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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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damit angefangen.«
    »Wurdest du dafür bezahlt?«
    »Nein, noch nicht.«
    Mamah starrte aus dem Wagenfenster.
    »Ich weiß«, sagte er. »Es ist Wahnsinn.« Er schüttelte den Kopf. »Du kannst es dir nicht vorstellen. Ich halte mich zurück, und dann bricht dieses unterdrückte Verlangen in mir auf, etwas zu kaufen. Ich erwarte nicht, dass du das verstehst, doch alles hat denselben Ursprung – das Gute und das Schlechte. Dieser Impuls, Dinge in einem Raum zu arrangieren, mit Hilfe der richtigen Gegenstände und ihres Verhältnisses zueinander Harmonie zu schaffen. Wie soll ich mich ausdrücken? Das ist ein unersättliches – «
    »Elend«, sagte sie. »Es ist eine Krankheit, Frank. Du kannst nicht deine Begabung als Rechtfertigung dafür benutzen, andere Menschen zu hintergehen. Es gibt keine Harmonie, wenn du den Zimmermann betrügst, damit du einen Flügel haben kannst. Glaubst du, Genie stäche Verantwortung aus? Du bist dieser Sache nicht hilflos ausgeliefert.«
    Auf dem Rest der Fahrt sprachen sie kein Wort. Als sie am Bahnhof die Wagentür aufmachte, griff er nach ihrer Hand. »So etwas wird nie wieder passieren.«
    Sie stieg aus dem Wagen. »Es ist mehr als deine Verschwendungssucht. Es ist so vieles an dir. Und ich weiß nicht, ob es Dinge sind, die du ändern kannst.« Sie schlug die Tür zu und wandte sich ab.
    »Mamah«, rief er ihr nach, doch sie trat durch den Eingang in den Bahnhof und konnte ihn nicht mehr hören.
Kapitel 45
    Als Mamah in Chicago ankam, kaufte sie am Bahnhof zwei Schachteln mit Süßigkeiten, nahm ein Taxi in das pied-àterre in der Cedar Street, stellte ihre Tasche dort ab und stieg wieder in das wartende Taxi. »Ecke Wabash und Washington, bitte«, sagte sie.
    Sie ging zum Bahnsteig E1 und nahm den Zug nach Oak Park. Die westlichen Stadtviertel Chicagos zogen an ihr vorüber. So vieles hatte sich verändert, seit sie zum letzten Mal in diesem Zug gefahren war. Neue Wohnhäuser. Prächtige Gärten in der Umgebung des Garfield Park Conservatory. Als der Zug in den Vorort Oak Park einfuhr, sah sie, dass auch der sich verändert hatte. Die Ulmen und Eichen, die die Straßen säumten, waren noch genauso schön wie in ihrer Erinnerung, doch überall waren zwischen den alten Häusern neue Gebäude aus dem Boden geschossen. Sie blickte in Richtung der im Norden gelegenen Prärie, wo sie mit John jeden Frühling Erdbeeren gepflückt hatte und wo sie einmal im Mondschein mit Frank gelegen hatte. Die Landschaft war an vielen Stellen mit neuen Dächern durchsetzt. Mamah ging mit raschen Schritten in Richtung East Avenue und warf verstohlene Blicke auf die Passanten. Seit vier Jahren fürchtete sie diesen Moment, doch ihr begegnete nicht ein einziges vertrautes Gesicht. Früher hatte sie nicht die Straße überqueren können, ohne dass jemand ihr zuwinkte.
    Lizzies Schule hatte Sommerferien, und sie war möglicherweise nicht zu Hause. Mamah stand vor dem Haus. Alles sah noch genauso aus, wie sie es verlassen hatte, selbst der Garten. Sie blickte zu dem Fenster hinauf, an dem die Belknap-Mädchen gestanden und vermutlich sie und Frank beim Sex beobachtet hatten. Sie schauderte. Das Fenster warnoch immer vernagelt. Der Zimmermann hatte zwar ordentliche Arbeit geleistet, doch sie war nicht zu verhehlen. Sie sah schnell zu Boden, als fürchtete sie, Lucy Belknap könne im selben Moment auf sie herabglotzen.
    Mamah ging durch das Tor und über den Gartenweg zur Rückseite des Hauses. Sie klopfte an die Glastüren, doch Lizzie antwortete nicht. Sie konnte selbst sehen, dass Lizzie nicht in der Wohnung war. Im Innern sah noch alles so aus wie früher. Mamah ging zurück zur Seite des Hauses, nahm all ihren Mut zusammen und klopfte an die Fliegengittertür. Einen Augenblick später erschien eine hübsche Blondine.
    Elinor Millor, die neue Mrs. Cheney, wäre beinahe zurückgeprallt. »Mamah?«
    »Ja, ich bin es, Mamah.«
    »Kommen Sie herein.« Sie hielt die Tür auf.
    »Sie müssen Elinor sein.«
    »Ja, die bin ich.« Die Frau spielte mit den Fältchen an ihrem Kragen, einen verblüfften Ausdruck auf dem Gesicht.
    »Ich möchte Sie nicht stören. Ich bin nur gekommen, um Lizzie und die Kinder zu sehen, falls sie zu Hause sind. Ich weiß, ich hätte Sie anrufen müssen.«
    »Lizzie war vor einer halben Stunde noch hier. Sie wohnt unten.«
    »Ich weiß.«
    »Oh, natürlich wissen Sie das. Was denke ich bloß?« Die Frau strich sich ein paar feine Haarsträhnen aus der Stirn. »Die Kinder sind nicht

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