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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck
Autoren: Nancy Horan
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wir Anspruch auf einen Zustand erhoben, den es nicht gab. Unser Zusammenleben geschah aufrichtig und offen und wie wir es für richtig hielten, und wir haben versucht, anderen dabei zu helfen, ein Leben gemäß ihren Idealen zu führen.
    Keiner von uns beiden hat erwartet, dass er ein für alle Mal einen wichtigen Einfluss auf das Leben seiner Kinder würde aufgeben müssen – noch haben wir das getan. Unseren Kindern mangelte es an einer von einer idealen Liebe zwischen Vater und Mutter geprägten Familie – und an nichts anderem, das ihre Entwicklung gefördert hätte. Wie viele Kinder haben in einem konventionellen Zuhause mehr? Mamahs Kinder waren bei ihr, als sie starb. Sie waren jeden Sommer bei ihr. Sie hatte das Gefühl, mehr für ihre Kinder zu tun, indem sie als Mutter das Frausein hochhielt, anstatt es ihnen zuliebe zu opfern. Die Tragik ihres Lebens bestand darin, dass es notwendig wurde, zwischen beidem zu wählen… Doch Mamah hatte niemals die Absicht, ihr Leben Theorien oder Doktrinen zu widmen. Sie liebte Ellen Key, wie das jeder tut, der sie kennt. Nur wahre Liebe ist freie Liebe – keine andere Liebe ist oder kann jemals frei sein. Die »Freiheit«, in der wir zusammenkamen,war unendlich schwieriger, als jeder moralische Konformismus es je hätte sein können. Nur wenige werden diese Freiheit jemals wagen. Nicht die gelebten Leben sind es, die auf diesem Planeten das Wohlbefinden der Gesellschaft bedrohen. Nein, sie können nur dazu dienen, es zu adeln…
    Mamah und ich hatten unsere Kämpfe, unsere Differenzen, unsere Momente eifersüchtiger Angst um unsere wechselseitigen Ideale – sie fehlen in keiner engen menschlichen Beziehung –, doch sie dienten nur dazu, uns enger aneinanderzubinden. Wir waren mehr als glücklich, selbst wenn wir einmal einen Moment lang traurig waren…
    Ihre Seele ist auf mich übergegangen und wird nicht verlorengehen.
    Sie, die Ehefrauen, die mit amtlicher Bescheinigung lieben – beten Sie, dass Sie so sehr lieben dürfen oder so sehr geliebt werden wie Mamah Borthwick! Sie, die Mütter und Väter mit Töchtern – seien Sie es zufrieden, wenn das Leben, das Sie ihnen geschenkt haben, sich in solche Höhen aufschwingt, wie es im Leben dieser wunderbaren Frau der Fall war. Sie wurde von einer Tragödie niedergestreckt, die an einem seidenen Vernunftsfaden über unser aller Leben hängt, ein Faden, der jeden Tag mit ähnlich katastrophalen Folgen in jedem Heim reißen kann…
    Sie ist tot. Ich habe sie in der kleinen Gruft auf dem Friedhof meiner Familie beigesetzt… und auch wenn der Ort, wo sie mit mir gelebt hat, eine verkohlte, rußgeschwärzte Ruine ist und die kleinen Dinge unseres täglichen Lebens verschwunden sind, werde ich alles Zug um Zug so getreu wiederherstellen wie möglich. Ich werde diesen Ort wieder aufbauen für den Geist jener Sterblichen, die darin lebten und ihn liebten – und auch weiter darin leben werden. Dort wird mein Zuhause bleiben.
    Frank Lloyd Wright
    Taliesin
    20. August 1914
    Als er den Brief beendet hat, ist er erschöpft. Er gibt ihn einem der Handwerker, damit er ihn nach Spring Green mitnimmt, dann geht er wieder ins Bett.
    Wie sehr sehnt er sich danach, das Leben zu spüren, das sie miteinander hatten. Sie waren lebendig. Zusammen. Einen flüchtigen Augenblick lang sieht er genau das Grün ihrer Augen vor sich. Im Sommer trug sie immer hellblaue Kleider, und das Blau ließ ihre Augen aquamarin erscheinen. Er erinnert sich an einen Morgen vor ein paar Wochen. Er war aus dem Chaos in Midway Gardens nach Hause gekommen, um einen Tag lang Atem zu schöpfen. »Morgen sollten wir ausreiten«, sagte sie, als sie ihn sah, denn sie spürte, wie sehr er es brauchte, Abstand zu dem Mörtel und dem Beton und der Spannung auf der Baustelle zu gewinnen.
    Am Tag darauf ritten sie mit einer Picknicktasche, die wie immer an Champions Flanke festgeschnallt war, zu einem Streifen Prärie hinaus. Es war ein strahlender Sommermorgen, so schön, wie man ihn sich nur vorstellen konnte. Selbst die Pferde schienen von der Luft beflügelt. Sie ritten ein, zwei Meilen einen Pfad entlang, dann stapften sie durch senfgelbe Goldrute und dunkelrote Astern zu einer kleinen Lichtung. Mamah trug ihre alten Reithosen. Sie stieg vom Pferd und nahm ihre Picknicktasche.
    Frank führte die Pferde noch ein Stückchen weiter und band sie an eine Eiche. Eines der Pferde setzte einen kräftigen Strom Urin ab, und sie rief ihm zu: »Bist du das?« Sie neckte ihn
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