Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
Vom Netzwerk:
sagte er zu den Leuten im Zimmer und vielleicht sogar der ganzen Welt: »Nein, nein, nein!«
    Hihi.
    »Liebe Güte, hol Luft, bevor du noch ohnmächtig wirst!«, sagte ich zu ihm. »Deine Schwester stellt sich nicht so babyhaft an. Was ziemlich beeindruckend ist, da sie ja immerhin ein Baby ist. Hey! Jess!« Ich beugte mich vor und rubbelte Nee mit dem Handtuch (was ihm nicht gefiel), damit ihm wärmer wurde (was der Fall war), während ich das Andere Nee in Tinas Handtuch betrachtete. »Sie sehen aus wie du!« Und das war nicht einmal gelogen. Sie sahen aus wie winzige, zornige Kopien von Jess. »Aber sie sind ganz schön blass!« Auch das stimmte. Die widerlich blaurote Färbung von Nees Schwester verblasste immer mehr; muss wohl so eine Neugeborenensache sein: Sobald sie warm und trocken werden, bleichen sie aus. Sie hatten Jess’ Gesicht und Nicht-Nicks Teint. Je nachdem, wie sich alles entwickelte, würden die Nees entweder hinreißend oder hässlich werden.
    Doch das war nicht mein Problem. Sollten sich Jess und Nicht-mehr-Nick Gedanken darüber machen, wie hässlich ihre seltsamen Sprösslinge einmal werden würden! Ich persönlich war der Ansicht, dass sie ziemlich niedlich werden würden. Da ihnen inzwischen warm geworden war, hatten Nee und das Andere Nee mit der Heulerei aufgehört. Sie gähnten ausgiebig und schliefen ein. Na ja, sie hatten ja auch zwanzig anstrengende Minuten hinter sich. Babys: die Faulpelze der Natur.
    »Hey.« Ich stupste Marc an, der bis zu den Ellbogen mit Jessicaschleim bedeckt war. »Gut gemacht.«
    »Oh, Mann, bin ich froh, dass du zurück bist!«, murmelte er. »Hier ging’s zu wie im Irrenhaus. Was nicht heißen soll, dass es jetzt, da du wieder hier bist, weniger zugehen wird wie im Irrenhaus.«
    »Danke. Brauchst du … äh … Hilfe?«
Bitte sag jetzt nicht Ja!
Niemand ist für diese Aufgabe weniger geeignet als ich.
    »Nein, das ist schon … Jess, du musst weiter pressen. Ich weiß nicht, warum, aber die Plazenta kam nicht zwischen den Babys raus, also musst du sie jetzt rausdrücken.«
    »Kommt ja gar nicht in die Tüte! Ich habe jetzt frei. Meine Arbeit ist erledigt. Die Babys sind raus. Siehst du?« Sie deutete auf die Handtücher, die Tina und ich hielten.
    »Du musst nur noch einmal kurz drücken, das wird bestimmt nicht so schmerzhaft wie vorhin«, schmeichelte er.
    »Nö. Ich hab Feierabend.«
    »Vielleicht wenn die Sanitäter kommen …«, fing ich an, als wüsste ich tatsächlich, was ich da von mir gab.
    »Wenn sie glaubt, ich gebe mich so leicht geschlagen, hat sie sich geirrt. Ha!« Marc schüttelte eine Faust voller Babyschleim. »Das wird sie noch bereuen.«
    »Geht es dir auch gut, Marc?«, fragte Nicht-Nick besorgt. Er hatte Jessicas Gesicht gestreichelt, während sie miteinander geflüstert hatten, nun sah er auf. »Du klingst nämlich so, als wärst du von einem der Schurken aus einem
Bond
-Film besessen.«
    »Rück deine Plazenta raus, oder du wirst sterben!«, verkündete Marc in unheilvollem Gangsterton und blickte sich im Zimmer um. »Wo ist die große, flauschige, böse, weiße Katze, wenn man sie mal braucht?«
    »Keine Katzen!« Das schrie ich fast. Mich gruselte es immer noch, wenn ich daran dachte, was Marc mit Giselles Leichnam angestellt hatte. Ich wusste natürlich, warum er es getan hatte, und unter den gegebenen Umständen war das auch richtig gewesen, aber deshalb blieb es trotzdem immer noch eklig. Wie auch dieser Moment. Ich war in einer Welt des Ekels gefangen. »Willst du ein paar Feuchttücher oder so? Ich glaub, alle Handtücher sind schmutzig oder mit Babys belegt oder beides.«
    »Nein. Jess, würdest du bitte …«
    Ich legte den Kopf schräg, schaute auf und traf auf Sinclairs Blick.
    Endlich
.
    »Der Krankenwagen ist gleich hier«, sagte ich, worauf Marc erleichtert aufs Bett sank.
    »Ausgezeichnet.« Sein Ton ließ mich aufhorchen. Ich löste mich von Sinclairs Blick und sah stattdessen Marc an. Er hatte Angst. Große Angst sogar, und es war eine reife Leistung, dass er sie bisher hatte verbergen können. Eine Woge der Zuneigung für ihn überflutete mich so heftig, dass sie mich beinahe umgehauen hätte. Ich mochte meinen Zombie so sehr! (Argh. Marc. Ich mochte Marc.) »In ein paar Minuten bist du ganz offiziell deren Problem.«
    »Ich weiß!«, stimmte Jessica glücklich zu. »Ich kann es kaum erwarten. Nichts gegen dich.« Sie griff nach Marcs schleimbedeckter latexbehandschuhter Hand. »Ohne dich hätte ich das nicht

Weitere Kostenlose Bücher