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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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»sagen wir, Edwin lässt mir die Kinder, unterstützt aber nur sie, nicht mich. Dann muss ich arbeiten gehen, denn das Geld von meiner Familie wäre in spätestens einem Jahr aufgebraucht, wenn es überhaupt so lange reichen würde. Und es macht mir nichts aus, nicht zu den Tees eingeladen zu werden, zu denen du hingehst. Was würde ich als Bibliothekarin schon verdienen? Zehn Dollar im Monat, bestenfalls? So viel gebe ich für einen Hut aus.«
    An dem Stand gesellten sie sich zu den Wartenden.
    »Erstens«, sagte Mattie, »würdest du mehr verdienen als das. Zweitens müsstest du nicht als Bibliothekarin arbeiten. Und drittens könntest du darüber nachdenken, dir billigere Hüte zu kaufen.« Mattie beugte sich zu Mamah. »Da ist noch etwas, das ich dir noch nicht erzählt habe«, flüsterte sie. »An der University of Colorado gibt es eine Frau, die die Abteilung für deutsche Sprache und Literatur leitet, Mary Rippon. Schon seit Jahren. Man sagt, sie will in den Ruhestand gehen.« Mattie stellte den Korb ab, den sie mitgebracht hatte. »Ich habe gezögert, es dir zu erzählen, aber wenn du wirklich hierherziehen willst, dann solltest du dich um diese Stelle bewerben. Wie durch ein Wunder ist jetzt der richtige Zeitpunkt, und niemand wäre besser qualifiziert als du. Alden und ich kennen den Universitätspräsidenten.« Ihre Worte überschlugen sich fast vor Aufregung. »Und du bist nicht geschieden,noch nicht. Du könntest sagen, dein Mann komme später nach, und nach einer Weile, wenn die Dinge mit Edwin sich nicht wieder einrenken lassen, nun, dann spielt es keine Rolle mehr. Bis dahin wärst du für sie unverzichtbar.« Unter der Markise des Obststands sahen die beiden Frauen einander an. Ein Gemurmel lag in der Luft, während die Menschen Melonen und Tomaten in die Hand nahmen und Klatsch austauschten. Hinter Mattie erstreckte sich Boulder den Hügel hinauf bis zu den Bergen und bot seine Möglichkeiten dar – all diese Geschäfte, Schulen und Menschen und die zerklüftete Geografie, die erkundet sein wollten.
    »Du solltest dich umgehend dort melden«, sagte Mattie, als sie zum Auto zurückgingen. »Das ist eine Chance, wie man sie im Leben nur einmal bekommt.«
    Sie fuhren wieder hügelaufwärts, und Mattie starrte tief in Gedanken versunken aus dem Seitenfenster, bis sie in ihre Einfahrt einbogen.
    »Eine Frau kann hier ihren eigenen Weg gehen«, sagte sie. »Aber es ist nicht leicht. In ganz Boulder gibt es Frauen, die das tagtäglich tun. Mary Rippons Stelle mag eine der besten sein, aber sie bedeutet immer noch harte Arbeit. Sie hatte kaum ein Privatleben.
    Und zum Mitschreiben: Alden arbeitet sich halb tot. Ich glaube nicht, dass Männer es hier leichter haben als Frauen. Alle arbeiten hart. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal eine Kreppblume gebastelt hätte.«
    »O Mattie! Du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe.« »Es ist nur… Manchmal, Mamah, denke ich, dass du seit deiner Hochzeit mit Edwin ein sehr privilegiertes Leben geführt hast.«
    Mamah sah betroffen auf ihre Schuhspitzen.
    Mattie tätschelte ihren Ellbogen. »Das Leben hier wird dir neue Perspektiven verschaffen.«
    In der folgenden Woche kaufte Mamah sich auf der Pearl Street ein Jackenkleid, etwas Passendes, falls es ihr gelänge, von der Universität zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Mattie hatte einen Brief geschrieben, und sie warteten auf Nachricht. Die Augusthitze war drückend, als sie mit dem eingepackten Kleid den Hügel zur Mapelton Street hinaufstieg, um es Mattie zu zeigen. Als sie dort ankam, händigte ihr das Kindermädchen jedoch einen per Adresse von Mrs. Alden Brown an sie adressierten Umschlag mit Franks aufgeprägtem Emblem aus, einem roten Quadrat. Mamah schlüpfte auf die Veranda, um ihn zu lesen.
    Mamah,
    In Anbetracht unseres letzten Gesprächs schreibe ich Dir nicht ohne Vorbehalte. Es wiegt schwer gegen mich, dass Du mir nicht geschrieben hast, und dennoch glaube ich, dass Deine Gefühle für mich noch nicht gestorben sind. Bei unserer letzten Begegnung blieb einiges unausgesprochen, und ich hoffe, diese Missverständnisse an dieser Stelle klären zu können.
    Ich war so sehr damit beschäftigt, mich hier zu lösen, dass es Dir so scheinen mag, als hätte ich Deine Situation und Deinen hohen intellektuellen und geistigen Stand nicht umfassend in Betracht gezogen. Tatsache ist, dass ich niemals daran dachte, dass Du mir nach Europa »folgen« solltest. Es liegt nicht

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