mich Ant anzuvertrauen. Konnte ich in der Hölle überhaupt Blut trinken? Vermutlich waren die Leute hier durstig und hungrig und konnten nicht essen oder trinken und auch nicht (erneut) sterben. Deshalb war es ja die Hölle. Nein, besser, ich behielt jegliche vertraulichen

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