Kein Blick zurueck
gut gekleidet, die diesem Handel nur einen vornehmeren Anstrich verlieh. »Es kommen keine guten Geschäfte zustande, wenn ich dabei bin«, sagte sie nach ein paar solchen Ausflügen zu den Männern. »Am besten, ihr geht allein.«
Wenn sie nicht dabei war, verkleidete sich Frank und schlüpfte in eines der Kostüme, von denen er sich einbildete, sie würden ihn als wer weiß wen durchgehen lassen. Als Künstler? Gewiss nicht als Einheimischen. Niemand, den sie in Tokyos Straßen gesehen hatte, kleidete sich so, mit weiten, an den Knöcheln geknöpften Hosen und einer Schirmmütze, die er sich von einem lokalen Schneider hatte anfertigen lassen. Woher hatte er diese Schuhe mit den hohen Holzabsätzen? Sie ließen ihn größer erscheinen und waren auf ihre Weise ähnlich extrem wie die hölzernen Plateauschuhe der Geishas in den Teehäusern. Ihn in einem Kostüm zu sehen, das sie früher einmal charmant gefunden hätte, war ihr nun peinlich und machte sie aus unerklärlichen Gründen wütend.
Das letzte Geschäft, dessen Zeugin sie geworden war, hatte sie zu der Einsicht geführt, dass sie an diesen Geschäften keinen Gefallen fand. Sie standen in einem Nieder-Gang und warteten, dass ein Händler seine Holzschnitte aus einem Hinterzimmer hervorholte, als Franks bewundernder Blick auf eine Vase fiel, die an der Wand auf einem Tischchen stand. Er ging darauf zu und tippte sie mit seinem Bambusstock an, den er in Tokyo erstanden hatte. Dieses Antippen brachte die Vase beinahe zum Umstürzen. »Wie viel?«, erkundigte sich Frank bei der Frau des Mannes, die schreckensstarr danebenstand und zusah, wie die Vase schwankteund sich wieder aufrichtete. Die Frau senkte den Kopf und murmelte: »Sie ist unverkäuflich.« Shugio übersetzte. »Sie befindet sich schon seit Generationen in ihrer Familie.«
Bei dem darauffolgenden Drama um das Geschäft mit den Holzschnitten zuckte Mamah nur noch mehr zusammen. Frank tat so, als wäre er tief beleidigt wegen des geforderten Preises. Der arme alte Verkäufer zog sich an die Rückseite des Raums zurück, um sich mit seiner Frau zu beraten. Frank schwatzte, machte Späßchen und schmeichelte, und das alles mit Hilfe von Shugios Übersetzungskunst, die alle Peinlichkeit auszubügeln schien. Dann verließ er den Ort mit Holzschnitten, die so gut wie nichts gekostet hatten im Vergleich zu dem, was die Brüder Spaulding Frank dafür bezahlen würden. Das ganze Verfahren hatte einen gierigen Beigeschmack, der bei Mamah ein ungutes Gefühl hinterließ. »Diese Holzschnitte stellen für die Japaner keine hohe Kunst dar«, versicherte Frank ihr eines Tages, als er sich anschickte, den Spauldings erneut ein Telegramm zu schicken, um sie um mehr Geld zu bitten. »Sie sind die Kunst des einfachen Mannes. Die Verkäufer haben nicht das Gefühl, irgendetwas aufzugeben. Tatsächlich glauben sie, mich zu übervorteilen.«
Trotz ihres Unbehagens angesichts Franks nächtlicher Streifzüge musste sie lachen, wenn er in bester Laune und mit interessanten Geschichten wieder nach Hause kam. Nur ein einziges Mal kehrte er tief ernüchtert zurück. Ein furchterregend aussehender Mann hatte ihn bis zum Hotel verfolgt und offenbar auf den richtigen Moment gewartet, um zuzuschlagen. Es hatte sich eindeutig herumgesprochen, dass ein Verrückter in der Stadt war, der Holzschnitte aufkaufte und eine Menge Geld in der Tasche hatte. Shugio und Frank hatten gewollt, dass es den Besitzern der Holzschnittezu Ohren kam, doch es war auch den Taschendieben zu Ohren gekommen. Danach war Mamah tief besorgt, bis sie ihn wieder in ihrem Zimmer in Sicherheit wusste.
»Wann bekomme ich meinen Architekten zurück?«, sagte sie eines Nachts sanft zu ihm, als er schlecht gelaunt und mit leeren Händen von einem Ausflug zurückkehrte.
Sein ganzer Körper wirkte enttäuscht, als er ihr antwortete. »Es belastet mich, Mamah, dass du es bei all deiner Intelligenz verweigerst, diesen Teil meines Lebens zu verstehen.« Er tupfte sich mit der Serviette den Mund ab und schob seinen Stuhl zurück.
»Ich verstehe es, aber – «
Frank hob abwehrend die Hand. »Es ist derzeit unser Lebensunterhalt. Bald wird es keine Rolle mehr spielen. Ich glaube, mittlerweile dürfte ich in ganz Japan so gut wie alle herausragenden alten Holzschnitte aufgekauft haben. Sie sind Tag für Tag schwerer zu finden.«
Ohne die Konzentration auf ihre Übersetzung und ohne ein eigenes Ziel hatte Mamah nach ein paar Wochen in Japan das Gefühl, keinen festen
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