Kein Blick zurueck
warf ihm über die Brille hinweg einen amüsierten Blick zu.
»Ein ganz schönes Abenteuer, das Sie da bestanden haben«,auf Taylors Gesicht zeigte sich ein wissendes Lächeln. Er hatte Frank in Italien auf einigen seiner Einkaufstouren begleitet.
»Ich wusste nie, was der nächste Tag bringen würde«, sagte sie. »Im einen Moment plauderten wir in einem ausgesprochen respektablen Büro beim Tee mit jemand, der solche Holzschnitte verkaufte, und im nächsten verschwand Frank im Händlerviertel in irgendeinem verräucherten Keller – ›Nieder-Gänge‹ nennt er sie –, wo irgendwelche Leute die erstaunlichsten Sammlungen von ukiyo-e angehäuft hatten. Das waren dann nicht die makellosen Bilder, die wir im Spitzensegment fanden. Doch Frank macht es nichts aus, wenn die Ecken eingerissen oder die Drucke verschmutzt sind. Er ist völlig hingerissen von der Kunst und der Geometrie dieser Blätter, deshalb ist er vermutlich so geschickt darin, die richtigen auszuwählen. Er sagt, sie seien moderner als der Modernismus.«
Sie setzten sich auf die geschwungene Mauer, die den Teezirkel umgab.
»Und wie war es hier?« Taylor hätte sich nach dem Wetter erkundigen können. Doch Mamah wusste, dass seine Frage dem Pressedebakel galt.
»Haben Sie dort draußen davon gehört?«
Er nickte. »Nur über einen Freund in Chicago. Ich selbst habe nichts darüber gelesen. In Salt Lake war das keine Nachricht.«
Mamah seufzte. »Danke, Taylor.« Sie tätschelte seine Hand. »Die Menschen sind überraschend großzügig. Keiner spricht darüber. Jedenfalls nicht die, die mit uns reden.«
»Und Sie? Wie geht es Ihnen?«
»Mir geht es gut. Ich versuche, mich nach unserer Rückkehr wieder einzuleben.«
»Übersetzen Sie immer noch?«
»Im Augenblick nicht. Das ist eine zu lange Geschichte.« »Und Ihre Kinder waren zu Besuch?«
Auf Mamahs Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus. »Ja. Nach all diesem Aufsehen hatte ich mir solche Sorgen gemacht. Aber meine Tochter Martha schloss sofort Freundschaft mit einem Mädchen von der Nachbarfarm, Emma, und Emma hat einen Cousin in Johns Alter. Es ging besser, als ich erwartet hatte. Gegen Ende des Sommers hingen sie auch sehr an Frank, glaube ich. Er hat sie zum Reiten und Fischen mitgenommen und sie natürlich verwöhnt.
Vergangenen Sommer hatten wir hier so viele Besucher. Die Menschen sehen das Haus vom Highway aus und fahren aus Neugier herüber. Auch einige organisierte Touren gab es. Wir hatten eine ganz gewöhnliche Schülergruppe, die mit ihren Lehrern vorbeikam. Und eine Sonntagsschulklasse. Können Sie sich das vorstellen?«
»Interessant, wie die Menschen sich nach einiger Zeit an etwas gewöhnen.«
»Selbst Menschen wie ich. Dies ist jetzt mein Zuhause, Taylor.«
»Was werden Sie tun, wenn Sie wieder nach Japan müssen?«
Sie setzte sich nachdenklich auf der Bank zurecht. »Das werde ich sehen, wenn es so weit ist, schätze ich.«
Sie saßen in der Sonne und genossen das Vergnügen der warmen Luft und der Gesellschaft des anderen. Nach einer Weile ging Taylor ins Studio, um sich einzurichten, und Mamah blieb im Garten zurück. Es war in Wisconsin die vollkommenste Jahreszeit – die zweite Maiwoche. Als sie und Frank im April nach Taliesin zurückgekehrt waren, war sie entzückt gewesen, die ersten, spargelähnlichen Knubbel der Pfingstrosen zu entdecken, die aus dem Bodensprossen, und den Fliederduft zu riechen, als die Blüten sich zum ersten Mal öffneten. Beinahe alle Obstbäume hatten überlebt und schlugen aus. Das Haus sah schöner aus denn je. Frank hatte Vasen, Wandschirme und prachtvolle Kimonos mitgebracht, die er kunstvoll in den verschiedenen Zimmern arrangierte. Der Ferne Osten verschmolz ohne den leisesten Protest mit dem amerikanischen Mittleren Westen. Mamahs und Franks gemeinsame Geschichte – das Präriehaus, Italien, Japan, sogar ein wenig Deutschland – schien jeden Quadratzentimeter von Taliesin zu durchdringen.
Einige der schwierigeren Aspekte dieses Ortes hatten sich nicht verändert. Mamah konnte nicht auf die Einfahrt hinausblicken, ohne an die Reporter zu denken, die versucht hatten, das Tor zu stürmen. Und Franks Mutter, die nach ihrer Rückkehr aus Japan ihr Zimmer aufgegeben hatte, schmollte jetzt in Jennies Haus, sobald Mamah auftauchte, und sprach kaum noch ein Wort mit ihr. Doch Mamah war ebenfalls zu Jennie zurückgekehrt, einer so gut gelaunten und freundlichen Freundin, wie sie sie sich nur wünschen konnte. Sie war
Weitere Kostenlose Bücher