Kein Blick zurueck
Etikett am Fuß des Blattes vor. »Ich habe es in der Mappe gesehen.«
Sie standen zu dritt nebeneinander und betrachteten die Zeichnung.
»Ich erkenne Taliesin darin«, sagte Emil. »Wie es sich an den Hügel schmiegt. Auch die Terrassen.«
Als sie allein waren, lächelte Mamah Taylor zu. »Sie haben es nicht vergessen.«
»Es war das Erste, was ich eingepackt habe.«
»Schon beim Anblick dieser Zeichnung kann ich die Kiefern um Fiesole riechen«, sagte sie.
»Vermissen Sie es?«
»Oh, ich vermisse die Zeit, die wir damals hatten. Aber ich liebe diesen Ort. Ist das nicht komisch? Ich habe den Gedanken an Wisconsin gehasst, und jetzt will ich nur noch an Ort und Stelle bleiben.«
»Und Wurzeln schlagen?«
»Tiefe Wurzeln«, sagte sie. »Seit wir aus Japan zurück sind. Ich sehe mich um und finde allerlei, das meiner Aufmerksamkeit bedarf. Den Garten zum Beispiel. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gut es sich anfühlt, etwas zu haben, das mich braucht.« Sie rollte die Zeichnung zusammen und schob sie zurück in die Verpackung. »Kommen Sie mit. Ichwill das hier in den Safe legen, und dort gibt es ein paar Dinge, die ich Ihnen gerne zeigen möchte.«
Sie führte ihn ins Studio zu dem gemauerten Safe, wo Frank seine hoch geschätzten japanischen Holzschnitte aufbewahrte. »Bilder der schwebenden Welt«, sagte Mamah mit einer kleinen Handbewegung. Taylor sah gebannt zu, als sie eine Kiste nach der anderen öffnete. Sie zeigte ihm mehrfarbige Bilder von Kabuki-Schauspielern mit gezückten Schwertern, von Geishas mit Sonnenschirmen, Ansichten des verschneiten Berges Fuji.
»Mr. Wright handelt jetzt mit Holzschnitten«, sagte sie.
»Ich wusste schon immer, dass er von diesen Drucken völlig begeistert war, aber – «
»Mehr als völlig begeistert. Er wird Ihnen ihre Bedeutung erklären müssen. Oh, er liebt es sehr, eine Holzschnittparty zu veranstalten. Heute Abend werden wir eine feiern, nur wir drei. Und er wird Ihnen über jeden einzelnen dieser Holzschnitte alles erzählen. Sie werden sich wünschen, nie gefragt zu haben.«
»Lieber Himmel, das müssen tausend sein.«
»Und das sind nur die, die noch übrig sind. Die meisten wurden nach Boston geschickt.«
»Er sprach von einigen Sammlern.«
»Ja«, sagte sie und schloss die Safetür. »Die Gebrüder Spaulding in Boston. Sie sind der eigentliche Grund, warum wir es uns leisten konnten, so lange in Japan zu bleiben. Sie haben Frank carte blanche erteilt, zu kaufen, was er für richtig hält.« Sie erwähnte ihm gegenüber nicht den Dollarbetrag, den die Brüder Frank ausgehändigt hatten – fünfundzwanzigtausend. Die Zahl müsste einem jungen Mann, der sich darum bemühte, als Architekt sein Auskommen zu finden, absurd erscheinen. Taylor war gekommen, um Frank zu helfen, die Zeichnungen für eine Ausstellung vorzubereiten,und sie war sich sicher, dass er während seines Aufenthalts nur wenig Geld verdienen würde.
»Wollen Sie einen kleinen Spaziergang machen, während wir auf Frank warten? Sein Zug trifft in ungefähr anderthalb Stunden ein.«
»Ich kann mir nichts Besseres vorstellen.«
»Es war ein Glücksfall«, sagte Mamah, als sie in den Garten hinausgingen. »Wir wollten ohnehin im Januar nach Japan reisen, damit Frank mit den Leuten von der Regierung über das Imperial Hotel sprechen könnte. Diesen Teil der Geschichte kennen Sie bereits, nicht wahr?«
»Ich habe gehört, dass er in Betracht gezogen wird. Es handelt sich um einen Riesenauftrag.«
»Nun, die Sache hängt noch in der Schwebe, aber wir sind sehr hoffnungsvoll. Es lief alles gut. Und falls es so weit kommt, könnte der Zeitpunkt nicht besser sein.« Sie blieb einen Augenblick stehen und sah Taylor direkt in die Augen. »Ich hasse es, Ihnen gegenüber so zu tun als ob. Die Wahrheit ist, dass Franks Aufträge praktisch versiegt sind. Wie es scheint, liegt immer irgendetwas auf dem Zeichentisch, doch wenn es so weit ist, ein Projekt tatsächlich zu bauen…« Taylor sagte nichts, nahm aber für einen Moment ihren Ellbogen. Er war ein junger Mann, Franks Angestellter. Sie sollte nicht mit ihm über Geld sprechen.
»Wie auch immer, diese Spauldings bekamen Wind davon, dass Frank auf dem Weg nach Japan war. Er wollte sich ohnehin Holzschnitte ansehen. Sie kennen ihn ja. Doch plötzlich war durch diese Brüder Geld da, das ausgegeben werden konnte. Anscheinend betrachtet man Frank als eine Art Experte für japanische Holzschnitte. Und als Experte dafür, sie aufzuspüren.« Sie
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