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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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hinunterfuhr und auf den Highway einbog.
    »Die wären wir los«, murmelte Anna, als Mamah in die Küche zurückkam. Sie band sich eine alte Schürze um und fing an, in dem drückend heißen Raum flink hin und her zu gehen. »Heute gibt es zum Abendessen Hühncheneintopf«, sagte sie mit einem Anflug von Fröhlichkeit in der Stimme. Sie ging auf den Innenhof hinaus, nahm ein Beil vom Haken und machte sich auf den Weg in den Hühnerstall. Als sie eine halbe Stunde später zurückkam, trug sie, ihre blutige Schürze als Beutel verwendend, sechs kopflose Hühner in der einen Hand. In der anderen hatte sie eine Handvoll Kräuter. Die Auseinandersetzung mit Lil schien sie belebt zu haben, denn sie fing an zu reden, offenbar mit Mamah, die sich als einzige andere Person in der Küche aufhielt.
    »Die Leute ziehen dich über den Tisch, wenn sie können, selbst auf dem Land«, sagte Anna, und in ihrer Stimme war immer noch der schwere walisische Akzent hörbar. »Besonders, wenn sie dich für einen Außenstehenden halten.« Anna verzog das Gesicht, als sie die Vögel rupfte. »Diese Frau weiß nicht, mit wem sie es zu tun hat.« Sie wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Oberlippe. »Falls sie das täte, würde sie nicht versuchen, mit einem solchen Unfug daherzukommen. Wahrscheinlich hat sie einen anständigen Preis dafür bezahlt und versucht, uns auszunehmen.«
    Mamah räusperte sich und versuchte, das Thema zu wechseln. »Frank hat mir erzählt, Ihr Vater hat dieses Land besiedelt.«
    Anna blickte von ihrer Arbeit auf und sah wieder an Mamah vorbei. »Mein Vater…« Sie hielt inne, als wollte sie abwägen, ob sie die Geschichte ihres Vaters besudeln sollte, indem sie Mamah davon erzählte. »Mein Vater kam mit leeren Händen hier an.« Ihr Kopf wackelte ein wenig, als bebte er vor Empörung. » Er hatte nichts. Außer einer Frau und einer Schar Kinder, die arbeiten konnten. Sie wurden aus religiösen Gründen aus Wales vertrieben.«
    »Sie waren unitarische Prediger, nicht wahr?«
    »Davon allein konnte man nicht leben. Die Lloyd Joneses waren Farmer, einige von ihnen. Hutmacher, das war mein Vater. Große Männer. Ausgezeichnete Männer. Doch in Wales wurden sie nicht verstanden und von ihren eigenen Leuten wie Häretiker behandelt. Weil sie keine Angst davor hatten, selbstständig zu denken. Mein Vater war gezwungen, die Dorfkirche zu verlassen, weil er die Göttlichkeit Jesu in Frage stellte. Die meisten doktrinären Lehren können Fragesteller nicht ertragen. Und mein Vater hat den Mund aufgemacht. Er sprach aus, woran er glaubte.« Sie schüttelteden Kopf. »Oh, die Verfolgung, die er und Mutter zu ertragen hatten.«
    »Aus diesem Grund sind sie ausgewandert«, sagte Mamah. »Mein Vater hatte in Wisconsin eine Schwester. Anfangs hatten wir nur unsere Hände und unseren Rücken. Ein Baby hat es nicht geschafft – es starb auf der Reise von New York hierher.« Anna wusch ihre blutige Schürze in kaltem Wasser aus. »Nach einer gewissen Zeit gehörte den Lloyd Joneses dieses ganze Tal.«
    Anna verließ die Küche, einen großen, dampfenden Kessel hinterlassend.
    Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass Franks Mutter ihre Meinung eines Tages ändern würde. Mamah erinnerte sich an Catherines Geschichte von ihrem Hochzeitstag. Anna Wright hatte sich aufgeführt wie bei einem Begräbnis und war während der Zeremonie ohnmächtig geworden. Seitdem war sie stets mit ihrer Schwiegertochter über Kreuz gewesen. Dennoch war sie die ganze Zeit in Franks Nähe geblieben. Als er als junger Mann aus Wisconsin aufbrach, um in Chicago sein Glück zu machen, folgte ihm Anna nach Ablauf ungefähr eines Jahres und zog mit ihren beiden Töchtern ebenfalls dorthin, um in seiner Nähe zu sein. Tatsächlich, um von ihm unterstützt zu werden.
    Er errichtete ihr an der Chicago Avenue ein Haus neben seinem eigenen. Sie ließ sich in Oak Park nieder und baute sich als Madame Wright, Mutter des großen Architekten, ein eigenes Leben auf.
    Mamah fiel auf, dass Frank seine Mutter immer in seiner Nähe gehabt hatte, mit Ausnahme des einen Jahrs in Europa. Bei aller Bewunderung, die Frank in seiner Familie genoss, war er auch ein Lasttier, seit er neunzehn oder zwanzig war. Während sie in der Küche stand und Kartoffeln schälte,konnte Mamah sich leicht zusammenreimen, wie die Dinge sich in jüngster Zeit entwickelt hatten. Anna Wright war hierhergekommen und hatte für Frank dieses Land gekauft, weil sie ihn gut genug kannte, um zu

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