Kein Blick zurueck
Übersetzungen von Ellens Büchern publizierte – sie hatten nie etwas daran verdient. Plus, sie zu ernähren. Mein Gott, er hatte so viele Menschen zu ernähren. Auch Tiere – Pferde und Kühe. Sie wollte nicht die Mäuler zählen, die er zu stopfen hatte.
Doch was gab es für ein Einkommen, das zu Buche schlug? Das Sommerhaus der Littles. Das Haus von Sherman Booth. Es bestand eine Chance auf eine Bank in Madison. Das war alles, mit Ausnahme der Holzschnitte. Frank hatte von den Spauldings eine Kommission erhalten, die er sich mit Shugio teilen musste. Die Dollarbeträge hatten sich ständig geändert, sobald Frank den Brüdern in Boston wegen mehr Geld telegrafierte, und sie war davon ausgegangen, dass sich mit der wachsenden Investition der Spauldings auch seine Kommission erhöht hatte. Was war am Ende dabei herausgekommen? Sie hatte gezögert, ihn danach zu fragen. Er machte so viele Geschäfte, von denen sie nichts wusste. In seinem Büro in Chicago fanden ständig Besprechungen statt, gingen Kontaktleute ein und aus. Sie hatte Geld in seine Taschen hinein- und wieder herausfließen sehen wie aus der Schublade eines Bankkassierers, ohne dass am Ende des Tages ein Buchungsergebnis dagestanden hätte. Einmal hatte sie in seinem Wintermantel neben Dollarscheinen sogar vier Monate alte zerknitterte Schecks gefunden.
Mamah warf einen Blick auf den Messingwecker neben ihrem Bett. Drei Uhr. Sie stand auf, warf einen Schal über ihr Nachthemd und ging in sein Studio. Frank benutzte einen langen Tisch mit einer tuchbespannten Platte als Schreibtisch. Darunter standen Kisten voll Korrespondenz und einigeOrdner, die mit den Namen von Kunden und anderer Leute beschriftet waren, mit denen er häufiger in Kontakt stand. Darwin Martin hatte eine eigene Kiste. Sie las einige von Martins Briefen. Die meisten davon waren Reaktionen auf Franks Bitten, ihm Geld zu leihen oder Holzschnitte abzukaufen oder die Holzschnitte als Nebenbürgschaft für einen Kredit zu akzeptieren. Mamah war verblüfft über Martins Nachgiebigkeit angesichts Franks wiederholter Bitten, aber auch über seinen herablassenden Ton und darüber, wie sehr er es als sein gutes Recht zu betrachten schien, Frank Ratschläge zu erteilen oder ihm wegen seines Privatlebens die Leviten zu lesen.
In den nächsten drei Stunden arbeitete sie sich durch diese Kisten und versuchte, sich einen Reim auf ihren Inhalt zu machen. Für einen Mann, der Ordnung anbetete, waren Franks Unterlagen ebenso chaotisch wie der Inhalt seiner Hosentaschen. In einer Kiste fand sie zwischen Schuldscheinen, deren Datum fünf Jahre zurücklag, geplatzte Schecks, Briefe von seinen Kindern und von Kunden und offiziell aussehende Kreditunterlagen. Und Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen. Eine weitere Kiste enthielt hauptsächlich Rechnungen für Holz und Baumaterialien. Sie ordnete sie in zwei Stapel – in solche, die restlos bezahlt, und solche, die teilweise oder gar nicht bezahlt waren. Sie schauderte, als sie die Rechnungen zuteilte und sah, wie der Stapel der unbezahlten wuchs. Einige davon reichten zurück bis zu dem Sommer, als sie das Land für Taliesin erschlossen hatten. Viele davon trugen handschriftliche Vermerke mit der Bitte um Zahlung.
Die erbostesten Briefe stammten aus den Orten in ihrer Nähe. Sie reichten am weitesten zurück. Spring Green, Richland Center. Es schien ein Muster zu geben. Die jüngsten Rechnungen stammten aus Mineral Point, aus Madison.Sie hatte den Verdacht, dass er seine Männer immer weiter weg schickte, um Holz zu kaufen, weil er die Lieferanten in den Nachbarorten nicht bezahlt hatte.
Das Ausmaß seiner Schulden verschlug ihr den Atem. Ihr kam in den Sinn, dass sie sich ebenso schuldig gemacht hatte wie er – sie wohnte in diesem außergewöhnlichen Haus, reiste ins Ausland, führte ein privilegiertes Leben, während ihre Gläubiger dafür bezahlen mussten – und dieser Gedanke bewirkte, dass sie sich im einen Moment am liebsten verstecken und im anderen etwas zerschlagen wollte.
Frank schaufelte eine Grube, aus der sie es niemals schaffen würden, wieder herauszuklettern. In ihren Augen das Schlimmste war die Tatsache, dass so viele der im Stich gelassenen Gläubiger zu seinen Freunden zählten. In einem Ordner, der mit SHUGIO beschriftet war, fand sie einen Brief des japanischen Führers aus jüngerer Zeit, in dem er mehr Geld verlangte und mit freundlichsten Worten darauf hinwies, dass er übers Ohr gehauen worden war.
Wenn Frank jetzt in
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